Die Berlinale 2020: Mehr Sterne am Potsdamer Platz
Auch unter neuer Leitung bleibt sich die Berlinale im wesentlichen doch gleich. Nur weniger Witze werden schon gemacht.
D ie einen werden sich freuen: Der neue Trailer ist der alte Trailer. Weiterhin bekommen alle Filme auf der Berlinale vorab den vertrauten Sternenregen mit dem altbekannten Groove in getragenem Tempo darunter verpasst. Ein paar mehr Sterne als früher sprühen aus dieser Bären-Supernova neuerdings heraus, ist schließlich ein Jubiläum, und damit das keiner übersieht, taucht aus dem Sternenstaub am Ende noch eine leinwandfüllende 70 auf.
Auch die neue Berlinale, die an diesem Sonntag wieder mit dem Publikumstag zu Ende geht, ist ein bisschen die alte. Was vielleicht nicht so sehr verwundert, eine neue Leitung krempelt ja nicht unbedingt zum Amtsantritt eine Großveranstaltung mit plus/minus 400 Filmen – in diesem Jahr bei 342 Filmen eher minus – einfach mal so komplett um. Will sagen: Das Kulinarische Kino, das jetzt weg ist, vermisst dem allgemeinen Dafürhalten nach keiner groß, das Hinzukommen der Sektion Encounters hingegen darf man begrüßen. Unter dieser Überschrift versammeln sich, soweit man sie neben dem Wettbewerb verfolgen konnte, sehenswerte Filme, der konsequente Tierfilm „Gunda“ ist nur einer davon. Ansonsten bleibt das Programm mit seinen bewährten Sektionen weitgehend wie gehabt.
Was definitiv weniger geworden ist, sind die Witze. Lustig war die Eröffnung der Berlinale in diesem Jahr denn auch eher nicht. Das lag vor allem an den Nachrichten des Tages, die Meldungen vom rechten Terroranschlag in Hanau hatten Entsetzen und Trauer hervorgerufen. Und die Kulturstaatsministerin Monika Grütters sagte den Satz: „Niemals darf es eine Zusammenarbeit mit diesen rassistischen und nationalistischen Kräften geben.“ Als sich das Publikum darauf, dem Vorbild der Schauspielerin Nina Petri folgend, spontan erhob, war dies einer der bewegendsten Momente der Berlinale.
Dass es weniger Witze gab, lag aber auch an der neuen Leitung aus Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, die ihre Rolle, anders als ihr direkter Vorgänger Dieter Kosslick, nicht als Entertainer sehen. Und es lag am neuen Moderator Samuel Finzi, der Anke Engelke nicht in jeder Hinsicht zu ersetzen vermochte. Ein bisschen weniger „Glamour“ an dieser Stelle, muss man sagen.
Die Freude über die Filme jedoch, sie bleibt. Sie könnte sogar noch mehr werden. Langfristig gesehen.
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