Baupläne am Checkpoint Charlie: Endlich herrscht Klarheit
Der Senat beschließt den Bebauungsplan von Bausenatorin Lompscher. Neben Wohnungen und einen Museum können auch Hochhäuser gebaut werden.
ber die Berliner SPD kann man nur den Kopf schütteln. Noch im Dezember vergangenen Jahres hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller die Zusammenarbeit mit dem Investor Trockland am Checkpoint Charlie für beendet erklärt. Fast ein Jahr später wollen die Sozialdemokraten dem Investor nun eine Brücke bauen. Hoch hinaus soll er am Checkpoint Charlie dürfen, damit sich alles, was das Land Berlin mit dem Bebauungsplan unterbringen will, auch rentiert: einen Stadtplatz, ein Museum des Kalten Krieges und 300 Wohnungen.
Es spricht für Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke), auch auf diese jüngste Volte der SPD mit Gelassenheit und Pragmatismus reagiert zu haben. Nachdem der B-Plan-Entwurf ihrer federführenden Verwaltung vergangene Woche im Senat noch kontrovers diskutiert wurde, wurde er an diesem Dienstag beschlossen.
Viel Zeit blieb nicht mehr: Denn wenn es bis Februar 2020 keinen gültigen Bebauungsplan gibt, darf Trockland zumindest östlich der Friedrichstraße bauen, was er will. Zum Beispiel Büros statt Wohnungen und ein Hard-Rock-Hotel.
Die Irritationen auf der Zielgerade passen zu diesem Ort, an dem sich verschiedene, oft gegenseitige Interessen überlagert haben. Trockland-Investor Heskel Nathaniel möchte sein Hotel und bot dem Senat im Gegenzug an, das Museum des Kalten Krieges auf der westlichen Seite unterzubringen, weitestgehend in den Untergeschossen. Einen entsprechenden Letter of Intent hatten der Senat und Trockland schon vor langer Zeit abgeschlossen. Ein Beteiligungsverfahren war bereits eingeleitet.
Dann aber wachte die Zivilgesellschaft auf. In einem offenen Brief kritisierten die Architektin Theresa Keilhacker und Exkultursenator Thomas Flierl die Bürgerbeteiligung als Farce und forderten ein diesem symbolischen Ort der Teilung angemessenes Gedenken. Statt Trockland bauen zu lassen, solle der Senat sein Vorkaufsrecht ziehen.
Zur gleichen Zeit stellte das Landesdenkmalamt das Areal unter Denkmalschutz. Demnach müssen 1.000 Quadratmeter Freifläche rechts und links der Friedrichstraße erhalten bleiben, damit man noch ermessen kann, was für einen Einschnitt ins Stadtbild ein innerstädtischer Grenzübergang dargestellt hat.
All diese Interessen sollte Lompschers Verwaltung unter einen Hut bringen. Tatsächlich bedeutet der nun verabschiedete B-Plan eine weitgehende Änderung der vor einem Jahr diskutierten Pläne. Nicht nur ist das Hotel vom Tisch; auch das Museum wächst nun aus dem Untergrund hervor und soll als eigenständiger Bau auf die östliche Checkpoint-Seite ziehen. Westlich davon soll der Stadtplatz entstehen und auch die markanten und stadtbildprägenden Brandmauern in das Ensemble einbeziehen. All das hat der Senat am Dienstag beschlossen.
Und gleichzeitig dem Investor eine Tür offen gelassen. Denn auch Lompscher hat sich nicht gegen den Vorstoß gewehrt, dass am Checkpoint Hochhäuser entstehen können. Dies soll nun in einer Zusatzerklärung festgehalten werden. Das erhöht nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass Trockland am Ball bleibt. Es ist auch ein Gewinn für den Ort. Wie aufregend solche architektonische Lösungen sein können, hat bereits ein erster Ideenwettbewerb vergangenes Jahr gezeigt. An einem herausragenden Ort des Erinnerns sollen auch herausragende städtebauliche Entwürfe Platz haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Bilanz der Ampel-Regierung
Das war die Ampel
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
Die Grünen nach dem Ampel-Aus
Grün und gerecht?
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
Folgen des Ampel-Aus für die Miete
Leerstelle Mieterschutz