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taz-Thema der Woche

Islamischer Religionsunterricht an Schulen

Religionskunde

betr.: „Lieber gar kein Bekenntnis“, taz vom 22. 8. 12

Religion gehört in die Schule, aber nicht als bekenntnisorientierter Religionsunterricht. Stattdessen gehört an alle Schulen Religionskunde, in der alle Schüler gemeinsam und objektiv über alle Religionen und Weltanschauungen unterrichtet werden und darüber gemeinsam diskutieren.

Die SchülerInnen müssen über alle Religionen und Weltanschauungen gleichermaßen und objektiv unterrichtet werden, um religionsmündig zu werden und wissend über ihre eigene Religionszugehörigkeit entscheiden und diese kritisch reflektieren zu können.

MATHIAS THIEDE, Berlin

Privatsache

betr.: „Allah wird endlich eingeschult“, taz vom 21. 8. 12

Meine Meinung dazu ist eindeutig: weg mit konfessionellem und institutionellem Religionsunterricht, hin zu vergleichender Religionskunde. Ich finde, Religion sollte Privatsache sein, und genauso wenig wie jede Musikrichtung eigenen Musikunterricht bekommt, sollten das die Religionen.

Die Idee, damit auch die Muslime zu integrieren und zu entradikalisieren, halte ich für schwer umsetzbar, die meisten Moslems, die radikaleren Gruppen angehören, würden ihren Kindern eh nicht erlauben, an diesem Islamunterricht teilzunehmen …

NARRMAN, taz.de

Unterricht gegen Religiosität

betr.: „Allah wird endlich eingeschult“, taz vom 21. 8. 12

Also ich finde, man kann eigentlich nichts Besseres tun, wenn man dem Islam Nimbus und Attraktivität entziehen möchte, als ihn an deutschen Schulen zu unterrichten.

Sieht man einmal die Ergebnisse der katholischen und protestantischen Religionslehrer an unseren Schulen an, so darf man mit Fug und Recht behaupten, dass nichts der Religiosität der deutschen Bevölkerung mehr anhaben konnte als die Einführung der Religion als ordentliches Unterrichtsfach.

Feuerbach und Nietzsche mögen ihre Wirkung gehabt haben, Frau Schmidt-Ehrlich und ihre Videorekorder haben diese aber bei Weitem übertroffen. HUNTER, taz.de

Gar nicht freiheitlich wirkend

betr.: „Allah wird endlich eingeschult“, taz vom 21. 8. 12

Diesem komplexen Vorgang ziehe ich die Streichung des bekenntnisorientierten Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen vor, und es ist mir durchaus bewusst, dass diese Alternative weitaus komplexer umzusetzen wäre, da die Verwurzelung einzelner Religionsgemeinschaften in unserer Gesellschaft nicht einmal der Brandrodung weichen wird. In diesem Land ist es bereits ein Angriff auf die Religionsfreiheit, wenn religiös-institutionelle Belange nicht gefördert werden. Ich schätze die individuelle Religionsfreiheit und plädiere weiterhin für deren Grundrechtsstatus. Aber warum bedarf es einer verqueren institutionellen Religionsfreiheit für Institutionen, welche auf mich gar nicht freiheitlich wirken? Und jeder Religionsgemeinschaft steht es frei, die bekenntnisorientierte Unterrichtung selbstständig zu organisieren. GUNDI, taz.de

Gegen „Gehirnwäsche“ für Kinder

betr.: „Lieber gar kein Bekenntnis“, taz vom 21. 8. 12

Warum nicht endlich für religionsfreien Unterricht (frei von allen Religionen) plädieren?

Religion ist Privatsache, und in meinen Augen ist es weitaus sinnvoller, Ethikunterricht als Pflichtfach für alle – egal welcher Religion die Kinder angehören – einzuführen, statt für einzelne Religionsgruppen (ich zähle die Christen auch dazu) Unterrichtsstunden und somit Gelder zu verschwenden. Wer dann noch seiner Religion näherkommen möchte, kann dies gern zu Hause tun. Wozu diese ganze „Gehirnwäsche“ bei Kindern?

