Brandenburgs AfD-Chef droht Ärger: Jetzt geht's um die Wurst
Brandenburgs AfD-Chef Andreas Kalbitz scheitert mit seiner Salamitaktik. Am Freitag spricht der Parteivorstand über seine Neonazi-Vergangenheit.
B illigsalami ist eklig. Das wissen wir nicht nur durch die Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen, sondern auch dank des Verhaltens von Brandenburgs AfD-Chef Andreas Kalbitz. Denn nichts anderes als eine äußerst billige Salamitaktik ist es, wie der sich aus seiner offenkundigen Mitgliedschaft in extrem rechten Vereinen herauszuwinden versucht – und dennoch keine Macht innerhalb der Partei verloren hat. Bisher.
Denn nun könnte es für Kalbitz um die Wurst gehen. Am Freitagnachmittag wollte der AfD-Parteivorstand über ein mögliches Rechtsgutachten über Kalbitz’ Neonazi-Vergangenheit und vielleicht gar dessen Rausschmiss sprechen. Zudem droht der Verfassungsschutz damit, die gesamte AfD Brandenburg als Verdachtsfall einzustufen.
Eine scheibchenweise Chronologie gefällig? Zunächst belegten laut Kalbitz Beweisfotos keine Mitgliedschaft bei der neonazistischen Organisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ): Er sei nur zu Gast bei diesem Zeltlager in der Tradition der Hitlerjugend gewesen. Die Bilder konnten bereits damals kaum über eine Mitgliedschaft hinwegtäuschen: Kalbitz spazierte 2007 in kurzen Lederhosen durch ein Camp, wo nicht nur die Frisuren der Teilnehmer auf Nazi-Ästhetik getrimmt waren. Später kam heraus, dass er bereits 1993 als Zwanzigjähriger bei Treffen des Vereins war. Ein ehemaliger Kamerad berichtete, dass Kalbitz eine Reichskriegsflagge sowie antisemitische und den Holocaust leugnende Bücher dabeigehabt haben soll.
Name auf der HDJ-Mitgliedsliste
Als dann kürzlich eine Mitgliedsliste der HDJ auftauchte, auf der Kalbitz’ Name aufgeführt war, äußerte er sich erst nicht und diese Woche dann erneut ausweichend: Es könne schon sein, dass sein Name auf einer „Interessenten- oder Kontaktliste“ auftauche. Auch das beweise aber noch keine Mitgliedschaft in der HDJ, versuchte sich der Salamitaktiker weiter durchzuwursteln.
Sein Vorgehen ist dabei ebenso ungenießbar wie durchschaubar: Kalbitz gibt stets nur das zu, was bereits eindeutig belegt ist. Er war mit anderen Neonazis bei rechtsextremen Treffen und Ausschreitungen in Belgien? Nun ja, er war zwar dort, aber an den Ausschreitungen habe er sich nicht beteiligt. Er hat mit anderen Neonazis mit der griechischen Patriotischen Allianz in Athen demonstriert, wo nachts eine Hakenkreuzflagge gehisst wurde und es einen Brandanschlag gab? Ja, er sei dort gewesen, aber, ähm … Sie ahnen es. Die Liste ließe sich fortsetzen: Mitgliedschaft in der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen, Kontakte zu Neonazis, Beiträge in einschlägigen Publikationen, Vorsitz im extrem rechten Verein Archiv der Zeit. Welche billigen Ausflüchte Kalbitz jeweils vorbrachte, sparen wir uns an dieser Stelle.
Vermutlich würde er sich auch dann noch rauswursteln, wenn er zur AfD-Vorstandssitzung am Freitag im HJ-Outfit von damals kommen würde, das sicherlich noch irgendwo neben der Reichskriegsflagge in seinem Eichenholzschrank hängt.
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