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Die WahrheitMeister der Kolben

Der witzigste Hühnervernäher der Welt. ©Tom feiert 60. Geburtstag. Eine festliche Festschrift für den großen Witzbildchen-Zeichner.

Immer im Einsatz für die Kundschaft: ©Tom bei einer Signierstunde im taz-Shop 2019 Foto: Wolfgang Borrs

Die Berufswahl ist für die meisten Menschen eine der schwierigsten Lebensfragen. Die Wege zum täglichen Brot sind mitunter so krumm und verwinkelt wie Ingwerknollen. Das gilt auch für Cartoonisten, vielleicht sogar besonders für sie, weil es keine Lehrstellen für Zeichner lustiger Bilder gibt. So ist ein Blick auf den frühen Werdegang des heute wohl einzigen Badeners, der sein Berufsleben mit der Kreation von mehr als 8.000 Dreibildwitzchen gestaltet hat, für jeden Biografen eine interessante Aufgabe.

Die Geschichte beginnt in den frühen achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die Lebensfreude zugewanderter Westberliner wurde noch nicht von Karrierestreben, Kinderkriegen oder Gejammer über fehlende Quality Time gemindert. Alle nahmen sich Zeit, erst einmal nach dem Sinn, in ©Toms Fall dem Unsinn des Lebens zu suchen. Dabei entwickelte er eine höchst erfolgreiche deduktive Systematik. Geschichtsstudium anfangen, erwies sich nicht als der Heuler. Politik studieren? Schon besser, jedenfalls ein paar Semester. Aber dann wusste er nicht, was zum Teufel er mit einem Abschluss in Politikwissenschaft machen sollte. Eines war klar: Astronaut ging nicht, wegen der Brille. Kosmonaut ging auch nicht, weil die Mauer dazwischen stand. Ergo: weitersuchen.

Vielleicht hilft ein Blick auf die eigenen Talente, dachte er sich. Damit kam eine Karriere, die schnelle Entscheidungen voraussetzte, nicht mehr in Frage. Spätestens nach einer Partie Tipp-Kick in der WG reifte diese Erkenntnis. Das ist ein Spiel, bei dem zwei Spieler und zwei Torwarte gegeneinander auf einem kleinen Spielfeld aus grünem Tuch antreten. Dran ist immer der, dessen Farbe beim zweifarbigen Ball nach oben zeigt. Ist der andere am Zug, heißt es, schnell zum Torwart greifen und den drohenden Schuss des Gegners abwehren.

In Baden wartet der Gegenspieler wahrscheinlich, bis sich der Kontrahent in aller Ruhe hinter seinem Torhüter postiert. In Berlin schießt er mit Vorliebe so schnell wie möglich. Was sich als erfolgreiche Strategie erweist. Profi-Tischkicker schied somit für ©Tom, der damals noch Thomas hieß, auch aus.

Wohlhabende Wirte

Wenn er nachts nicht gerade Fotoaufträge sortierte oder tagsüber Werbemittel bedruckte, malte ©Tom privat alles voll, was da so lag, ob Servietten beim Italiener oder Papiertischtücher in der Kneipe. Hätten die Wirte alle Originale gesammelt, wären sie heute wohlhabend.

Zunächst waren es Figuren mit Knicknasen und langer Oberlippe, die sich in irgendwelche unvorteilhafte Positionen manövriert hatten. „Schick das doch mal ein“, forderten seine Freunde und Freundinnen immer wieder, erkennend, dass hier ein Talent verborgen lag. Doch ©Tom traute sich nicht. Zu weit entfernt lagen seine Vorbilder, die Zeichner von Tim und Struppi, Lucky Luke, Peanuts und anderen Comics. Also neuer deduktiver Versuch: Dieses Zwischenspiel hat viel mit Schnaps zu tun, einem blauen Anzug, dem Besuch einer Messe für geistige Getränke und einer in dieser Branche anhaltend leeren Kasse. Aber das muss er irgendwann selbst erzählen.

