: Genuss, der Gutes bewirkt
Mit nachhaltigen Leckereien unterm Weihnachtsbaum macht man nicht nur den Beschenkten eine Freude: vegane Präsente, verpackungsfreie Lebensmittel, Kulinarisches aus Konfliktregionen und Foodsharing-Boxen
Von Katja-Barbara Heine
Weihnachten ist das Fest der Liebe, und Liebe, so sagt man, geht durch den Magen. Was läge also näher als eine kulinarische Überraschung zum Fest? Einige Lebensmittel- und Food-Projekte bereiten nicht nur Genuss, sondern bewirken darüber hinaus Gutes. Etwa, indem sie Klima und Umwelt schonen oder Menschen über Grenzen hinweg zusammenbringen. Im Englischen gibt es hierfür die Bezeichnung „impact food“. Vier leckere Ideen für ein etwas anderes Weihnachtsgeschenk:
Ohne Tierleid
Dass Veganer wirklich auf nichts verzichten müssen, zeigt das Sortiment des Onlineshops Vegansnacks: 2.000 Produkte werden hier angeboten, vom veganen Hack über Ei-Ersatz zum Backen bis hin zu Obst und Gemüse direkt vom Feld. Es gibt Veganer-Starter-Pakete, Smoothie-Boxen oder vegane Rohkostboxen. Kunden können ihre tierleidfreien Körbe aber auch selbst zusammenstellen und sich dabei nach den individuellen Vorlieben der Beschenkten richten. Praktisch: Eine Filterfunktion ermöglicht es, Allergien zu berücksichtigen, indem zum Beispiel nur nach gluten- oder nussfreien Produkten gesucht wird, auch verschiedene Bio- oder Fairtrade-Siegel können als Suchkriterium hinzugezogen werden. Dann noch einen der dekorativen Präsentkörbe ausgesucht – und fertig ist die vegane Weihnachtsüberraschung, die direkt nach Hause geliefert wird.
Mehr Informationen unter: www.vegansnacks.de
Weg mit Einweg
Den Plastikwahnsinn stoppen und Abfall reduzieren – darum geht es Milena Glimbovski, Gründerin des Supermarkts Original Unverpackt. Schließlich produziert jeder Bundesbürger durchschnittlich 617 Kilo Müll im Jahr. Bei ihr wird ausschließlich verpackungsfrei eingekauft, Nüsse, Nudeln oder Öl kommen aus Spendern, die an der Wand installiert sind. Kunden bringen dafür ihre eigenen Behältnisse mit oder können Gläser beim ersten Besuch dazu kaufen. Deren Gewicht wird beim Check-in registriert und dann beim Wiegen der Ware wieder abgezogen. Das Geschäft in der Wiener Straße ist stadtbekannt, vor wenigen Wochen hat in der Großbeerenstraße in Kreuzberg die zweite Filiale eröffnet. Mit Online-Seminaren möchte Glimbovski andere Menschen dazu bewegen, Unverpackt-Supermärkte zu eröffnen. Auch online kann bestellt werden. Da geht es leider noch nicht ganz ohne Verpackung, doch immerhin ist diese recycelt.
Mehr Informationen unter: original-unverpackt.de/, Läden in der Wiener Straße 16 und der Großbeerenstraße 27A
So schmeckt Frieden
Safran aus Afghanistan, gerösteter Weizen aus Palästina, grüner und schwarzer Tee aus Myanmar: Salem El-Mogaddedi und Gernot Würtenberger reisen seit 2016 in Krisengebiete und suchen dort nach landestypischen Lebensmitteln, die sie hierzulande unter dem Label Conflictfood verkaufen. Durch den fairen und direkten Handel mit Kleinbauern werden die lokalen Strukturen gestärkt und neue Perspektiven geschaffen. „Die Vision von Conflictfood ist es, Schranken abzubauen – vor allem die im Kopf“, sagt Co-Gründer Salem El-Mogaddedi. „Für uns ist Essen ein völkerverständigendes Gesellschaftsprinzip, weit über Grenzen hinaus. Dieses friedensstiftende Potenzial wollen wir Biss für Biss entfachen.“ Die Nahrungsmittel aus der Ferne werden in Berlin in Werkstätten für Menschen mit Behinderung zu hübschen Friedenspaketen verpackt: Jeder Packung liegt eine Zeitung bei, die über den Konflikt informiert, aber auch über Geschichte und Esskultur des jeweiligen Herkunftslandes. Bestellt wird online, wer die Produkte vorher ansehen möchte, hat im Showroom in der Kreuzberger Böckhstraße die Gelegenheit. Die Preise beginnen bei 7,50 Euro, im Geschenkkorb für 85 Euro sind dann sämtliche Lebensmittel der Initiative enthalten. Mit einem Teil des Erlöses werden Bildungseinrichtungen in der jeweiligen Konfliktregion unterstützt. Die Conflictfood-Produktpalette wird möglicherweise bald um Pistazien aus Syrien oder Kaffee aus Jemen erweitert.
Mehr Informationen unter: www.conflictfood.de, der Conflictfood Showroom ist in der Böckhstraße 13
Geretteter Genuss
Abgelaufene Lebensmittel zu Weihnachten verschenken – der Gedanke mag zunächst gewöhnungsbedürftig sein. Doch es gibt durchaus Gründe, sich darüber ganz besonders zu freuen, wie Raphael Fellmer, Gründer der Rettermärkte Sirplus, meint: „Sie wären sonst verschwendet worden. In Deutschland landet pro Minute eine Lkw-Ladung Lebensmittel auf dem Müll, obwohl diese noch genießbar wären. Wir wünschen uns, dass alle produzierten Lebensmittel auch gegessen werden können.“ Sirplus „rettet“ überschüssige oder abgelaufene Lebensmittel vor der Tonne und verkauft sie bis zu 80 Prozent günstiger in den Rettermärkten in Berlin und im Onlineshop. Dabei arbeitet das Unternehmen direkt mit Produzenten und Großhändlern zusammen. Dass die Lebensmittel mit überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum tatsächlich noch genießbar sind, wenn sie in den Verkauf gehen, wird natürlich kontrolliert. Die von Raphael Fellmer 2011 ins Leben gerufene Foodsharing-Bewegung hat mittlerweile über 60.000 ehrenamtliche Mitarbeiter, und Sirplus betreibt vier Outlets in Berlin. Zusammengestellte Retterboxen können dort oder online gekauft werden, zudem sind Gutscheine erhältlich.
Mehr Informationen unter: www.sirplus.de, Rettermärkte gibt es in Steglitz, Neukölln, Friedrichshain und Prenzlauer Berg
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