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Einsatz für Intergeschlechtliche

Der Senat soll Bremer Kliniken geschlechtsverändernde Operationen an Kindern verbieten, fordert Rot-Grün-Rot in einem Bürgerschaftsantrag. Wie genau das gehen soll, ist allerdings unklar

Von Eiken Bruhn

Bremen soll Kinder vor geschlechtsverändernden­ Operationen schützen, für die es keine medizinische Notwendigkeit gibt. Das fordern SPD, Grüne und Linke in einem Antrag an den Senat, der am Mittwoch Thema in der Bürgerschaft sein wird.

Es geht dabei in erster Linie um intergeschlechtliche Kinder, die mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen geboren werden. Ein großer Teil von ihnen wird nach einer aktuellen Studie immer noch so operiert, dass sie in das Raster Junge/Mädchen passen. Und das, obwohl sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass dies in vielen Fällen zu lebenslangen psychischen und physischen Leiden führt. Deswegen erlauben die medizinischen Leitlinien solche Operationen nur noch, wenn eine Gefahr für Gesundheit und Leben besteht.

Doch auch die Bundesregierung aus SPD und CDU hat erkannt, dass es im Sinne des Kindeswohls­ nicht ausreicht, die Entscheidung Mediziner*innen und Eltern zu überlassen. Nach einem jüngst veröffentlichten­ Gesetzentwurf soll Eltern die Zustimmung in derartige Operationen­ verboten werden.

Rot-grün-rot geht das offenbar nicht schnell genug. Der Senat solle „dafür sorgen“, dass die medizinische Leitlinie „Varianten der Geschlechtsentwicklung“­ in Bremen so umgesetzt wird, dass operative Maßnahmen bei (noch) nicht einwilligungsfähigen Kindern ausschließlich bei anatomisch begründeten­ medizinischen Problemen zulässig­ sind“, heißt es im Antrag.­ Wie genau die Gesundheitssenatorin auf die Kliniken Einfluss nehmen soll, kann die queerpolitische­ Sprecherin der Linken, Maja Tegeler, nicht erklären. „Es geht uns vor allem darum, ein Signal an den Bund zu schicken“, sagt sie.

Konkreter sind die anderen Punkte des Antrags. Rot-Grün-Rot fordert, „eine psychologische und peerbasierte Beratung“ für Menschen mit Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale und deren Eltern „systematisch und einheitlich einzuführen“. Zudem solle Bremen sich auf Bundesebene sowohl für die Entschädigung intersexueller als auch transsexueller Personen einsetzen. Letztere konnten bis 2011 nur dann ihr Geschlecht im Personenstandsregister ändern lassen,­ wenn sie sich auch sterilisieren ließen.

In Bremen und im Umland kamen in 2018 und 2019 zusammen sechs intergeschlechtliche Kinder zur Welt, deren Eltern Kontakt mit der kommunalen Kinderklinik in Bremen-Nord hatten, sagte ein Sprecher der städtischen Kliniken gestern der taz. Der Chefarzt der Kinderklinik in Bremen-Nord sei ein erfahrener Endokrinologe und die Klinik daher Hauptansprechpartnerin für diese Fälle. „Die Leitlinie wird umfänglich erfüllt“, sagte der Sprecher.

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