Es war vielleicht das Unbehagen im und am blauen Anzug, dass er die letzte Möglichkeit, zum Cartoonisten zu werden, nicht verwarf. Jedenfalls schickte ©Tom eines Tages nach beharrlichem Drängen seiner Freunde endlich ein paar bekritzelte Blätter an das Berliner Stadtmagazin Zitty. Zunächst passierte gar nichts, und zwar monatelang. Schließlich schrumpfte er die Oberlippen der Figuren und verlängerte die Nasen. Und auf einmal druckte die Zitty seine Zeichnungen. Jahre später erfuhr ©Tom, dass die Redakteure beim ersten Versuch die Witze zwar gut, aber die Zeichnungen schlecht fanden. Mit den neuen Gesichtszügen der Figuren stand der Karriere nichts mehr im Weg.

©Tom jobbte damals im Comicladen Grober Unfug, und hörte schließlich bei einer Vernissage von Lilian Mousli, der Gründungszeichnerin der Wahrheit, dass bei der taz ein Zeichner gesucht wurde. Als Mouslis „Grusel-Alphabet“, das zu Beginn der neunziger Jahre für einiges Aufsehen unter den taz-Lesern sorgte, beendet war, da es ja nur 26 Buchstaben gibt, sagte ihr der erste Wahrheit-Redakteur Karl Wegmann: „Frag mal ein paar Kollegen.“ Das war 1991 – und es war ©Toms Chance.

Die Eltern hielten es für einen Versuch des langsamen finanziellen wie intellektuellen Selbstmords. Doch spätestens nachdem die taz ihn entdeckt hatte, stand der Berufsweg fest. Es gibt seitdem keinen Zeichner in Deutschland, der dermaßen täglich Streifen liefert, und genauso täglich freuen sich Tausende Leser auf einen neuen Einfall ©Toms. Er ist längst der beliebteste Autor der taz, das ist durch Umfragen verbürgt.

Freibad mit Bademeisterfiguren

Die Eltern behielten nicht recht, ©Toms Witz und Zeichenstil kamen auch bei anderen Zeitungen und Zeitschriften an, und in Neckarsulm durfte er sogar ein ganzes Freibad dekorieren, denn zu seinen bekanntesten Figuren gehören die beiden Bademeister – Figuren, die ihn in seiner Vorschulzeit im Schwimmbad immer angebrüllt hatten, was er cool fand. Jedenfalls kann er inzwischen von seinen „Witzbildchen“, wie er sie selbst nennt, längst leben – und nicht nur das: Es hat sogar für einen japanischen Sportwagen gereicht, mit dem er und seine Partnerin Anette gern durch die Weltgeschichte sausen.

Aber er ist, auch im Opa-Alter, keine Umweltsau, denn in Berlin fährt er Fahrrad. Deshalb ist er fit – und weil er in Schöneberg unterm Dach wohnt, was seinen weniger trainierten Besuchern alles abverlangt. Aber sie werden mit opulenten Mahlzeiten wieder zu Kräften gebracht, denn ©Tom ist Geflügelspezialist und begnadeter Hühnervernäher. Schließlich ist er seiner Heimat Lörrach an der Grenze zu Frankreich und der Schweiz verpflichtet.

Im Grunde hätte er auch Koch werden können, aber dann wären den Menschen seine Zeichnungen vorenthalten geblieben. Und das wäre doch schade gewesen, denn fast alle seine Einfälle sind erfreulich und lassen die Leser laut loslachen, wie man bisweilen in der Berliner U-Bahn miterleben kann.

©Tom ist nie verletzend, aber er nimmt alle hoch. Daran könnten sich etliche Kritiker aus den sozialen Netzwerken ein Beispiel nehmen. Auch von seinen anderen Eigenschaften kann sich mancher etwa abgucken. Kaum jemand ist so fleißig und verlässlich – in jeder Hinsicht. Herzlichen Glückwunsch zum Sechzigsten, ©Tom! Weiter so!

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30 Kommentare

 / 
  • Danke für die tägliche Freude, oft mehr als ein inneres Lächeln.



    Gerne auch beim Zurückblättern, online oder gedruckt.

  • tatsächlich: TAZaufschlagen , auch online,

    TOM anklicken, meist eine Minte nach 0.00 Uhr, freuen.

    "Witzig" denken , schmunzeln oder laut lachen.



    Manchmal rauskopieren und an die Wand hängen.

    Mein Liebslingswitz:

    Frage an den Teufel:



    Haben sie eigentlich auch einen bürgerlichen Namen?



    -----



    Die meisten sagen Herr Jemineh.

    Ach, ich verdanke dir so manche gute Stunde.



    Auf dem Klo bei Freunden die Ziegelsteine lesen.



    Wenn ich mir die selbst hingegen würde, .... nee so viel Zeit habe ich nicht.

    Herzlichen Glückwunsch, und wenn du erst 60 wirst habe ich ja Hoffnung, dass du mich überlebst.

    So, noch 13 Minuten bis zum nächsten TOM

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    In der Öffentlichkeit als Karikaturist zu arbeiten, ist eine Glaubensfrage. Es setzt einen tiefen Glauben an das Leben nach der Karikatur voraus.



    Andreas Otto

    Gilt bestimmt auch für Cartoonisten.

    Freude soll nimmer schweigen.



    Freude soll offen sich zeigen.



    Freude soll lachen, glänzen und singen.



    Freude soll weiterschwingen.



    (J.R.)

    • 0G
      05158 (Profil gelöscht)
      • @05158 (Profil gelöscht):

        Tom reiht sich ein bei den Großen



        Loriot, Seyfried, Tomi Ungerer *



        *bei ihm in Strasbourg könnte er (und das zu Lebzeiten) eine Sonderausstellung vertragen.



        Der Esprit von Tom und Tomi ist für mich auf derselben Wellenlänge. Tomi Ungerer hat sein Museum auch zu Lebzeiten bekommen und -



        Wilhelm Busch war auch schon da, nicht mehr so ganz zu Lebzeiten

        • 0G
          05158 (Profil gelöscht)
          @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

          Dem schließe ich mich an!

          Ihr Beitrag hat mich veranlasst rumzuwühlen.



          Meiner geographischen Herkunft "geschuldet" bringe ich hier auch nochmal Manfred Bofinger ins Spiel.

          Wahre Stimmungsaufheller:

          Darlingsratte ;-);-)



          browse.startpage.c...aa5feea7&t=default

          Knallerbsen



          browse.startpage.c...8b804c1e&t=default

          Pädagogisches Alphabet

          browse.startpage.c...efd6354d&t=default

          Manfred Bofinger - Leidensweg einer Humorkarikatur

          browse.startpage.c...523e36a6&t=default

          • @05158 (Profil gelöscht):

            Danke für die Links, auch für die Schwimmbaddekoration von gestern. Bofinger kannte ich nicht.



            Zurück zu Tom.



            Der Touché von heute spricht Bände:



            "aber er nimmt alle hoch" sich selbst zuerst.



            Dieses Gefühl kenn ich - und weiss es mittlerweile zu schätzen. Der Eintrittspreis im Tomi Ungerer Museum ist ab 60 deutlich reduziert...

            • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

              🥚jòò 60! “Mann - kommt gut rein - 🥳 -

              Aber schlecht wieder raus.“ - 😱 -



              Normal Schonn.



              Anyway. Day by day - 🗽 🗽 🗽- 😎 -

              • 0G
                05158 (Profil gelöscht)
                @Lowandorder:

                Hi Brò!

                Für Siè.(uns)



                Curd Jürgens



                www.youtube.com/watch?v=BqfvLP--4Ew

                • @05158 (Profil gelöscht):

                  Liggers. & weiterhin “… 60 ++ & kein bißchen leise…“ - 😎 ~~ 🎷 🎺 🎹 ~~

              • @Lowandorder:

                Nach 10 Jahren geht's von allein.



                Noch ein paar Bartholdys:



                🗽🗽🗽🏝🥨🛷👍

                • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                  Den Schlitten hätte ich weg lassen sollen, kein Schnee, ausser hoch oben

                  • 0G
                    05158 (Profil gelöscht)
                    @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                    Da hamm wars!



                    Ich grübele wie ihr auf Schlitten kommt.



                    Lese wie ein Blöder.



                    Bis ich das Bartholdylein entdeckt habe.



                    Das neuronale Netz....

                    • @05158 (Profil gelöscht):

                      Tja - “…hustet in alter Gewohnheit noch ein pasr Gedichte aufs Papier - eh‘s ihn dann endgültig vom Schlitten haut…“ *

                      unterm—- NRW - Oh Yeah -



                      * dieser kleine Auszug aus einer klar - Jöhten-Vorgabe in Deutsch. Brachte es dank der bekannten christlichen Bildungseinrichtung CDU NRW - via kl. Anfrage bis in den Landtag NRW.

