Landwirt:innen protestieren in Berlin: Mit Kuhglocken gegen das Agrarpaket
Am Dienstag haben 10.000 Landwirt:innen gegen schärfere Umweltauflagen protestiert. Julia Klöckner warb um Verständnis für die Demonstrierenden.
Das Bündnis „Land schafft Verbindung“ hatte über soziale Netzwerke zur Großdemonstration aufgerufen. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner war vor Ort und kündigte für Montag, den 2. Dezember ein Treffen bei Kanzlerin Angela Merkel an, zu dem rund 40 landwirtschaftliche Organisationen eingeladen seien.
Bereits am frühen Dienstagmorgen bildeten sich kilometerlange Trecker-Konvois in Brandenburg, die den Berufsverkehr zum Teil behinderten. Zur Kundgebung kamen nach Angaben der Veranstalter:innen rund 10.000 Landwirt:innen. Auf den vielen Plakaten und Bannern standen Sprüche wie „Wer Bauern quält, wird abgewählt“ oder „Ist der Bauer ruiniert, wird dein Essen importiert“.
Der Protest richtete sich unter anderem gegen geplante schärfere Vorgaben zum Insekten- und Umweltschutz und gegen Düngebeschränkungen zum Schutz des Grundwassers. Diese würden die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe gefährden. Außerdem wurde das Mercosur-Handelsabkommen und das „Bauernbashing“, also eine generell empfundene Missachtung der Politik und verschiedener NGOs gegenüber dem Berufsstand, kritisiert.
Opposition fordert grundlegende Änderungen an Agrarpolitik
Bundesumweltministerin Svenja Schulze warb vor demonstrierenden Bauern indes für klare Regeln zum Schutz von Grundwasser und Insekten. Sie wolle, dass Landwirte „Teil der Lösung“ seien, und setze darauf, dass auch die Bauern ein Interesse daran hätten, dass es in Zukunft noch sauberes Wasser und Bestäuber gebe. Nach Schulzes Rede gab es Buhrufe. Bereits vor dem Auftritt hatte ein Redner ihren Rücktritt gefordert.
Wenige Stunden zuvor hatte sich Klöckner während einer Landwirtschafts-Etatdebatte im Bundestag für mehr Verständnis für die Lage der Landwirte ausgesprochen. „Sie haben es satt, aus städtischer Perspektive belehrt zu werden, wie Landwirtschaft auszusehen hat“, sagte sie. Zugleich betonte sie, dass strengere Düngeregeln umgesetzt werden müssten, um EU-Strafzahlungen wegen zu viel Nitrat im Grundwasser zu verhindern.
Abgeordnete aus Opposition und SPD forderten grundlegende Änderungen der Agrarpolitik. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte, das EU-Subventionssystem müsse von Masse auf Klasse umgestellt werden. Die Linken-Abgeordnete Heidrun Bluhm-Förster betonte, dass Umwelt und Tierschutz nicht allein von den Landwirt:innen zu stemmen seien.
Der Bundestagsfraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, hatte den demonstrierenden Landwirt:innen bereits vor Beginn der Demo vorgeworfen, sie verfolgten einen „falschen Ansatz“. Zugleich müsse man die Landwirte verstehen. „Sie stehen nach Jahren falscher Agrarpolitik wirklich mit dem Rücken zur Wand.“
Es ist nicht das erste Mal, dass die verärgerten Landwirt:innen demonstrieren. Bereits Ende Oktober wurde bundesweit protestiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen