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SV Wilhelmshaven holt Ex-NationalspielerOdofix bei den Galliern

Der SV Wilhelmshaven gilt als gallisches Dorf der Fußballwelt. Nun bekommt der Bezirksligist Verstärkung von Ex-Nationalspieler David Odonkor.

Immer noch aktiv: David Odonkor (links) beim Spiel der DFB-All-Stars gegen Italien am 7. Oktober Foto: dpa

Hamburg taz | In der Fußballwelt gilt der SV Wilhelmshaven (SVW) seit Jahren nicht nur deshalb als gallisches Dorf, weil die Stadt wie das literarische Vorbild links oben auf der Landkarte liegt. Der Klub hat sich seinen Ruf dadurch verdient, sich wie kein anderer dem Imperium des Fußballweltverbands Fifa zu widersetzen. Der Kampf endete zwar mit einem juristischen Teilerfolg vor dem Bundesgerichtshof – wurde aber mit dem Zwangsabstieg aus der Regional- und anschließender Talfahrt in die Bezirksliga teuer bezahlt.

Um sportlich den Weg wieder nach oben zu gehen, hat der Verein einen Spieler verpflichtet, der wie die gallischen Helden eine Spezialbegabung besitzt: die Schnelligkeit. Als es bei der Heim-WM 2006 im zweiten Gruppenspiel gegen Polen nach 90 Minuten und 46 Sekunden noch 0:0 stand, erlief der eingewechselte Rechtsaußen David Odonkor einen langen Ball, servierte präzise in die Mitte, wo Oliver Neuville zum Siegtreffer einschoss. Das Tor gilt als Initialzündung zum darauf folgenden „Sommermärchen“ und machte Odo, wie er von den Teamkollegen genannte wurde, zum Shooting-Star.

Am vergangenen Mittwoch kamen diese beiden Geschichten im niedersächsischen Ammerland zusammen. Kurz vor dem Bezirksliga-Spiel beim FC Rastede, wo Odonkor als Zuschauer auftauchte, hatten die Wilhelmshavener dessen Verpflichtung bekannt gegeben. „Wir haben aufgrund unserer relativ dünnen Personaldecke noch nach Verstärkungen gesucht“, sagte SVW-Manager Christian Schütze zur taz.

Über einen befreundeten Spielerberater habe er Odonkors Kontaktdaten erhalten und ihn angerufen. „David, bitte nicht lachen, wir brauchen dich“, habe er gesagt. Odonkor sei schnell bereit gewesen zu helfen. „Es gibt tatsächlich Menschen, die tun so etwas“, sagt Schütze. Finanzielle Verabredungen seien bei der Entscheidung nicht im Spiel gewesen.

Juristische Auseinandersetzung

Die sportliche Situation der Wilhelmshavener ist weiterhin von der juristischen Auseinandersetzung mit dem Norddeutschen Fußball-Verband (NordFV) überlagert. Die nahm ihren Anfang in der Saison 2006/2007, als für kurze Zeit der italienisch-argentinische Spieler Sergio Sagarzazu den damaligen Drittligisten verstärkte. Aufgrund einer Fifa-Richtlinie, die eigentlich kleine Clubs vor der Finanzkraft der Großen schützen soll, forderten zwei seiner früheren argentinischen Vereine insgesamt rund 160.000 Euro Ausbildungsentschädigung vom SVW.

Der sah nicht ein, die Summe zu zahlen, woraufhin die Fifa über den DFB Druck auf den NordFV ausübte, den Club zum Ende der Saison 2013/14 aus der Regionalliga auszuschließen. Da keine Lizenz für die darunter liegende Oberliga vorlag, ging es gleich zwei Klassen tiefer in die sechste Liga. Der Abwärtstrend konnte erst in der Bezirksliga gestoppt werden, wo der SVW momentan auf Platz 2 liegt.

Nach jahrelangem juristischem Kampf erklärte der Bundesgerichtshof den Zwangsabstieg 2016 zwar für unrechtmäßig. Die Wiedereingliederung in die Regionalliga ist Ende 2018 vom Oberlandesgericht Bremen allerdings abgewiesen worden. Ende dieses Jahres wird die Sache nun vorm Bundesgerichtshof verhandelt.

Erst Anfang 2020 wird Odonkor für Einsätze zur Verfügung stehen, da er vorher keine Spielberechtigung erhält. Der im ostwestfälischen Bünde geborene 16-fache Nationalspieler hatte nach Stationen unter anderem bei Borussia Dortmund, Alemannia Aachen und Betis Sevilla 2013 seine aktive Karriere beendet.

Danach folgten einige Stationen als Trainer bei unterklassigen Klubs, zuletzt war er sportlicher Leiter des türkischen Zweitligisten Eskişehirspor. In der Öffentlichkeit präsent war er in TV-Shows wie „Promi Big Brother“, wo er 2015 als Sieger 100.000 Euro gewann.

Für Odonkor bedeutet das Engagement in Wilhelmshaven nicht die Fortsetzung seiner Spielerkarriere. „Ich möchte mit Freunden kicken“, sagte er gegenüber der Presse. Christian Schütze bestätigte, dass Odonkor nicht am Training teilnehmen werde, sondern als Standby-Spieler immer dann anreise, wenn er gebraucht werde und sein Zeitplan es zulasse.

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