                      —leider nicht die - zerfällt nicht schlecht



                      www.landtag.nrw.de...ent/MMD16-9523.pdf

                      • 0G
                        05158 (Profil gelöscht)
                        @Lowandorder:

                        Det is intressant!

                        Goethe im Landtag. Hät ick nich jeglobt.

                        Eigentlich lernen wir nur von Büchern, die wir nicht beurteilen können. Der Autor eines Buchs, das wir beurteilen könnten, müßte von uns lernen.



                        (J.W.v.G.)

                        • @05158 (Profil gelöscht):

                          Ja - liegt - textgemarkert irgendwo im Skat - Jöhten kurz&knackig - richtig derb



                          Würde hück in unserer pc-ler dominierten Formatewelt selbst der mutigste Pauker nicht mehr riskieren.



                          Ein sheetstorm a netz taz Emma LÜGT & Co. - würde ihn hinwegfegen - wie einst ehra Fortsetzungsstorys a Wischewischepopo - vulgo ND - 💔Haisl

                          kurz - Nù. Der Erfolg - liegt auch hier.



                          Klar auf der Hand - Jöhten - Weltniveau



                          🗽 🗽 🗽 - Normal - 🥳 -

                • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                  Schonn - laß grad 5 davon grade sein 🎷

                  • @Lowandorder:

                    5 Grad? 15, die spinnen, die Meteos



                    Außerdem gibt 's auch in Mallorca keinen Schnee für Senioren...

                    • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                      Jung. Machorka? Für sojet. Driss.

                      Hanisch kaan Tid. Hol wiss.



                      Gestern model - gig hück.



                      Die 10 + ~ 5 - am Stück - 😎 -

                      • @Lowandorder:

                        Gig mit wem und wo?

                        • @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                          4 - vom Elsaß zu weit wech.

                        • 0G
                          05158 (Profil gelöscht)
                          @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                          Die Frage hat schon jemand mal gestellt!



                          .."Gibt es Ton und Bildmaterial..."

                          Früher auf den Weltmeeren.......

                          • @05158 (Profil gelöscht):

                            Liggers.



                            &



                            Die Antwort ist & bleibt dieselbe. 😎

            • 0G
              05158 (Profil gelöscht)
              @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

              Was ist ab 60 nicht alles reduziert....!



              Oh, happy day, ist es hier nur der EP.



              ;-)

              • @05158 (Profil gelöscht):

                Jeder ist der Schmied seiner Reduktion - wenn man ihn lässt.



                Hier 3,50 statt 6,50

                • 0G
                  05158 (Profil gelöscht)
                  @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

                  Sie meinen bestimmt „Die Didaktische Reduktion bezeichnet die Reduzierung und Vereinfachung komplexer Themen, um sie für Lernende alters- und reifegemäß aufzubereiten, ...



                  Da habe ich nur mit dem Schmieden ein Problem. Morbus Dupuytren



                  Alles hat ein Anfang.....



                  ;-)



                  ;-)

                  • @05158 (Profil gelöscht):

                    Spontan dachte ich eher an das didaktische Schmieden...



                    Alles hat ein Anfang....., nur die Wurst hat 2,



                    Oder waren's die Enden?

  • Endlich im gebärfähigen Alter für noch mehr "Witzbildchen"



    Weiter so



    Herzlichen Glückwunsch und



    Merci chaque jour depuis l'ALSACE



    🥨🏝🛷👍

  • &!Däh&Zisch - Mailtütenfrisch -

    “In den Kopf gegriffen!:)“ - Touché



    Drauf gepfiffen! - Juché - 💐 🌹 🌷-



    Helzrichen Gwücklunsch



    &



    Happy Birdsday - Dear Tom - 🗽 🗽 🗽



    & mit H. R. - “ …etwas - 🎶 🎶🎶🎶 -

    Logo - Völlig losgelöst - Major Tom - 😎 -

    m.youtube.com/watch?v=OMDbX1zksgI

    &

    www.youtube.com/watch?v=hoW4Vw4XGAs

    🥳 🥳 🥳 ☕️ ☕️ ☕️ 🐓 🐓 🐓