Die Trennung von Staat und Religion würde die eigene Meinungsbildung fördern und dazu anregen, auch mal philosophisch an mehr als nur eine Religion heranzugehen. SCHILLING, taz.de

Religionsunterricht bietet Chance

betr.: „Lieber gar kein Bekenntnis“, taz vom 21. 8. 12

Ein Weltreligionsunterricht in den Schulen ist längst überfällig. Leider greift aber gerade der Ethikunterricht oft vollkommen daneben. Denn Religion hat mit Moral oder Ethik zunächst nichts zu tun, und ich empfinde es immer als absolut ärgerlich, wenn seitens der Religionsvertreter oder auch nicht Bekenntniszugehöriger Religion auf Moral verkürzt wird, meist noch auf eine recht biedere, bürgerliche Moral. Vor diesem Hintergrund nimmt sich nämlich gerade das Lehrmaterial für den Ethikunterricht recht beschränkt aus und begrenzt jegliche Weltsicht auf die Frage: Gutes tun, Schlechtes vermeiden. Auf einen solchen bekenntnislosen Unterricht kann ich gerne verzichten. Religion heißt vor allem, sich rück- und eingebunden zu wissen in einen größeren Zusammenhang, das heißt, über den Tellerrand hinausgucken, vernetzt zu denken, und das müsste schon bei einem theologischen Studium greifen. Aber schon an den Universitäten hütet jeder den eigenen Gral. Schade, denn Religionsunterricht bietet die einmalige Chance, (nicht nur) Ethikfragen zu besprechen, sondern überhaupt das Fragen zu lernen, und das geht weit über Ethik hinaus … HILDEGARD MEIER, taz.de

Migration mit Islam gleichgesetzt

betr.: „Lieber gar kein Bekenntnis“, taz vom 21. 8. 12

Die Einführung des Islamunterrichts in den Schulen ist der kaputte Versuch, die ideologische Lufthoheit über den Migrationsdiskurs aufrechtzuerhalten. Die Regierungsbank hat alle Arbeit geleistet, die Stimmen der Migranten durch islamische Verbandsfunktionäre zu minorisieren. Das Ergebnis ist, dass stillschweigend eine Gleichsetzung von Migration und Islam stattfindet. Statt die inzestuöse Verbindung des Staates mit der schwindenden Anhängerschar der Konfessionen aufzulösen, hat der Staat ein neues Bekenntnis gefunden, um seine Beamten mit der Zuarbeit für Minderheitenkonfessionen zu beschäftigen. Zum nüchternen Umgang mit Migration gehört, Migration als Querschnittsthema durch alle Schulfächer zu ziehen, denn so wird es auch in den Wissenschaften behandelt. Eine der Aufgaben des Erziehungswesens ist es, einen mündigen, aufgeklärten Staatsbürger auszubilden. BRANDT, taz.de

Was wäre der Gewinn?

betr.: „Lieber gar kein Bekenntnis“, taz vom 22. 8. 12

„Es wäre an der Zeit, für mehr Säkularismus zu sorgen“, so endet Pascal Beuckers Kommentar.

Stellt sich die Frage: Was wäre der Gewinn? Ist es nicht eine große Stärke der deutschen Regelung, dass die Religionslehrer wissenschaftliche Theologie studieren und eine staatliche Prüfungen ablegen? Dass SchülerInnen so mit Fachleuten in der Schule ihre religiösen Fragen aus der Binnenperspektive diskutieren können und empfindliche Themen nicht Evangelikalen und Predigern in Hinterhofmoscheen überlassen werden?

Der Religionsunterricht ist der Ort, an dem SchülerInnen sich kritisch mit ihrem eigenen Glauben auseinandersetzen und so sprachfähig werden. Ein Konzept, dass offenbar funktioniert, denn wer selbst in seinem Glauben sprachfähig ist, hat weniger Vorbehalte anderen Religionen und Kulturen gegenüber. Erst diese Sprachfähigkeit in der eigenen Religion eröffnet die Möglichkeit zum Diskurs mit anderen. Das aktuelle System ist plural, weil es Unterschiede zulassen und miteinander ins Gespräch bringen kann.

Ethik für alle will zu allem etwas sagen und bleibt dann doch an der Oberfläche. Die „säkulare“ Einheitsversion ist für SchülerInnen nicht mehr als ein Gang durch die Galerie der Alten Meister, kulturgeschichtlich interessant, und trotzdem spielt der Großteil der Klasse unbeteiligt mit dem Smartphone – weil es keinen Bezug zu ihrem Leben hat. Dafür aber ist das Thema zu wichtig.

