Spaßparteien sammeln Unterschriften: Besoffene Ärzte für nüchterne Politik
Jetzt wird es heiß: Nicht nur, weil sich die Charité-Ärzte bei ihrem gestrigen Streik laut Martin Sonneborn, dem Vorsitzenden der „PARTEI“, hemmungslos besoffen haben und nicht mehr geradeaus schauen konnten. Es wird auch spannend für die Spaßparteien der Stadt. „Von den 2.000 Stimmen, die wir brauchen, damit unsere Berliner Landesliste zur Bundestagswahl zugelassen wird, haben wir jetzt 1.300 gesammelt“, sagt Sonneborn. Bis zum nächsten Sonnabend haben die Parteien noch Zeit, Unterschriften einzuwerben.
Allein hundert der PARTEI-Unterschriften hätten die Ärzte beigesteuert, so Sonneborn. Die seien so dicht gewesen, dass der Oberarzt – auch ein PARTEI-Freund und mit Sicherheit durch Sonneborn als Spitzel in einem Berliner Klinikum installiert – sie angewiesen habe, massenhaft für die PARTEI zu unterschreiben. „Wir haben die Ärzte rein zufällig getroffen“, behauptet Sonneborn. Ein glaubwürdiger Mann. Soll heißen: Die nüchterne Politik der PARTEI findet auch unter Besoffenen regen Anklang.
Sonneborn, der gleichzeitig Chefredakteur der Satirezeitschrift Titanic ist, gibt sich optimistisch, die fehlenden 700 Unterschriften rechtzeitig sammeln zu können. „Dann gewinnen wir die Wahl!“ Wer gerne mal einen PARTEI-Chef anfassen will, kann das heute um 14.30 Uhr auf dem Kreuzberger Heinrichplatz tun, denn dann sammelt Martin Sonneborn persönlich. „Auch für unsere Direktkandidaten sieht es gut aus“, sagt er. Die würden nach dem Wahlsieg hohe Bundesminister sein. Jetzt kämpften sie noch auf der Straße.
Straßenkämpfer sind auch die Mitglieder der Bergpartei: Die muss sich richtig ranhalten, wenn sie noch Chancen haben will. Ihr Direktkandidat für Pankow heißt Jan Theiler. „Ich habe 80 von 200 Unterschriften hier“, sagt er. Er wolle weiter kämpfen und sei guter Dinge, dass das bis zur nächsten Woche klappt. „Wir sammeln natürlich weiter im Palast, aber auch in Cafés, Bars und Buchhandlungen.“ Für die Landeslisten-Zulassung fehlen noch stattliche 1.200 Unterschriften. „Das klappt schon, wir müssen nur alle unser Umfeld aktivieren“, kommentiert Theiler die Lage. Vielleicht sollte er noch schnell ein paar Ärzte suchen. Die haben ja heute einen Kater und hoffentlich richtig Lust, auch noch die Bergpartei zu unterstützen. MARTIN MACHOWECZ
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