EU-Osterweiterung: Viele Versprechen, keine Zusagen
Dass die Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien noch immer nicht gestartet sind, ist kein gutes Signal für die beiden Länder.
Z weimal schon haben die EU-Minister:innen die Entscheidung verschoben, und auch am Dienstag gab es in Luxemburg kein Ja zum Start der Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien. Für die beiden Balkanländer ist das ein fatales Signal.
Eigentlich hatte ihnen die EU-Kommission schon im Mai bescheinigt, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht haben. Albanien hat Maßnahmen gegen die Korruption im Land ergriffen und das Justizsystem reformiert. Für Nordmazedonien aber ist Frankreichs Veto beim EU-Ministertreffen besonders bitter: Das Land hat im Februar im jahrzehntelangen Namensstreit mit Griechenland eingelenkt und sich umbenannt. Ein für das Land drastischer Schritt, der in der Bevölkerung höchst umstritten war und den die EU nun trotz Versprechen nicht belohnt.
Die Umbenennung allein zeigt, was eine Beitrittsperspektive auf dem Balkan bewirken kann. Ähnlich verfahrene Konflikte wie jener zwischen Nordmazedonien und Griechenland gibt es dort genug, etwa mit Serbiens Forderungen nach ethnisch reinen Gebieten und Provokationen in Richtung Kosovo oder in den zersplitterten Republiken Bosnien und Herzegowinas.
Nun aber tritt die EU-Beitrittsperspektive auch für diese Länder in weite Ferne. Und damit ein Anreiz, diese Konflikte beizulegen. Denn Albanien, Nordmazedonien und anderen fehlt zunehmend das Ziel und ein übergeordneter Ansporn für Reformen, den ein EU-Beitritt bieten kann.
Dieser Effekt aber kann auch nicht im Sinne der EU sein: Länder wie China, Russland und die Türkei stehen dort nicht nur in den Startlöchern, sondern schaffen vor Ort längst Fakten: China baut seine Seidenstraße auf dem Balkan weiter aus, die Türkei errichtet überdimensionale Moscheen und der serbische Regierungschef Aleksandar Vučić orientiert sich schon lange am Stil Wladimir Putins. Themen wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dürften durch das gebrochene EU-Versprechen in Südosteuropa nicht gerade weiter nach oben wandern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“