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Neuer Chef des BUNDMit Elan gegen die Regierung

Der BUND hat eine neue Führung. Unter Olaf Bandt will der Umweltverband Bauern bei der Agrarwende helfen – und die Regierung vor sich hertreiben.

Olaf Bandt sieht besonders bei Klimaschutz, Insektenschutz und Tierhaltung Handlungsbedarf Foto: Simone Neumann

Berlin taz | Den Bauern bei der Agrarwende helfen, den ökologischen Umbau der Gesellschaft sozial abfedern – aber gleichzeitig die Bundesregierung und die Unternehmen mit mehr politischem und juristischem Druck konfrontieren. Das ist die Strategie der neuen Führung beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die am Freitag vorgestellt wurde.

Der BUND ist mit etwa 630.000 Förderern nach dem Naturschutzbund (Nabu) der zweitgrößte deutsche Umweltverband. Der neue Vorsitzende Olaf Bandt zählte die Defizite der Regierung bei Klimaschutz, Insektenschutz oder Tierhaltung auf. Er klagte darüber, dass das Klimapaket „so schwach ausgefallen ist“ und warnte davor, „den Kohleausstieg aus der Kohlekommission infrage zu stellen“.

Die aktuellen Proteste der Bauern nannte Bandt „sozial völlig verständlich“, denn die „Bauern dürfen mit der Jahrhundertaufgabe Agrarwende nicht alleingelassen werden“.

Der neue Chef des BUND war am 9. November von der Bundesdelegiertenkonferenz in Nürnberg mit knapp 90 Prozent Stimmen gewählt worden. Der 59-Jährige kommt aus dem Verband. Als gelernter Kfz-Mechaniker kam Bandt nach Stationen bei der Öl- und der Stahlindustrie in den neunziger Jahren zum Umweltschutz. Als Ingenieur für Umwelttechnik leitete er den Politikbereich beim BUND und später dessen Kampagnen, etwa zur Abfallvermeidung.

Seine Stellvertreterinnen sind die Hamburger Klimawissenschaftlerin Johanna Baehr (42), die sich besonders mit Rechenmodellen zu Wetter und Klima befasst und Verena Graichen, 40, Landesvorsitzende des BUND in Berlin und Wissenschaftlerin in Energie- und Klimafragen beim Öko-Institut.

2020 „Jahr der politischen Wahrheit“

Bandt nannte 2020 ein „Jahr der politischen Wahrheit“. Denn es werde sich zeigen, ob der Klimaschutz mit dem neuen Gesetz in Schwung komme, ob eine neue Agrarpolitik mit der neuen EU-Kommission machbar sei und ob sich Deutschland in seiner EU-Ratspräsidentschaft für eine ökologische Wende einsetze. Er warnte die Bundesregierung davor, an den Regeln für die Gemeinnützigkeit von Umweltverbänden zu schrauben, die bedeuten könnten, dass „wir uns entscheiden müssten, ob wir politisch oder gemeinnützig sind“.

Bei aller Kompromissbereitschaft machte Bandt auch deutlich, dass er die BUND-Unterstützer gegen die Politik der Regierung mobilisieren wolle. „Wenn die Regierung praktisch ihre Gestaltungsmöglichkeiten aufgibt, werden für uns Volksentscheide, Klagen, Druck auf Unternehmen und ziviler Ungehorsam immer wichtiger“, so Bandt.

Olaf Bandt folgt auf Hubert Weiger, der zwölf Jahre lang den BUND geleitet hat. Der 72-jährige Weiger hatte als gelernter Forstwirt immer die Land- und Waldwirtschaft besonders im Auge, richtete den BUND in seiner Amtszeit aber auch als schlagkräftige Kampagnen-Organisation in Berlin aus.

Als Erfolg seiner Arbeit nennt Weiger im Rückblick den deutschen Atomausstieg nach Fukushima, die großen Agrardemonstrationen „Wir haben es satt“ zur Grünen Woche und das „Grüne Band“, das ein Netz von Biotopen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze gerettet hat.

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3 Kommentare

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  • @ Pfanni: Der Unterschied liegt darin, dass die Bundesregierung beim Klimaschutz und den genannten Politikfeldern rechtliche Beschlüsse wie das Paris-Abkommen getroffen hat, und ihr Handeln in keinster Weise danach ausrichtet sondern diametral entgegen handelt. Insofern erinnert der BUND nur an geltende Beschlüsse, wohingegen die unnötig ins Spiel gebrachte Verbindung zur AfD nur menschenverachtend, demokratiefeindlich und nicht zukunftsfähig ist.

  • „„Wenn die Regierung praktisch ihre Gestaltungsmöglichkeiten aufgibt, werden für uns Volksentscheide, Klagen, Druck auf Unternehmen und ziviler Ungehorsam immer wichtiger“, so Bandt“



    Dieses Zitat von Herrn Brandt wurde im Untertitel des Beitrags durchaus zutreffend zusammengefasst mit: „... – und die Regierung vor sich hertreiben“. Allerdings erinnert das doch fatal an den von Herrn Gauland (AfD), ebenfalls an die Regierung gerichteten, Ausspruch: „Wir werden sie JAGEN!“.



    Ich fürchte, andere Parteien und Organisationen werden bald ebenfalls auf diese Linie einschwenken, um mit derartigen Kampfansagen Punkte bei ihren jeweiligen Anhängern zu sammeln. Wenn es nur noch darum geht, die eigenen Ziele im Kampf GEGEN Andere zu erreichen, ist das dann noch Politik?

    • @Pfanni:

      Also zwischen einem martialischem "JAGEN" und "vor sich hertreiben [wie Vieh?]" und andererseits der Nutzung von Volksentscheiden und Klagen liegen ja wohl noch ein paar Unterschiede?

      Da muss man schon viel negative Fantasie haben, wenn man den BUND damit diskreditiert, dass er Methoden wie die Faschistenpartei anwenden will.

      Ausserdem ist politisches Agieren bei gegensätzlichen Ansichten nunmal naturgemäss gegeneinander, aber von "Kampf" steht da kein Wort. Das hat Ihnen ihre negative Fantasie eingegeben.