Der Film „Der kleine Rabe Socke 3“: Prominent besetzte Tonspur
„Der kleine Rabe Socke 3“ ist in den Kinos. Wieder gibt der Hamburger Sänger Jan Delay dem Zeichentrick-Vogel seine Stimme.
Und einige sind ja auch erfolgreich. Mehr als eine Million Menschen haben die ersten beiden langen Zeichentrickfilme über die Abenteuer des kleinen Raben Socke im Kino gesehen. Nicht überraschend, dass eine weitere Fortsetzung entstand: „Der kleine Rabe Socke – Suche nach dem verlorenen Schatz“ ist vergangene Woche angelaufen.
Für die, die ihn nicht kennen: Socke lebt im Wald, adoptiert von einer Dachsfamilie. Er ist also nicht allein, aber ein Außenseiter. Sein bester Freund ist der starke, ein wenig phlegmatische Eddi Bär. Zu ihnen gesellt sich dann noch das gewitzte und mutige Bibermädchen Fritzi.
Der kleine Rabe hat schon eine lange Vermarktungskette hinter sich: 1996 entwarf ihn die Illustratorin Annet Rudolph für das Bilderbuch „Alles meins!“ von Autorin Nele Moost. Ob beide damals Post von empörten Ornithologen bekommen haben? Mit seinem gelben Schnabel und den roten Füßen ist Socke strenggenommen kein Rabe – am ehesten noch eine Alpendohle. Den Kindern ist das egal: Sie lieben diesen frechen Helden, der sich auch mal vertut und dann von seinen guten Freunden – auch durchweg niedliche Tiere – zurückgebracht wird auf den richtigen Weg.
Rund 100 Bilder-, Lern- und Malbücher für Kinder im Vorschulalter haben Moost und Rudolph über den kleinen Raben geschrieben und gezeichnet. Dazu entstanden 26 anfangs teilanimierte Kurzfilme, die auf den Geschichten basierten; sie liefen dann im Kinderfernsehen, zunächst bei „Unser Sandmännchen“. Seit 2016 sendet der öffentlich-rechtliche Kinderkanal Kika eine inzwischen 52-teilige Zeichentrickserie.
Die aber ist erkennbar billiger produziert als die Kinofilme: 2012 kam „Der kleine Rabe Socke“ heraus, 2015 die Fortsetzung „Das große Rennen“. Wie bei Animationsfilmen üblich, entsteht „Der kleine Rabe Socke“ fürs Kino in mehreren Animationsstudios, mehr als 50 Animatoren arbeiteten schon daran – viele davon in Deutschland, aber wie ebenfalls üblich in der Branche: Die besonders arbeitsintensiven Aufträge vergab man an spezialisierte Firmen in Asien. Alle drei bisherigen Drehbücher schrieb Katja Grübel, eine „Head-Autorin“ der Kika-Serie. Das Produkt ist also schon lange von seinen beiden ursprünglichen Schöpferinnen Rudolph und Moost gelöst.
Mit 73 Minuten Länge entspricht der jüngste Rabe-Socke-Film der Aufnahmefähigkeit der jungen Kinogänger. Die Geschichte von der Schatzkarte, die beim ungeliebten Dachbodenaufräumen auftaucht, wird in ruhigem, kindgerechtem Tempo erzählt; auch wenn es abenteuerlich wird, geschieht das so maßvoll aufregend, dass sich nicht mal kleinste Zuschauer fürchten dürften; freigegeben ist der Film übrigens ohne Altersbeschränkung. Gestaltet ist der Trickfilm in warmen, leuchtenden Farben, und das Regie-Duo Verena Fels und Sandor Jesse waren so klug, bei der Gestaltung nah dran zu bleiben am klaren Strich der Illustrationen von Annet Rudolph.
Erklären lässt sich der große Erfolg des Franchise wohl am Besten dadurch, dass der kleine Held die Lebenserfahrungen kleiner Kinder spiegelt: Er ist neugierig und will alles ausprobieren, macht aber dabei Fehler und schmollt dann schnell. Am Anfang des neuen Films fällt er in eine Torte. Als er dann zur Strafe den Dachs'schen Dachboden aufräumen muss, fühlt er sich, als wäre die ganze Welt gegen ihn. Das kennen kleine Kinder, und für sie ist Socke einerseits wie ein noch kleinerer Bruder; andererseits motzt er auch mal selbstbewusst gegen die Großen.
Fast so wichtig wie eine gute, das Zielpublikum ansprechende Animation ist bei Trickfilmen die Synchronisation: Die amerikanischen Studios lassen nicht umsonst schon seit Langem die Stimmen der Figuren von vielen der bekanntesten (und teuersten) Kinostars einsprechen. Und das eben auch für die anderen Märkte. So erhielt etwa in der deutschen Fassung der „Ice Age“-Filme das Faultier Sid die Stimme von Komiker-Star Otto Waalkes.
Eine ähnlich inspirierte Wahl war es, den kleinen Raben Socke vom Hamburger Sänger und Rapper Jan Delay sprechen zu lassen, der ja etwa auch den Willi in den Animationsfilmen um die Biene Maja gibt. Hier nun trifft er genau den aufmüpfigen, übermütigen Ton dieses kleinen Helden, der umso mehr klingt wie ein kleiner cooler gefiederter Rebell.
„Der kleine Rabe Socke 3 – Suche nach dem verlorenen Schatz“. Regie: Verena Fels, Sandor Jesse, D 2019, 73 Min.
Auch so ein international eingeführtes Animations-Erfolgsrezept: die Handlung regelmäßig durch Lieder zu unterbrechen (man denke nur an diverse Disney-Produktionen). Dabei ist einer wie Delay natürlich in seinem Element, neben einem „Schatzlied“ singt er in einem „Königslied“, wie gerne er ein „Bestimmer“ wäre – erwachsenes Publikum dürfte sich daran erinnert fühlen, dass ein gewisser Rio Reiser mal ein inhaltlich sehr ähnliches Lied geschrieben und gesungen hat.
Noch ein Komiker: Dieter Hallervorden ist spätestens seit seiner Rolle in „Honig im Kopf“ der Opa der Nation – und insofern folgerichtig als „Opa Dachs“ besetzt worden. Und es gibt innerhalb der Rabe-Reihe schon einen ersten Generationenwechsel, der noch dazu verdeutlicht: Es gibt mindestens eine Schauspielerinnen-Dynastie im Land: In den ersten beiden Filmen hatte Katharina Thalbach „Tante Dachs“ gesprochen, ihre Tochter Anna übernahm ihre Dachs-Tochter. Im neuen Film nun ist Anna als Tante zu hören. Die Dachs-Tochter spricht jetzt Annas Tochter, Nellie Thalbach – und war dafür prompt für den Deutschen Animationssprecherpreis 2019 nominiert. In der Branche werden Kinderfilme also durchaus ernst genommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!