Wissenschaftler*innen des Jahres: Die Top-Ökoforscherin
Das Fachmagazin „Nature“ wählt die Argentinierin Sandra Myrna Díaz unter die zehn bedeutendsten Wissenschaftler*innen des Jahres.
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Während der Klimawandel schon länger breit diskutiert wird, fristete der Rückgang der Artenvielfalt eher ein Schattendasein. Umso mehr Aufmerksamkeit erhielt dann der Report des Welt-Biodiversitätsrats (IPBES) im Mai 2019: Von den geschätzt 8 Millionen Tier- und Pflanzenarten weltweit seien 1 Million vom Aussterben bedroht. „Ohne die Natur gibt es kein erfüllendes Leben, kein Leben so wie wir es kennen“, sagte Hauptautorin Sandra Myrna Díaz bei der Vorstellung des Reports. Jetzt wählte die Fachzeitschrift Nature die Argentinierin unter die zehn bedeutendsten Wissenschaftler*innen des Jahres. Es ist auch ihr Verdienst, dass die Bedrohung der Pflanzen- und Tierwelt heute auf der politischen Agenda steht.
Díaz forschte zu Biodiversität, lange bevor sich der Begriff in der Wissenschaft etabliert hatte. Früher sei sie wie ein Marsmensch angeschaut worden, berichtete Díaz der spanischen Zeitung El País. Die heute 58-Jährige wuchs in der argentinischen Provinz Córdoba in einer Familie auf, die Pflanzen und Tiere liebte. Ihr Vater habe wilde Tiere mit nach Hause gebracht, erzählte sie der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA. Etwas, was sich Tierliebhaber heute nicht mehr vorstellen könnten. Ihr Biologiestudium begann sie an der Universidad Nacional de Córdoba, derselben Universität, an der sie heute forscht.
Dort beschäftigt sie sich insbesondere mit der Frage, wie Pflanzen auf Umweltveränderungen reagieren. Ihre Größe, die Textur, die Dichte ihres Holzes und vieles mehr beeinflussen pflanzliche Veränderungen. Früher sei man davon ausgegangen, dass die Evolution Tausende Jahre brauche, um sich anzupassen. Aber es gebe kleine Veränderungen, die innerhalb von Jahrzehnten ablaufen, erklärte Díaz in einem Interview der argentinischen Zeitung La Nación. Trotzdem sei der Klimawandel eine enorme Gefahr. Denn so schnell seien nur die wenigsten Pflanzen, sagte sie El País.
Entwicklung eines neuen Tools
In ihrer Forschung betrachtet Díaz die Welt als Ökosystem – alles ist mit allem verbunden. Die Vielfalt der Pflanzen beeinflusst andere Bereiche des Systems. Pionierarbeit leistete sie mit der Entwicklung eines Tools, mit dem sich die Auswirkungen hoher Biodiversität auf andere Funktionen des Ökosystems erfassen lassen. Damit können Wissenschaftler*innen messen, wie Biodiversität zur Produktion von Nahrungsmitteln oder der Verfügbarkeit sauberen Wassers beiträgt.
Auch über ihre Forschung hinaus denkt Sandra Díaz vernetzt. Im Internet sowie in zahlreichen Interviews fordert sie zu mehr Klimaschutz auf. Auf die Frage, wie sie bei ihren Forschungsergebnissen auf die Zukunft blicke, antwortete sie La Nación: „Vorsichtig optimistisch … Denn es bleibt nichts anderes übrig“.
Die Wahl unter die top zehn krönt ein erfolgreiches Jahr der Wissenschaftlerin. Seit Anfang des Jahres ist sie Teil der Royal Society. Außerdem gehörte sie 2019 zu den meistzitierten Wissenschaftler*innen weltweit.
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