piwik no script img

Machtkampf im KongoDer Tod des Generals Kahimbi

Der Militärgeheimdienstchef der Demokratischen Republik Kongo stirbt unter seltsamen Umständen. Er war einer der mächtigsten Generäle der Kabila-Ära.

Kannte alle Kabilas Geheimnisse: General Delphin Kahimbi Foto: actualite.cd

Kampala taz | Es war gegen zehn Uhr am Freitagvormittag, als seine Ehefrau die Leiche fand. General Delphin Kahimbi lag tot in seinem Haus in Kinshasa, Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. Der 50-jährige Armeegeneral mit zwei goldenen Sternen auf der Schulterklappe war bis Donnerstag, am Tag vor seinem Tod, Vize-Generalstaabschef von Kongos Streitkräften sowie Direktor des gefürchteten Militärgeheimdienstes, also einer der mächtigsten Männer des Bürgerkriegslandes, in welchem das Militär oft mehr Macht hat als die Politik.

Kahimbi war ein enger Vertrauter des ehemaligen Präsidenten Joseph Kabila, der Kongo von 2001 bis 2019 regierte. Vor seiner Ernennung zum Militärgeheimdienstchef 2014 war er seit 2006 im Ostkongo stationiert gewesen, um Rebellen zu bekämpfen. Für viele galt er dadurch als Held und Patriot, aber seine Bilanz ist durchmischt und Regimegegner halten ihn für einen der schlimmsten Folterer und Verbrecher des Landes.

Seit 2016 steht Kahimbi wegen Menschenrechtsverletzungen auf den Sanktionslisten der EU und USA, seitdem durfte er nicht mehr nach Europa reisen. Zuvor flog er regelmäßig zu ausladenden Wochenenden nach Paris, die er auf Facebook mit Fotos dokumentierte.

„Er war wie ein kleiner Gott, all fürchteten sich vor ihm“, sagte einer seiner Mitarbeiter der taz am Telefon aus Kinshasa, kurz nachdem die Nachricht von seinem Tod durchsickerte. „Es gibt viele, die ihn umbringen wollten, wenn er einmal keine Waffen mehr trägt und keine Leibwächter mehr hat.“

Waffen und Leibwächter hatte er nicht mehr, als er am Freitag tot aufgefunden wurde. Die wurden ihm am Abend zuvor abgenommen, nachdem er am Donnerstag nach intensiver Befragung durch Kongos Nationalen Sicherheitsrat von seinen Ämtern suspendiert worden war. Die Immigrationsbehörde zog seinen Pass ein, denn er soll eine Reise nach Südafrika geplant haben, um Überwachungstechnologie einzukaufen. Er kam unter Hausarrest.

Tshisekedi gegen Kabilas Generäle

Warum – das ist noch unklar. Offenbar hatte Kongos neuer Präsident Félix Tshisekedi eine Untersuchung gegen Kahimbi einleiten lassen. Der habe Geld hinterzogen, Waffen gehortet und die neue Regierung Tshisekedi abgehört.

Anders als sein Vorgänger Kabila hat Tshisekedi keine Militärvergangenheit, und Generäle wie Kahimbi, die unter Kabila aufgestiegen waren, gelten nach wie vor als dessen mächtigste Figuren im politischen und militärischen Schachspiel des Landes.

Dass Tshisekedi diesen hohen Generälen den Kampf angesagt hat, wurde bereits Anfang Februar deutlich, als Kongos mächtiger Ex-Geheimdienstchef Kalev Mutond am Flughafen von Kinshasa kurzfristig festgenommen wurde. Angeblich ging es darum, dass er seinen Diplomatenpass trotz seiner Entlassung durch Tshisekedi direkt nach dessen Amtsantritt weiterhin genutzt hatte.

Bereits da wurde klar, dass Kongos neuer ziviler Präsident nun beginnt, mit dem alten Kabila-Regime abzurechnen. Doch innerhalb der Sicherheitsorgane hat Tshisekedi mächtige Gegner. Nun scheint der Machtkampf im vollen Gange.

Enge Vertraute sprechen von Selbstmord

Die USA üben offenbar Druck auf Tshisekedi aus, die unter Sanktionen stehenden Generäle loszuwerden. Mike Hammer, US-Botschafter in Kinshasa, twitterte am Donnerstag nach der Suspendierung des Generals: „Wir haben immer wieder gesagt, dass diejenigen, die korrupt sind, Menschenrechtsverletzungen begehen oder den demokratischen Prozess unterminieren, zur Verantwortung gebracht werden müssen.“ Kahimbi selbst nannte dies kurz vor seinem Tod eine „ferngesteuerte Verfolgung durch westliche Mächte“.

Ehefrau Brenda Kahimbi vermutet nun gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters einen Herzinfarkt, enge Vertraute des Generals sprechen von Selbstmord. Regimegegner spekulieren, Kahimbi sei umgebracht worden, als er am Abend vor seinem Tod die Waffen an seine Vorgesetzten übergeben musste.

Die Armeeführung kam noch am Freitagnachmittag zusammen. In einem Videostatement versicherte am Samstag Don de Dieu Kilumba, Mitglied des Generalstabs: „Es wurden alle Schritte eingeleitet, die Umstände dieses traurigen Verlustes aufzuklären.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!