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Temporäre RadinfrastrukturKritische RadlerInnen

Die neuen temporären Radspuren ernten bei manchen AktivistInnen in den sozialen Medien Kritik. Andere wollen mehr davon und rufen zum Protest auf.

Oft breiter als gedacht: RadlerInnen (Symbolbild) Foto: dpa

Bei der Anlage temporärer Radwege in Friedrichshain-Kreuzberg geht es weiter flott voran. Am Mittwoch wurde die bislang dritte „pandemieresiliente“ Radspur auf der Petersburger Straße in Friedrichshain auf den Asphalt gebracht. Derweil scheint es in den übrigen Bezirken zu haken. Eine Pankower Initiative will nun mit einer regelmäßigen Aktion im Stile der „Critical Mass“ die sofortige Umgestaltung eines Teils der Schönhauser Allee einfordern.

Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) verbreitete am Mittwochvormittag per Twitter die neueste Errungenschaft in Sachen Pop-up-Bikelanes: „Heute wird auf Peterburger Straße temporärer Radweg markiert. Gerade auch in #COVID19de Zeiten hilft er Abstand zu halten. Geplante dauerhafte Radwege werden so heute schon realisiert.“ Es sei das Ergebnis einer guten Zusammenarbeit zwischen dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und ihrer Verwaltung, so Günther.

In den Kommentaren zu ihrem Tweet mischte sich Begeisterung mit Kritik: „Mögen diese Provisorien auf immer und ewig halten“, hofft ein Nutzer. Ein anderer mäkelt, die Parkplätze, die sich nun rechts der neuen Radspur befänden, erzeugten lebensgefährliche Situationen: „Jeder Parksuch-, Ein- oder Ausparkvorgang quert und blockiert die Radspur“, RadlerInnen würden dadurch auf die verengte Kfz-Spur gedrängt. Er fordert, die Parkplätze umgehend zu beseitigen und „mit Beton“ zu blockieren.

Der Leiter des Friedrichshain-Kreuzberger Straßen- und Grünflächenamts, Felix Weisbrich, von dem die Initiative zur Anlage temporärer Radwege in Coronazeiten ausging, hatte der taz Ende vergangener Woche gesagt, er hoffe auf eine Umsetzung von drei neuen Radspuren noch vor Ostern. Das hat sich bewahrheitet: Die beiden ausstehenden Strecken – die Lichtenberger Straße in Friedrichshain und die Gitschiner Straße entlang der Kreuzberger Hochbahn – sollen laut Senatsverkehrsverwaltung am Donnerstag eingerichtet werden.

In einer Mitteilung der Verwaltung hieß es, es würden derzeit mit weiteren Bezirken Gespräche über potenzielle temporäre Radwege geführt – vor allem dort, wo bereits neue dauerhafte Radwege geplant sind. Nach taz-Informationen betrifft das in erster Linie Tempelhof-Schöneberg und Pankow.

Dort – in Pankow – sind Rad-AktivistInnen allerdings ziemlich unglücklich: Ein wichtiger Straßenabschnitt fehlt nach ihren Informationen auf der Wunschliste des Bezirks. Es handelt sich um die Schönhauser Allee zwischen Eberswalder Straße und Wichertstraße, wo RadlerInnen zum Teil im Slalom über benutzungspflichtige schmale Radwege auf dem Gehweg sowie über die Fahrbahn geführt werden.

Sie rufen nun zu einer „Critical Mass Pankow“ an Dienstagen und Donnerstagen jeweils ab 17 Uhr auf, um das anzuprangern. RadfahrerInnen sollen zu diesen Zeiten verstärkt auf der Strecke unterwegs sein, ohne dabei die geltenden Abstandsregeln oder das Demonstrationsverbot zu verletzen. Laut Tim Ullrich, der die Idee zu der Aktion hatte, nehme man gerade auch zu der berlinweiten „Critical Mass“ Kontakt auf.

Das Problem, so Ullrich: An der Schönhauser sei zwar eine „Protected Bike Lane“ geplant, coronabedingt dürfte deren Umsetzung sich aber bis ins kommende Jahr verzögern. Eine provisorische Radspur anstelle des Parkstreifens sei jetzt wichtig, sagte Ullrich der taz: „Das entlastet auch die Fußgänger, denn gerade auf Höhe der Schönhauser Allee Arcaden staut es sich ganz schnell.“

Sollte der Parkstreifen nicht so schnell geräumt werden können, müsse man darüber nachdenken, diesen beizubehalten und stattdessen die rechte Fahrspur für RadfahrerInnen zu reservieren. Was dann allerdings wieder einiges Wutschnauben auf Twitter zur Folge haben dürfte.

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2 Kommentare

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  • Alle Verkehrsplaner*Innen zunächst zehn mal kreuz und quer durch Berlin pedelieren - dann bekommen sie eine Ahnung davon um was es geht ....

    • @Rufus:

      Die Verkehrsplaner_innen wissen schon, um was es geht.

      Die Frage ist gerade nur, wie der Kuchen (neu) verteilt wird.

      Und das ist eine politische Entscheidung. Also wie gut sich die Lobbygruppen durchsetzen können.