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Symbolische Politik im StraßenverkehrDas Sexualverhalten der Ampelwesen

Erstmal nur zur Probe soll es in Hannover Ampelfigürchen geben, die ein lesbisches oder schwules Paar zeigen. Die CDU hätte lieber Nanas gehabt.

Gleichgeschlechtliche Ampelpärchen: In Hamburg gibt es sie bereits Foto: dpa

Hannover taz | Zumindest die Leserbrief-Ecken in der Hannoverschen Lokalpresse hat das Thema homosexuelle Ampelmenschen schnell gefüllt. Vor allem mit Beiträgen unter dem Motto: „Gibt es eigentlich nichts Wichtigeres?“ Schon im vergangenen Herbst hatten die Ratsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Grüne und FDP beantragt, homosexuelle Ampelpärchen an einigen zentralen und stark frequentierten Fußgängerampeln im Stadtzentrum Hannovers einzusetzen.

Das gibt es in anderen Städten schließlich auch. In Hamburg und Flensburg und Frankfurt am Main zum Beispiel. Ursprünglich stammt die Idee aus Wien. Man wolle damit ein Zeichen setzen, gegen Homophobie und für Offenheit­ und Vielfalt, hieß es in dem Antrag der Ratsfraktionen.

Die CDU stellte prompt einen Gegenantrag, der dem ersten aufs Haar glich, mit nur einem Unterschied: Man solle die sogenannten Streuscheiben, so heißen die schablonenartigen Dinger im Amtsdeutsch, doch mit Nanas ausstatten.

Mit diesen knubbeligen, runden Frauenfiguren der französischen Künstlerin Niki de Saint Phalle, die immerhin als hannoversche Wahrzeichen gehandelt werden, könnte man dann doch schön die Bewerbung Hannovers als Kulturhauptstadt Europas unterstützen, schrieb die CDU in ihrem Antrag. So etwas Ähnliches gebe es in anderen Städten schließlich auch schon. In Augsburg, Duisburg und Worms, zum Beispiel.

Für die Ausnahmegenehmigung braucht es einen historischen Hintergrund oder konkreten Anlass. So hat Emden seine Otto-Ampel genehmigt bekommen und Worms seine Martin-Luther-Ampel

Der Gleichstellungsausschuss der Stadt Hannover mochte sich diesem Vorschlag der CDU allerdings nicht anschließen. Die Ratsmehrheit stimmte am Dienstag dem Ursprungsantrag zu, endgültig entscheiden wird das Ganze dann demnächst der Verwaltungsausschuss der Stadt.

Ein paar kleine Unsicherheiten gibt es da allerdings noch: Zunächst einmal­ konnte oder wollte bisher niemand ganz genau sagen, was diese Umrüstung der Ampeln denn kosten würde. Rund 7.000 Euro würde die Umrüstung der Ampelanlagen wohl kosten, wird in der Politik gemunkelt. So berichtet es die Hannoversche Allgemeine. Außerdem­ muss für diese Ampeln, also diese Abweichung von der Verwaltungsvorschrift zu §37 Abs. 2 Nr. 5 StVO, erst eine Sondergenehmigung vom niedersächsischen Verkehrsministerium eingeholt werden.

Erfahrungen sollen ausgewertet werden

Der jetzt verabschiedete Antrag enthält weiter eine Passage, die besagt: „Die Erfahrungen aus dem Modellprojekt sind den Ratsgremien vorzulegen. Hierbei soll auch eine Perspektive für eine dauerhafte Einrichtung aufgezeigt werden.“

Auf die taz-Nachfrage, wie genau diese Erfahrungen denn, bitte schön, auszuwerten und vorzulegen sein sollen, antwortet Renee Steinhoff,­ gleichstellungspolitische Sprecherin der Grünen, ein wenig verlegen: „Na ja, das ist so ein Standardsatz. In diesem Fall ist das sicher ein wenig schwierig. Wir werden­ wohl die Resonanz in den Sozialen­ Medien verfolgen.“

Der Hintergrund ist, dass sich selbst so ein kleines, eher symbolpolitisches Vorhaben im Detail als ziemlich vertrackt herausgestellt hat. Die Grünen hätten das Ganze nämlich am liebsten gleich zur Dauereinrichtung gemacht und auch auf andere gesellschaftliche Gruppen ausgedehnt – also zum Beispiel wollten sie auch jemanden mit Gehstock oder Rollator zu einem Ampelwesen machen.

Aber da ist eben die Gesetzeslage vor: Für die Ausnahmegenehmigung braucht es einen punktuellen Bezug, einen historischen Hintergrund oder einen konkreten Anlass. So hat Emden­ seine Otto-Ampel genehmigt bekommen und Worms seine Martin-Luther-Ampel.

In Hannover gibt es mit dem Christopher­ Street Day wohl vorübergehend einen passenden Anlass, für eine Dauereinrichtung reicht es nicht. Aber, sagt Steinhoff, man wolle da nicht vorschnell aufgeben. Möglicherweise diskutiert­ Hannover das Thema nicht zum letzten Mal.

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4 Kommentare

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  • Klar ist Gleichstellung sehr wichtig. Aber: Sind da ausgerechnet Ampelbilder der richtige Weg? Wer als Schwuler wegen seiner Orientierung in der Schule aufs Maul bekommt, dem nuzten schicke Ampeln dann auch nichts.

    • @Bunte Kuh:

      Und man sollte auch das Bedenken: Wie wird denn so eine Aktion von der "breiten Massen" aufgenommen?

      Ich befürchte schon wieder die Stammtischrunden, wo einige Dstramme Deutschländer dann lallen: "Die Grünen/Linken, die sind sowas von blöde. Schau mal, was die mit den Ampeln vorhaben.."

      So kann man sich auch den Ruf verderben und wird dann von vielen "Bürgern" prinzipiell nicht mehr erst genommen und dann fangen die an, komische Parteien zu wählen.

  • Gegen Homophobie, für Offenheit und Vielfalt, d. h. die Stadt, die künftig nicht auch zehn Prozent schwule und lesbische Ampelmännchen und Ampelweibchen hat, ist homophob? San Francisco gilt für die meisten Grossstädte als Vorbild, dort sammelt sich die intelligente Elitebevölkerung der gut bezahlten Berufe. Wer etwas von dieser Arbeitselite haben möchte, darf sich mit dem Thema auseinandersetzen, wieviele solche Ampelmännchen und Ampelweibchen abgebildet werden auf den Stadtampeln. Für Hannover könnten fünfzig Prozent der Innenstadtampeln angemessen sein. Das würde einen Eindruck auf diese Kreativen machen. Die Kinder in Hannover lernen so früh, daß es auch Onkel und Tanten gibt, die selbst manchmal noch keine Eltern sind, aber Neffen und Nichten wie Eltern schätzen. Doch der Trend geht ja auch bei schwulen und Lesben zu mehr Kindern. Vielleicht wäre es angemessen die Paare mit einem Kind zwischen Mann und Mann oder Frau und Frau zu zeigen. Wenigstens zehn Prozent der peln mit gleichgeschlechtlichen Paaren, sollten auch ein Kind mit abbilden, schlechtere Eltern sind Schwule und Lesben wirklich nicht. Vielleicht adoptieren sie häufiger oder nutzen Eizellen- und Samenspenden häufiger als andere, vermutlich spenden sie aber auch häufiger.

    • @Nik...:

      Das ist eine Ampel. Die soll anzeigen, ob m/f/d gehen darf. Sonst nichts.