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Geistliche Seelsorger in der BundeswehrMuslime warten

Die Einführung von Militärimamen bei der Bundeswehr ist nicht in Sicht. Der Dachverband der Muslime drängt seit Langem auf Gespräche.

Muslimische Soldaten müssen noch lange auf einen Militärimam warten Foto: Rolf Zoellner/imago

Die Bundeswehr bekommt demnächst erstmals Militärrabbiner als Seelsorger für jüdische Soldaten. Die Einführung von Militärimamen ist aber noch in weiter Ferne. In Islamverbänden und im Verteidigungsministerium gibt es seit Jahren Überlegungen darüber, wie die Militärseelsorge für die geschätzt 3.000 muslimischen SoldatInnen der Bundeswehr organisiert werden könnte.

Während das Verteidigungsministerium und der Zentralrat der Juden am Freitag einen Staatsvertrag abgeschlossen haben, ist eine Einigung mit VertreterInnen des Islams aber nicht absehbar.

Das Problem aus Sicht der Regierung: Die Konfessionen und Organisationen des Islams in Deutschland sind zu zersplittert. „Mit dem Zentralrat der Juden können wir einen Staatsvertrag schließen, weil er die Juden in ihrer Mehrheit vertritt und für die Bundesregierung ein rechtlich passendes Gegenüber ist. Bei Muslimen gibt es keine zentrale Vertretung in dieser Form“, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums.

Man wolle zwar eine Lösung finden, um „trotzdem das seelsorgerliche Betreuungsangebot für Soldatinnen und Soldaten islamischen Glaubens“ zu verbessern. Das brauche aber noch Zeit.

Muslime wollen Fahrplan

Aus Sicht von Aiman Mazyek dauert der Prozess schon zu lange. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, eines von mehreren islamischen Dachverbänden, sagte der taz, seine Organisation werbe schon seit zwanzig Jahren für Militär­imame. „Wir sind bereit. Wir bekommen viele Rückmeldungen von Soldatinnen und Soldaten, die das Bedürfnis nach Militärimamen haben. Unser Appell an das Ministerium ist, dass wir uns zusammensetzen und zumindest einen Fahrplan entwickeln.“

Zumindest langfristig solle das Ziel auch für die islamische Militärseelsorge ein Staatsvertrag sein.

Bis auf Weiteres bleibt für Muslime aber nur der Service der „Zentralen Ansprechstelle für Soldatinnen und Soldaten anderer Glaubensrichtungen“. Die 2015 gegründete Bundeswehr-Abteilung vermittelt auf Anfrage zivile Seelsorger – nicht nur für Muslime, sondern auch für Orthodoxe, Buddhisten oder Hindus in der Bundeswehr. Staatsverträge für diese oder andere Religionsgruppen sind derzeit nicht geplant.

Gänzlich unumstritten ist das System sowieso nicht. „Militärseelsorge an sich lehnen wir ab, da die Militär­seelsorger*innen in das militärische System eingebunden sind“, sagt der Linken-Abgeordnete Tobias Pflüger. Wenn es schon Militär­seelsorge gebe, sei eine Gleichbehandlung der verschiedenen Religionen und Nichtreligiösen nötig. „Dieser Beistand muss jedoch immer völlig unabhängig von der Bundeswehr sein.“

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1 Kommentar

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  • Die Aufgabe der Militärseelsorge ist ja, den „Soldaten … im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten Gelegenheit zu geben, sich am kirchlichen Leben zu beteiligen“ – so zumindest im Vertrag der BRD mit der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Regelung der evangelischen Militärseelsorge. Die Aufgabe des Militärgeistlichen ist der „Dienst am Wort und Sakrament und die Seelsorge“. Ähnliches mag auch für den Militärrabbiner für jüdische Soldaten gelten. Das ist möglicherweise eine Unterstützung für religiöse Menschen in der Bundeswehr - sofern sie es denn wollen. Wie werden aber die nichtreligiösen Soldatinnen und Soldaten unterstützt, die ja ebensolchen psychischen Belastungen ausgesetzt sind? Welche religionsfreie psychologische Betreuung erhalten sie? Oder werden sie auch der christlichen „Seelsorge“ unterworfen?