Fußballfans im Fokus: Mit aller Schärfe gegen jede Kritik
Ein Stadionverbot für einen Bayernfan wegen eines harmlosen Transparents wirft Fragen auf. Hat die große Säuberung der Kurven begonnen?
E s ist die Zeit der Stadionverbote. Was im Regelbetrieb der Bundesliga nur die Fans zu spüren bekommen, die bei etwas ertappt worden sind, was nicht erlaubt ist, betrifft nun alle. Keiner darf mehr ins Stadion. Das ist ja auch nicht besonders schlimm, wenn dort eh nicht Fußball gespielt wird.
Gut möglich, dass es früher oder später Spiele gibt, deren Besuch für alle verboten wird. Das wäre schon eher schlimm. Und wenn dann endlich wieder vor Publikum gespielt wird, müssen diejenigen, denen ein Stadionverbot nicht als lebenserhaltende Maßnahme, sondern als Strafe auferlegt worden ist, weiter draußen bleiben.
Einer von diesen hat nun auf seinen Fall aufmerksam gemacht. Es ist ein Fan des FC Bayern München und gehört einer Ultra-Gruppierung namens „Munich’s Red Pride“ an. Die ist bekannt für ihr Engagement gegen die Zusammenarbeit des FC Bayern mit dem Sklavenhalterstaat Katar. Auf Transparenten haben die stolzen Roten gegen die Bayern-Katar-Connection protestiert und auch Infoveranstaltungen zum Thema Arbeitsbediungungen in dem Emirat veranstaltet.
Auch sonst äußert sich die Fanvereinigung im Stadion zu politischen Vorgängen. In der Woche, nachdem der FDP-Politiker Thomas Kemmerich sich mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten von Thüringen hat wählen lassen, zeigten sie das Spruchband. „Die Problem-Bärin zum Abschuss freigeben. Schleich di aus unserm Verein!“ Weil sie diesem Kemmerich via Twitter zur Wahl gratuliert hatte, soll sich also Dorothee Bär schleichen, die Staatsministerin für Digitales, die für die CSU im Bundestag sitzt, dort einen Bayern-Fanclub gegründet hat und wahrscheinlich deshalb in den Verwaltungsrat ihres Herzensklubs berufen worden ist.
Montagsspiele sind der neue H***sohn
Natürlich geht es Münchens rotem Stolz auch um klassische Fananliegen. Ein solches haben die Ultras am Montag, den 17. Februar beim Drittligaspiel der zweiten Mannschaft des FC Bayern gegen den Halleschen FC geäußert, indem sie ein Transparent im Stadion angebracht haben, auf dem stand: „Bayern Amateure gegen Montagsspiele“.
Das muss für den FC Bayern das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Einem Fan aus der Gruppierung wurde nun mitgeteilt, dass er deswegen Hausverbot für die Arena am Müllberg, das Gelände an der Säbener Straße, den Campus und das Stadion an der Grünwalder Straße hat.
Nun steht die Frage im Raum, ob dies ein Schritt in die Richtung ist, die Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge vorgegeben hat, nachdem Fans den Hoffenheimer Klubeigner Dietmar Hopp als „Hurensohn“ beleidigt hatten, weswegen um ein Haar Spiele abgebrochen worden wären. Rummenigge hatte nach dem Spiel der Bayern bei der TSG Hoffenheim gedroht, „mit aller Schärfe“ gegen kritische Fans vorgehen zu wollen. Dass Stadionverbot bekommt, wer Montagsspiele kritisiert, wird kaum einer glauben.
Die Reinigung der Kurven hat begonnen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wissings Verkehrsprognose 2040
Auto bleibt wichtigstes Verkehrsmittel
+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++
Libanon-Konferenz sagt eine Milliarde Dollar zu
Urteil im Diesel-Skandal
Erstmals ist hierzulande die Natur im Recht
Cem Özdemir will nach Baden-Württemberg
’S kann losgange
Bauhauskritik der AfD
Widersprüchlich und gerade deshalb modern
Lecks in der Gas-Infrastruktur
Jede Menge unkontrolliert entweichendes Methan