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Thesen zur Transformation

Wir haben Sie gefragt, liebe taz-Leser*innen: Wer sind Sie, was ist Ihnen wichtig und wie stehen Sie unserem Zukunftsprozess gegenüber? Was wir jetzt wissen: Sieben Lehren aus der Leser*innen-Befragung der taz

Zwei ältere taz Leserinnen der ersten Stunde Foto: unbekannt

VonKatrin Gottschalk

Wir haben Sie im letzten Jahr gefragt, 12.824 Le­se­r*in­nen haben geantwortet. Seit 1993 wirft Bernd Blö­baum, Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster, einen genauen Blick auf unsere Leser*innen. Eine so breit angelegte Studie mit den Abon­nen­t*in­nen der gedruckten und digitalen Produkte der taz haben er und seine Studierenden bisher noch nicht aufgesetzt.

Wir sind an einem wichtigen Zeitpunkt in der taz-Geschichte und müssen davon ausgehen, dass wir in naher Zukunft den Druck und Vertrieb der täglich gedruckten Zeitung nicht mehr aufrechterhalten können. Das ist das Szenario für 2022, das der ehemalige taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch im Sommer 2018 skizzierte.

Um die wirtschaftliche Stabilität der taz auch in Zukunft zu sichern, sind wir in einen Entwicklungsprozess gestartet. Seit März 2019 arbeiten vier Pro­dukt­entwickler*innen an den Zukunftsbereichen der taz: der gedruckten taz am Wochenende, der taz im Netz, der tageszeitungs-App und der Community. Dieses Jahr ist noch ein Kollege für die Entwicklung der Arbeitsstrukturen hinzugekommen.

Wir wollten von der Studie wissen: Wer liest uns? Was ist unseren Leser*innen wichtig? Und wie stehen sie unserem Zukunftsprozess gegenüber? Hier sind einige Erkenntnisse.

1. Die taz ist mehr

als eine Zeitung.

Unter den Leser*innen unserer Produkte schätzt eine Mehrheit die taz als politisches Projekt, 64 Prozent unterstützen uns aus Solidarität. Häufige Begriffe, mit denen Leser*innen die taz beschreiben, sind: links, kritisch und unabhängig.

2. Das Zuhause ist mobil.

Unsere Leser*innen nehmen sich für die taz Zeit: Die Le­se­r*in­nen der taz am Wochenende verbringen durchschnittlich mehr als 100 Minuten mit ihrer Zeitung. Die täglichen Print-­Le­se­r*in­nen mehr als 60 Minuten. Damit sind sie heavy user: Deutsche Zeitungsleser*innen verbringen insgesamt laut einer Umfrage von 2015 im Schnitt 44 Minuten mit der Wochenendausgabe ihrer Zeitung.

Leser*innen der gedruckten Ausgaben machen es sich mit ihrer Zeitung am liebsten zu Hause gemütlich – und die digitalen Leser*innen ebenfalls. 79,3 Prozent lesen die taz im Netz am ehesten zu Hause.

Wir können aber sehen, dass mittlerweile 60 Prozent unserer Le­se­r*in­nen online über die Mobilversion der Webseite kommt. Mobil heißt also nicht unbedingt „unterwegs“ mal schnell am Bahnsteig.

3. Die taz steht für Einordnung und Hintergründe.

89 Prozent der Leser*innen auf taz.de wollen Hintergrundtexte lesen, 83,9 Prozent interessiert, wie die taz die Themen des Tages einordnet, und 79,4 Prozent wollen wissen, was auf der Welt gerade los ist. Der Wunsch nach Hintergrund, Einordnung und der taz-Perspektive zieht sich durch alle Produkte.

In der Wochenendausgabe wird etwa die Rubrik „5 Dinge, die wir diese Woche gelernt haben“ sehr geschätzt, und auch von den taz.de-Leser*innen wünschen sich 50,1 Prozent der Befragten mehr Wochenrück­blicke, und 47,5 Prozent sogar einen wöchentlichen Newsletter mit längeren Lesestücken aus der taz-Woche: Reportagen, ­Recherchen, Debattentexte. In der App sind vor allem Themendossiers stark gewünscht, also eine Bündelung von taz-Expertise.

