Senat trifft Evangelische Kirche: „Ich empfinde da immer mehr Nähe“
Regierungschef Müller (SPD) berichtet nach einem Senatstreffen mit Bischof Stäblein von seiner intensiven Verbindung zur Kirche.
Das Treffen findet im Bezirk Zehlendorf statt, aber nicht an der Freien Universität, sondern im Audimax der Evangelischen Hochschule, an der zurzeit 1.600 Studierende eingeschrieben sind. Am Stadtrand, nur eineinhalb Kilometer vor der Grenze zu Brandenburg, ist die Hochschule eher selten so im Fokus – im Herbst verschaffte es ihr Aufmerksamkeit, dass die durchgefallene Linkspartei-Kandidatin fürs Verfassungsgericht dort eine Professur für Soziale Arbeit hat.
An diesem Dienstag ist die Hochschule Ort des ersten Treffens zwischen evangelischer Kirchenleitung und Senat seit über zwei Jahren, dem insgesamt sechsten seit 2007. Die rot-rot-grünen Regierungsmitglieder haben in den Räumen der Hochschule erst unter sich getagt und danach mit den Kirchenleuten gesprochen. Es ist jene Landesregierung, bei deren Vereidigung Ende 2016 von elf Mitgliedern nur zwei ihren Amtseid mit dem Zusatz „so wahr mir Gott helfe“ leisteten. Zum einen war das damals von der grünen Wirtschaftssenatorin Ramona Pop zu hören, zum anderen von dem Mann, der nun neben dem Bischof vor den Journalisten sitzt, SPD-Mann Müller.
Ob er sich denn auch als Kirchgänger bezeichnen würde? „Ich bin Christ“, antwortet Müller auf die taz-frage, „ich fühle mich meiner Kirche verbunden“, auch wenn er nicht jeden Sonntag zum Gottesdienst geht.
Michael Müller, Regierender Bürgermeister
Volksentscheid zum Religionsunterricht
Als die Journalisten schon beim Notieren sind, schiebt der Regierungschef noch einige Sätze hinterher: „Die Verbindung wird im Laufe der Zeit intensiver, ich empfinde da immer mehr Nähe.“ Vielleicht liege es daran, dass er älter werde – Müller wurde im Dezember 55 Jahre alt. Auch den Moment mit der religiösen Beteuerung bei der Vereidigung vor über drei Jahren holt er sich noch mal vor Augen: „Das war mir wichtig, und ich habe es mit tiefer Überzeugung getan.“
So ist die Stimmung durchaus aufgelockert im Hörsaal. Vorbei die Zeiten, als Senat und Kirche sich vor über zehn Jahren als erklärte Gegner gegenüberstanden, als es um den Volksentscheid zum Religionsunterricht ging. Als Ethik Pflichtfach an den Oberschulen wurde, sahen sich die Kirchen ausgebootet, in der Schule an den Rand gedrängt.
Jetzt berichtet Bischof Stäblein, der erst im Herbst Markus Dröge als Landesbischof ablöste, von Gesprächen über eine „Integration des Fachs Religion in die Stundentafel“. Als Beleg für das gute Verhältnis zwischen Senat und Kirche verweist Müller auf Lob von Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) und sagt selbst: „Wir erhalten bei unseren sozialen Projekten wie beispielsweise der Obdachlosenarbeit sehr viel Unterstützung durch die Kirchen.“
Müller betont auf eine Frage hin, dass das immer mal wieder kritisierte Neutralitätsgesetz kein Anti-Kopftuch-Gesetz sei „und auch kein Anti-Kreuz-Gesetz“. In diesem Zusammenhang erwartet er auch keine neuerlichen Diskussionen, wenn bei der Fertigstellung des Stadtschlosses respektive Humboldt Forums ein Kreuz auf der Schlosskuppel prangt. Der Bischof mochte sich dazu nicht festlegen – „das kann ich nicht einschätzen“.
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