STEVE KENNEDY HENKEL, Jugenddelegierter EKD-Synode, Bonn

Ein jämmerlicher Versuch

betr.: „Lieber gar kein Bekenntnis“, taz vom 21. 8. 12

Der „Autor“ ist also der Meinung, dass es besser ist, „wertfrei“ statt „wertvoll“ („bekenntnisorientierter Unterricht“) über etwas zu reden. Könnte eine Kuh, die traurig in ihrem Stall gefangen ist, von einer fetten Weide mit wunderbarem Klee und saftigen Gräsern erzählen? Könnte ein Hund, der in seinem Zwinger eingesperrt ist, davon erzählen, wie es ist, mit dem wunderbaren Geruch von wilden Tieren über die Flur zu jagen? Sie könnten es (leider) alle nicht. Zu behaupten, ein „Ethikunterricht“ wie in Berlin oder Brandenburg wäre die ideale Lösung, ist das Gleiche, als wäre man eine Kuh oder ein Hund, die nie das erlebt haben, wovon sie meinen, eine „Meinung“ zu haben! Ein jämmerlicher Versuch also, der übersieht, dass Bildung weit mehr ist als die Summe der Dinge, die ich meine zu wissen.

KLARTEXTER, taz.de

Anbiedernd

betr.: „Lieber gar kein Bekenntnis“, taz vom 21. 8. 12

Danke für diesen Beitrag. Es ist gerade bei „linken“ Parteien, die doch von ihren Ursprüngen her säkularistisch sein sollten, erschreckend, wie sie sich an allen möglichen religiösen Unsinn anbiedern, statt eine konsequente Trennung Staat/Religion zu fordern. Dass NRW-Löhrmann den Märchenunterricht in islamischer Variante ohne Lehrpläne oder dafür ausgebildete Lehrer startet, passt in die erschreckend inkompetente und durch Ideologien unterwanderte Bildungspolitik in diesem Land.

D. J., taz.de

Erster Schritt

betr.: „Allah wird endlich eingeschult“, taz vom 21. 8. 12

Die NRW-Landesregierung geht bewusst Risiken ein, nicht zuletzt weil angemessene Rahmenbedingungen fehlen. Es ist aber so, dass jede Reise mit dem ersten Schritt beginnt, der eben häufig auch unsicher sein kann. Daher muss man anerkennen, dass endlich etwas geschieht, statt – wie in andern Bundesländern – die Hände in den Schoß zu legen und untätig tatsächliche oder vermeintlich Missstände zu beklagen. Dubiosen „Unterrichtungen“ kann so das Wasser abgegraben werden.

MENSCHENFREUND, taz.de

Keine kritische Haltung

betr.: „Allah wird endlich eingeschult“, taz vom 21. 8. 12

In Russland erlebten wir unlängst die unappetitliche Verbindung von autoritärem Staat und inquisitorischer orthodoxer Religion. In den USA ist die evangelikale Rhetorik Taktgeber für eine asoziale inhumane Politik. In vielen Ländern ist die islamische Religion gleich ganz die Politik, und es kommt alles andere als Freiheit oder gesellschaftliche Gleichheit dabei heraus. Integration wird nur noch unter der Überschrift Religion gelesen. Der Religion wird nicht ihr Platz im Privaten zugewiesen, dem religiösen Anspruch auf gesellschaftlich-politische Indoktrination wird keine kritische Haltung entgegengesetzt. Es wird nur darauf geachtet, dass die Indoktrinationsmöglichkeiten gleich verteilt sind. Warum nicht konfessionsgebundenen Unterricht aus den Stundenplänen streichen? Es ist unangenehm zu sehen, wie die grüne Partei immer mehr dafür steht, den Bürger moralisch zu gängeln. Die großen gesellschaftlichen Fragen bleiben außen vor. Und am Ende droht uns Frau Göring-Eckardt als Kanzlerkandidatin. FOSCALEBEAU, taz.de

In Nordrhein-Westfalen wird mit Beginn des neuen Schuljahres islamischer Religionsunterricht an 44 Schulen ein ganz normales Schulfach. Damit ist Nordrhein-Westfalen das erste Bundesland, das bekenntnisorientierten Islamunterricht einführt. Es gibt bisher zwar weder Lehrplan noch qualifiziertes Personal. Dennoch freut sich Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen): „Ein Signal für die Integration der Muslime in Deutschland.“

Die Lösung ist umstritten. Linke, FDP und Verfassungsrechtler hegen Bedenken. Und die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor ist zwar „im Prinzip sehr erfreut“ über die Einführung des islamischen Religionsunterrichts, hält aber den Einfluss der im KRM zusammengeschlossenen Islamverbände für zu stark. taz-Korrespondent Pascal Beucker kommentiert, dass es Zeit wäre, „für mehr Säkularismus in Deutschland zu sorgen“.

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