4. Wir brauchen mehr Le­se­

r*in­nen. Die Betonung liegt

auf ­*innen.

Wir haben einen Digital Gender Gap. Das heißt, dass wir gerade bei unseren Leser*innen der digitalen Produkte einen besonders hohen Männeranteil haben – rund 70 Prozent. Am ausgeglichensten ist die Geschlechterverteilung unter den Le­se­r*in­nen der taz am Wochenende: 52 Prozent Frauen, 48 Prozent Männer.

5. Diese jungen Leute

wollen Inhalt.

Das Durchschnittsalter unserer Leser*innen bewegt sich zwischen 59 Jahren (täglich gedruckte Ausgabe) und 46 Jahren (taz im Netz). Die Leser*innen, die wir haben, sind insgesamt sehr zufrieden mit unseren Produkten und bewerten sie positiv. Doch wie können wir jüngere Le­se­r*in­nen für die taz begeistern? Es gibt Themen, die jüngere Leser*innen stärker ansprechen: Menschen unter 40 interessieren sich deutlich mehr für Körper und Sexualität, Feminismus, LGBT + Rechte, Partnerschaft, Bildung, Schule und Hochschule.

6. Kommentare sind

eine Nische.

Unsere Leser*innen wollen Kontakt zu den Redakteur*innen (28 Prozent von Print), aber nicht unbedingt zu anderen Le­se­r*in­nen. Auf taz.de interessieren sich zwar 26,4 Prozent der Befragten für die Artikelübersicht „Meist kommentiert“ – aber nur 17,8 Prozent der „taz zahl ich“-Unterstützer*innen, denen unserer Journalismus im Netz auch etwas wert ist.

Auf die Frage, was ihnen bei einem Onlineportal für Nut­ze­r*in­nen der taz wichtig wäre, antwortete die große Mehrheit: Die Verwaltung eigener Daten ist ihnen wichtig bis sehr wichtig (61,1 Prozent). Gleich an zweiter Stelle liegen Informationen zu taz-Veranstaltungen und auf Platz drei mit 44,4 Prozent bessere Möglichkeiten, um mit Auto­r*in­nen Kontakt aufzunehmen. Austausch mit anderen Nut­ze­r*in­nen wünschen sich hingegen nur 19,2 Prozent.

7. Lineares Lesen lebt.

Im ständigen Nachrichtenstrom schwimmen – das ist nicht für alle attraktiv. 73,4 Prozent der Print-­Le­ser*in­nen wünschen sich ein täglich abgeschlossenes Produkt, auch im Digitalen. Warum überhaupt digital lesen? Die meisten Abonnent*innen des Kombi-Abos finden die App attraktiv aus Umweltgründen (weniger Papier, weniger Transport). 37,5 Prozent der Print­-Le­se­r*in­nen lesen digital, weil man die taz so auch im Ausland lesen kann.

Machen wir also alles richtig? Einerseits: Ja. Andererseits: Die Umfrage zeigt auch, dass wir deutlich Leser*innen verlieren werden, wenn wir keine tägliche Zeitung mehr drucken und ausliefern können. Auf den Weg ins Digitale kommen nicht alle mit, damit müssen wir rechnen. 40,1 Prozent der befragten Print-­Le­se­r*in­nen sagen, es sei sehr wahrscheinlich oder wahrscheinlich, dass sie dann zu einer anderen gedruckten Zeitung wechseln würden. Wer aber schon jetzt zu seinem Print-Abo ein ePaper-Abo hat, steht der digitalen Transformation offener gegenüber. Wir sind also auf einem Weg. Und je mehr Le­se­r*in­nen schon einmal testen, wie sie in Zukunft verlässlich die taz lesen können, desto besser.

Mehr zu den Ergebnissen der

Befragung: taz.de/befragung

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