Fridays im niedersächsischen Landtag: „Leere Worte retten uns nicht“

Bei der Anhörung zum geplanten Klimaschutzgesetz im niedersächsischen Landtag nehmen Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen kein Blatt vor den Mund.

Klimaschützer:innen demonstrieren in Hannover

Am 17. Januar auf der Straße, am 20. Januar im Landtag: Hannovers FFF-Bewegung hängt sich rein Foto: Ole Spata/dpa

Hannover taz | Dreieinhalb Stunden dauert es, bis die fünf Ver­tre­te­r:in­nen der Fridays-for-Future-Bewegung in Niedersachsen bei der Anhörung zum Klimagesetz im Landtag zu Wort kommen. Und sie formulieren ihre Kritik so deutlich und dramatisch, wie man es von der Bewegung gewohnt ist: „Das ist zu wenig, zu langsam, nicht ambitioniert“ und „absolut lächerlich und rückschrittlich“, sagt Lou Töllner von der Ortsgruppe Hannover.

Sie kritisiert unter anderem, dass der CO2-Ausstoß bis 2030 nur um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 gesenkt werden soll, bis 2050 um 80 bis 95 Prozent. Auch die Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2050 herauszuzögern, sei nicht ausreichend.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Ausschuss schon fast den ganzen Vormittag lang die Stellungnahmen von mehreren Verfassungsjuristen, der kommunalen Spitzenverbände, der Landwirtschaftskammer, der Klimaschutzagentur Niedersachsen, des Unternehmerverbandes und des DGB angehört; die sich alle detailliert mit verschiedenen Aspekten der Gesetzentwürfe von SPD/CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen auseinandergesetzt hatten.

Vor allem die Verfassungsjuristen zweifeln, ob es nicht ausreiche, dass sowohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassung bereits den „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ festschrieben. Den Klimaschutz noch einmal gesondert aufzunehmen, könnte überflüssig oder gar schädlich sein, betont unter anderem der Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs, Thomas Smollich.

AfD sorgt für wirre Grafiken

Als ob das nicht ausreicht, um die Geduld – nicht nur der Schü­le­r:in­nen – auf die Probe zu stellen, spricht auf Einladung der AfD auch noch der Vizepräsident des AfD-nahen Vereins „Europäischen Institut für Klima und Energie (EIKE). Und versucht, mit wirren Grafiken zu belegen, dass CO2 in Wirklichkeit gar kein Problem sei und der von Menschen gemachte Klimawandel nicht existent.

„Leere Worte retten nicht unsere Zukunft“, betonen dagegen Lou Töllner (FFF-Ortsgruppe­ Hannover), Emily Karius­ (Verden)­, Tim Wiedenmeier (Göttingen), Katharina Bittendorf (Nienburg) und Philip­ Knotz (Gifhorn).

„Es ist schade, dass sie keine echten Wis­sen­schaft­le­r:in­nen eingeladen haben, um solche Fragen zu klären“, sagt Knotz an die Ausschussmitglieder gewandt. In der Tat hatte das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung auf der Liste gestanden, aber abgesagt.

Sehr viel konkretere Vorschläge als „so bitte nicht“ formulierten die FF­F-Ak­ti­vis­t:in­nen an dieser Stelle allerdings auch nicht. Dabei geht ihnen selbst der Vorschlag der Grünen nach eigenem Bekunden nicht weit genug. „Klimaschutz muss radikal sein“, betont Emily Karius. Inhaltlich verweisen die fünf Ak­ti­vis­t:in­nen auf die im vergangenen Jahr verabschiedeten sechs Kernforderungen der Fridays-for-Future-Bewegung.­ Die Zielvorgabe sei durch das Pariser Abkommen gesetzt – und weder das „Klimapaketchen“ der Bundesregierung, noch das angestrebte niedersächsische Gesetz würden dem gerecht, sagen sie.

Dabei habe man die Idee Niedersachsens, als erstes Bundesland überhaupt den Klimaschutz als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen, durchaus begrüßt, sagen die ­FF­F-­Ver­tre­te­r:in­nen. Nur leider sei die Idee auf dem Weg in die Umsetzung wohl verloren gegangen, spottet Töllner.

Darüber, ob es überhaupt sinnvoll sei, sich in diese zähen und umständlichen parlamentarischen Verfahren einbinden zu lassen, gibt es in der Bewegung durchaus unterschiedliche Auffassungen, räumt Philip­ Knotz auf Nachfrage ein. Aber grundsätzlich habe man nun erst einmal die Entscheidung getroffen, jede Möglichkeit wahrzunehmen die eigenen Forderungen an die Politik heran zu tragen. Ob sie da auch ankommen, muss sich erst noch zeigen.

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