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Michael Grosse-Brömer im Interview„Frauen vor Ort fördern“

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion über ungleichgewichtige Repräsentanz – und das Gebaren der AfD im Bundestag.

Fraktionsmanager in der Mitte: Michael Grosse-Brömer zwischen Merkel und Kramp-Karrenbauer Foto: dpa
Anja Maier
Interview von Anja Maier

taz: Herr Grosse-Brömer, Sie organisieren als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag den Parlamentsbetrieb mit. Was ist das Schwierigste daran, was man als Bürgerin von außen gar nicht so mitbekommt?

Michael Grosse-Brömer: Es ist immer wieder eine Herausforderung, erst mit dem Koalitionspartner die notwendigen Kompromisse zu schließen und dann bei den Abstimmungen in den Ausschüssen und im Plenum die Mehrheiten sicherzustellen.

Zumal wenn der Koalitionspartner so viel mit sich zu tun hat wie die SPD.

Die dauerhafte Selbstbeschäftigung der SPD macht die Sache nicht einfacher. Wobei man fairerweise sagen muss, dass wir als CDU und CSU zwischendurch auch schon mal weniger miteinander harmoniert haben als im Moment. Insofern sind wir auch mal Täter gewesen, nicht nur Opfer.

Beim Parteitag vergangene Woche hat Ihre Parteivorsitzende moniert, es gebe in der Unionsfraktion deutlich mehr Juristen als Handwerker. Sie sind einer von den erwähnten 80 Juristen. Teilen Sie diese Kritik?

Sicher haben wir zu wenige Handwerker in der Fraktion. Aber das liegt auch daran, dass die ihren eigenen Betrieb haben und sich überlegen müssen, ob sie den gegen die Politik eintauschen können und wollen. Für Juristen ist das einfacher zu handhaben, wenn sie nicht auch freiberuflich tätig sind.

Im Interview: Michael Grosse-Brömer

Michael Grosse-Brömer, geboren 1960 in Oberhausen, ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.

Annegret Kramp-Karrenbauer spricht von 13 Handwerkern, vier Gewerkschaftern, von gerade einmal 51 Frauen unter 246 Abgeordneten. Ist die Union nicht angewiesen auf deren Stimmen?

Wir haben großes Interesse daran, den Frauenanteil in der Fraktion zu steigern. Die Frage ist nur, wie. 2015 habe ich auf den Kreisvorsitz zugunsten einer Frau verzichtet. Ich weise auch gern darauf hin, dass wir in der CDU gleich drei Frauen in Toppositionen haben: die Kanzlerin, die Parteichefin und die EU-Kommissionsvorsitzende. Das sollen uns andere erstmal nachmachen.

Das hört man allenthalben bei der Union. Annegret Kramp-Karrenbauer warnt aber: „Wir werden nur Mehrheiten erreichen, wenn uns insbesondere die Frauen wieder wählen.“ Was halten Sie von einer verbindlichen Frauenquote?

Mir ist es zu einfach zu sagen: Wir brauchen nur eine Quote und schon ist das Problem gelöst. Wir müssen mehr Frauen für Politik begeistern. Dann kommen auch mehr Frauen in die Parlamente. Und dafür müssen wir die Rahmenbedingungen verbessern.

Was meinen Sie mit Rahmenbedingungen, wenn Sie damit keine Quote meinen?

Wir müssen gezielt Frauen vor Ort fördern. Anders als bei den Grünen und anderen Parteien, bei denen es vor allem auf einen guten Listenplatz ankommt, sind bei uns die meisten Abgeordneten direkt gewählt. Und wer da antritt, entscheidet sich im Wahlkreis. Wenn ich mich da nicht durchsetze, nutzt mir auch eine Quote nichts. Silvia Breher zum Beispiel hat sich im Wahlkreis gegen drei Männer durchgesetzt, kam 2017 in den Bundestag und ist jetzt Vize-Parteichefin. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir lange nicht so unmodern sind, wie wir manchmal dargestellt werden.

Ein anderes Thema: Markus Söder hat in seiner Rede beim CDU-Parteitag eine Unterscheidung zwischen Feinden und Gegnern in der Politik gemacht. Feind ist die AfD, Gegner sind die Grünen. Ist das übertragbar auf den alltäglichen parlamentarischen Betrieb?

Es ist natürlich ein Unterschied, ob etwa die Grünen in der Klimapolitik andere Auffassungen vertreten als wir. Da geht es dann um die Frage, wer den besseren Lösungsweg hat. Aber die AfD versucht zunehmend, den Parlamentsbetrieb zu beeinträchtigen und Institutionen zu beschädigen. Da frage ich mich schon, ob die alle auf dem Boden der parlamentarischen Demokratie stehen.

Was meinen Sie konkret?

Wenn ich an die Debatte zu 70 Jahren Grundgesetz denke, da hat der AfD-Abgeordnete Brandner einen Großteil seiner Rede gebraucht, um den auf der Ehrentribüne anwesenden Bundespräsidenten anzugreifen. Da frage ich mich: Wollen die parlamentarisch arbeiten oder wollen diese Kollegen unsere staatlichen Institutionen beschädigen?

Knallt's da manchmal in den PFG-Runden zum Start der Sitzungswochen?

Grundsätzlich arbeiten wir interfraktionell ganz gut zusammen. Aber manchmal ist auch ein klares Wort nötig wie zum Beispiel in dieser Woche. Da ging es um die Debattenzeiten. Bekanntlich sind neulich erst Abgeordnete im Plenum ohnmächtig geworden. Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundestags haben Arbeitszeiten bis in die frühen Morgenstunden. Das war nicht mehr zumutbar.

Wir als CDU/CSU haben deshalb vorgeschlagen, Debatten zu verlegen und die Zeit dafür moderat zu kürzen, um Nachtsitzungen möglichst zu vermeiden. Alle Parteien waren einverstanden, nur eine wieder nicht. Stattdessen hat die AfD nach mehrwöchigen Beratungen erst kurz vor Schluss einen völlig unpraktikablen Vorschlag gemacht. Ich habe dann gesagt: Entweder man ist nicht im Thema – oder man will gar nicht im Thema sein.

Nach über zwei Jahren mit den Rechten im Parlament: Liegt da nicht die Erkenntnis nahe, dass diese Fraktion tatsächlich nicht arbeiten möchte, sondern die Demokratie unterminieren will?

Ich sehe dafür klare Indizien. Es gibt sicher auch Kollegen der AfD, die in ihrem Fachbereich ordentlich arbeiten. Aber dann stelle ich auch fest, dass die AfD morgens um zwei Uhr mit Geschäftsordnungsanträgen ihre Spielchen spielt oder ein Ausschussvorsitzender nach dem Anschlag von Halle unsägliche Tweets absetzt. Und wenn der Fraktionschef Gauland sagt, Herr Höcke stelle die Mitte seiner Partei dar, dann möchte ich den rechten Rand dieser Partei lieber nicht kennenlernen. Geschichte wiederholt sich nicht. Aber es gab eben in Deutschland schon mal Zeiten, in denen die parlamentarische Demokratie schlecht gemacht wurde, weil man eigentlich das System ändern wollte. Hier muss die AfD-Fraktion Klarheit schaffen: Will sie inhaltlich arbeiten oder den Parlamentarismus beschädigen?

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