piwik no script img

Virtuelles Treffen in BerlinRecycling statt Visionen

Merkel wiederholt beim „Petersberger Klimadialog“ alte Positionen. UN-Generalsekretär Guterres fordert: Kein Steuergeld für Verschmutzer.

Angela Merkel bei ihrer Rede beim Petersberger Klimadialog, davor Svenja Schulze Foto: Nichale Kappeler/dpa

Berlin taz | In der Debatte darüber, wie ökologisch die Konjukturprogramme nach der Coronakrise sein sollen, hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu bekannt, dabei „immer auch den Klimaschutz ganz fest im Blick zu haben“. Es gehe ihr darum, „deutlich zu machen, dass wir nicht etwa am Klimaschutz sparen, sondern in zukuftsfähige Technologien investieren“, sagte Merkel.

Das war es dann aber auch schon mit politischen Ankündigungen zum Klimaschutz auf dem 11. „Petersberger Klimadialog“, zu dessen Abschluss Merkel am Dienstag sprach. In der Video-Übertragung aus dem Kanzleramt, die in den ersten Minuten ohne Ton auskommen musste, verzichtete die Kanzlerin auf größere Versprechen oder politische Ankündigungen, wie sie sie in der Vergangenheit bei dieser Gelegenheit gemacht hat.

Merkel bekräftigte, sie unterstütze die EU-Kommission darin, das EU-Klimaziel bis 2030 auf „50 bis 55 Prozent“ anzuheben, und lobte Brüssel für den „Green Deal“, mit dem die Kommission den Weg zur Klimaneutralität zeige.

Sonst aber hielt sich Merkel in dieser kniffligen EU-Frage bedeckt. Deutschland hat in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft inne. Dann wird Merkel über diese Themen mit den Mitgliedsstaaten verhandeln. Daher hält sich Berlin seit Langem mit möglicherweise provokanten Vorstößen auf diesem Gebiet zurück.

Merkel wiederholte nur die deutschen Ziele von 65 Prozent Erneuerbaren im Jahr 2030 und die Verdopplung der Klimafinanzierung. Mit Blick auf die wahrscheinliche Herkunft des Coronavirus aus der Tierwelt forderte sie einen „neuen Rahmen zum Schutz der Artenvielfalt“, der bei der nächsten UN-Konferenz zur Biodiversität in China beschlossen werden solle.

Eine „bittere Enttäuschung“ nannte Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace, Merkels Rede. Sie habe weder konkret etwas dazu gesagt, wie ein grünes Konjunkturprogramm in Deutschland umgesetzt werden, noch wie der „Green Deal“ in Europa konkret ausgestaltet werden könne.

Andere Verbände wie der Neutsche Naturschutzring oder Germanwatch hoben hervor, dass Merkel immerhin das EU-Ziel von 50 bis 55 Prozent Reduktion in 2030 unterstützt. Und die Zusage von grünen Konjunkturprogrammen sei ein „klares Signal für höhere Klimaziele“.

Konkreter war nach Merkel UN-Generalsekretär Antonio Guterres in seiner Videobotschaft. Er forderte vor allem von den G20-Ländern und besonders von den USA und China Einsatz für den Klimaschutz. Guterres mahnte alle Länder, neue Jobs in einer grünen Wirtschaft zu schaffen, „alte, verschmutzende Industrien nicht mit Staatsgeld zu retten“ und fossile Subventionen zu beenden.

Der UN-Chef forderte wie auch schon vorher, das Finanzsystem müsse klimagerecht umgebaut werden, Klima- und Artenschutz sollten in allen politischen und finanziellen Fragen berücksichtigt werden. Vor allem aber müssten die Länder international zusammenzuarbeiten, denn „wie das Coronavirus respektiert auch CO2 keine Grenzen“.

Der „Petersberger Klimadialog“ 2020 versammelte auf Einladung der Bundesregierung mehr als 30 MinisterInnen, die für Klimaschutz zuständig sind.

Großes Thema in diesem Jahr war die Befürchtung, dass die Coronapandemie und ihre Bewältigung die Klima­krise in den Hintergrund drängen könnte. In zahlreichen Videobotschaften beschworen MinisterInnen, aber auch Unternehmenschefs, Wissenschaftler und die Chefs von Umweltorganisationen die Gemeinschaft, das Thema weiter ernst zu nehmen.

Der Vizechef der EU-Kommission, Frans Timmermans etwa erklärte, der „Green Deal bleibt unser Model für Wachstum und Klimaneutralität. Unsere Entschlossenheit dazu ist durch Covid-19 nur noch stärker geworden.“

Die Veranstaltung wurde wegen der Coronakrise zum ersten Mal vollständig als Telekonferenz abgehalten. Die anderen Klimakonferenzen in diesem Jahr unter dem Dach der UNO sind wegen der Pandemie vertagt oder gestrichen worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Es ist ganz einfach...



    hätten wir 2000 umgesteuert müssten wir unsere Emissionen nur mit 1,5-2% jährlich drosseln.



    hätten wir 2019 angefangen wären es machbare aber schmerzhafte 5% jährlich gewesen.



    Langsam nähern wir uns den 6% und mit jedem Monat den die Politik verstreichen lässt wird die Zahl größer. Die Taktik ist einfach: irgendwann stellt man fest: das ist ja gar nicht machbar, also lassen wir es ganz.