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Soforthilfe für Solo-SelbstständigeMeister Eder und Corona

Leonhard F. Seidl
Gastkommentar von Leonhard F. Seidl

Viele Autor*innen sind durch Corona von Armut bedroht. Gerade jetzt, wo nur noch Reisen in die Fantasie möglich sind, ist Solidarität gefragt.

Liebloser Umgang mit Büchern auf einem Flohmarkt Foto: Chromorange/imago

T eile von uns stehen in Ihrem Wohnzimmer, in Ihrem Bücherregal, das von Bildung zeugt, vom „Guten, Wahren und Schönen“. Wir Schriftsteller*innen haben es mit unseren Ideen gefüllt. Obwohl Bücher viele Menschen von Kindesbeinen an begleiten, wissen die meisten erstaunlich wenig darüber, wie wir leben. Schillers verfaulter Apfel im Schreibtisch ist manchen vielleicht ein Begriff:

Ein Genie, das von der Muse abgebusselt Weltliteratur hervorbrachte und ähnlich wie auch der arme Poet von Carl Spitzweg das Bild des Schriftstellers in der Öffentlichkeit prägte: Arbeit? Fehlanzeige, denn schreiben bereitet Freude. Komfort? Wir ernähren uns von Luft und Tinte, hausen in unserer „Ideenwelt“. Doch vom Schreiben leben zu können, bedeutet eine enorme Plackerei, immer mit einem Fuß im Dispo. In Zeiten von Corona bleibt für viele nur Hartz IV.

Ein Massaker an Büchern

Wer überhaupt noch Rücklagen hat, müsste sie aufbrauchen, um auf Soforthilfe zurückgreifen zu dürfen, oder Engpässe bei Betriebsausgaben vorweisen. Dies könnte man, wenn man in der Liga von Stephen King mittippt, durch Ausgaben für Angestellte. Die meisten von uns sind schon glücklich, überhaupt vom Schreiben leben zu können.

Leonhard F. Seidl

ist Vorsitzender des Verbandes der Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Mittelfranken. Sein letzter Krimi, „Fronten“, erschien 2017 im Verlag Edition Nautilus.

Mit den Ideen, die wir aus unseren hervortretenden Rippen schwitzen, erschaffen wir symbolische Produkte, eine ganze Industrie, von der wir immer schwerer existieren können. So geht es im Übrigen auch vielen anderen Soloselbstständigen. Mal ehrlich: Was wäre Ihr Leben ohne Pumuckl oder das abendliche Betthupferl des Bayerischen Rundfunks? Ohne den Krimi, der Sie wohlig frösteln lässt auf der Suche nach dem Mörder?

Der bayerische Umgang mit Schrift­steller*innen in der Corona­krise kommt einem Massaker an Büchern gleich. Bedroht die Existenz derer, die uns mit lustvollen Reisen in andere Lebenswelten beschenken. Gerade jetzt eine der wenigen Möglichkeiten für eine Expedition. Also seien Sie solidarisch mit Meister Eder, damit er nicht an Corona stirbt.

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4 Kommentare

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  • solidarität ist n hohler begriff im zusammenhang mit corona und dem mainstream.

    solidarisch könnten sich jetz alle mit nem höheren einkommen zeigen als die untere mittelschicht. vom banker über politiker etc. auf teile des gehalts verzichten und meinetwegen spenden

    anfangen könnte herr steinmeier statt nonesense ansprachen rauszukeulen ..

    oh es gäbe viele möglichkeiten durch solidarität die kommende "verarmungswelle aufzufangen

    grossunternehmen mit jährlichem gewinn könnten sich ebenfalls vielfach solidarisch zeigen und mal auf gewinn verzichten statt hilfsgelder zu verbrennen - gezielte aktionen würden dem image gut tun und marketingtechnisch relevant sein

    tja .. aber de facto werden viele menschen in den genuss von harz 4 kommen. willkommen im sumpf. vlcht werden ja dadurch die vorurteile und diskriminierungen ggbn bedürftigen nachlassen

    • @wompastomp:

      Ein Kommentar zu einem wichtigen Thema. Leider wird er durch mehr schlechte Vergleiche und Phrasen zerdroßen als in einem Franz Josef Wagner Kommentar. Schade eigentlich.



      Weniger "schöne" Form, mehr "wichtiger" Inhalt wäre mir persönlich lieber gewesen.

      • @derSchreiber:

        Der lange Kommentar ist nicht als Antwort auf WOMPASTOMP gemeint, sodern bezieht sich auf den Artikel. Sry fürs falsch absenden

    • @wompastomp:

      1. Liga Fußballer und Formel 1 Piloten haben Sie vergessen.