Neuer Kurs der EU-Investitionsbank: Europa steigt aus Gas aus
Aktivisten und NGOs feiern einen „Klimaerfolg“. Lange war Deutschland gegen einen Ausstieg der EU-Förderbank EIB aus fossilen Energieträgern.
Der Vorsitzende der EIB, der ehemalige FDP-Generalsekretär Werner Hoyer, hatte noch im Sommer angekündigt, sein Institut zur „Klimaschutzbank“ machen zu wollen, um die EU beim Erreichen ihrer Klimaschutzziele zu unterstützen. In Infrastruktur zur Energieproduktion mit fossilen Brennstoffen sollte deshalb ab 2021 nicht mehr investiert werden.
Den Bau neuer Kohlekraftwerke unterstützt die Staatsbank schon länger nicht mehr. Nun sollte auch die Vergabe günstiger EIB-Kredite für Bauprojekte im Gasbereich kategorisch ausgeschlossen werden. In einigen EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, stieß dieser Vorschlag auf Kritik.
Dagegen hatte unter anderem FFF noch am Dienstag vor dem Berliner Finanzministerium demonstriert. Erdgas gilt als umweltfreundlichere Energiequelle als Kohle und soll der EU-Kommission zufolge beim Übergang hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft eine wesentliche Rolle spielen.
Grenzwert für Förderung gesenkt
In den neuen EIB-Förderregeln ist nun vorgesehen, dass pro erzeugter Kilowattstunde Strom lediglich 250 Gramm CO2 anfallen dürfen. Bei traditionellen Gaskraftwerken liegt der Wert in der Regel höher. Der EIB-Grenzwert lag bislang bei 550 Gramm.
Die EIB gehört den derzeit 28 EU-Staaten, ihre Anteile am Kapital der Bank richten sich nach ihrem wirtschaftlichen Gewicht innerhalb der EU zum Zeitpunkt ihres Beitritts. Seit ihrer Gründung 1958 hat die EIB Kredite im Wert von mehr als einer Billion Euro vergeben.
Die EU-Länder bestimmen als Anteilseigner der EIB über deren strategische Ausrichtung. Im Verwaltungsrat des Luxemburger Finanzinstituts verfügen sie über ein ihrem Anteil am Kapital entsprechendes Stimmgewicht. Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien halten mit jeweils 16 Prozent die meisten Anteile.
Union war zunächst dagegen
Am Dienstag war bekannt geworden, dass die Bundesregierung bis dahin keine gemeinsame Position hatte finden können. Während die SPD-geführten Ministerien die strategische Neuausrichtung der EIB im Energiebereich unterstützten, waren die Unionsparteien weiterhin dagegen. Deutschland werde sich bei der Abstimmung enthalten müssen, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium.
Einem Ende der Unterstützung von Gasprojekten ab 2022 konnte die Bundesrepublik dann am Ende offenbar doch zustimmen. Das Stimmverhalten der einzelnen Länder wurde zwar zunächst nicht bekannt. Allerdings sei die Entscheidung mit den Stimmen von „mehr als 90 Prozent der Anteilseigner“ gefallen, sagte EIB-Vize Andrew McDowell.
Von einem „großen Sieg für die europäische Zivilgesellschaft, die seit Monaten für ein Ende der fossilen Geschäfte gekämpft hat“, sprach Regine Richter, Energie-Campaignerin bei Urgewald. Mit dem Beschluss zeige „die EIB als erste multilaterale Bank, dass sie die Konsequenzen des Pariser Klimabeschlusses verstanden hat. Gas ist Teil des Problems und nicht der Lösung, die Zeit fossiler Energieträger ist endgültig abgelaufen. Dem großartigen Signal müssen Möchtegern-Klimaschutzbanken wie die Weltbank folgen.“
„Venedig steht unter Wasser“
Auch der BUND hält die Entscheidung der EIB für „gut. Sie zeigt: Das Zeitalter der Fossilen neigt sich dem Ende zu. Unverständlich bleibt jedoch, dass sich die Bank nicht sofort aus der Finanzierung von klimaschädlichen Projekten zurückgezogen hat. Venedig steht unter Wasser. Wir können die gravierendsten Folgen der Klimakrise nur verhindern, wenn wir schnell aus Kohle, Öl und Gas aussteigen.“
Der EU-Abgeordnete der Grünen Michael Bloss kritisierte hingegen den „Zickzackkurs“ der Bundesrepublik in der Klimapolitik: Erst zu blockieren, sich dann enthalten zu wollen und schließlich einem Kompromiss zulasten des Klimas zuzustimmen, sei kein ernstzunehmendes Engagement für das Pariser Klimaschutz-Abkommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!