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Streit um Stauffenberg-GedenkenAngst vor Ambivalenz

In Hannover setzt sich ein Arbeitskreis für eine Stauffenberg-Gedenktafel ein. Die Stadt rührte sich nicht, bis die AfD das Thema aufgriff.

Umstritten als Vorbildfigur: Claus Schenk Graf von Stauffenberg Foto: dpa

Hamburg taz | Öffentliche Erinnerung ist eine Standortbestimmung. Ein Gemeinwesen kann sie nutzen, um darüber nachzudenken, wen man als vorbildlich empfindet und, noch grundsätzlicher, was man als vorbildlich versteht. Das ist inspirierend und anstrengend zugleich und vielleicht liegt es an Letzterem, dass man in Hannover die Frage, ob und wie man an Graf von Stauffenberg, den Attentäter des 20. Juli, erinnert, weitgehend aussitzt.

Ausgangspunkt war die Initiative von Wolfgang Leonhardt, Leiter des Geschichtskreises Hannover-List, der vorschlug, eine Tafel am Haus im Lister Kirchweg anzubringen, in dem Stauffenberg mit seiner Familie in den 1930ern zwei Jahre lang gelebt hatte. In der Umgebung hängen zwei Gedenktafeln, eine verweist auf zwei SPD-Mitglieder, die von den Nazis erschossen wurden, eine andere auf den früheren Standort eines NSDAP-Museums. Für Leonhardt wäre eine Gedenktafel am Hause Stauffenbergs eine „Vervollständigung der Geschichte“, deren Spuren auf den Stadtteilspaziergängen nachgegangen wird.

Leonhardt hat vor acht Jahren erstmals Stadt, Stadtrat und Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises eine Gedenktafel vorgeschlagen – daraufhin geschah jahrelang nichts. Ihm ist es „ein Rätsel“. Anja Menge, die Sprecherin des Oberbürgermeisters, dem die Entscheidung letzten Endes obliegt, schreibt dazu, dass die Rolle Stauffenbergs „unterschiedlich bis gegensätzlich bewertet“ wurde. Deshalb sei „sowohl in Fachkreisen, in der Verwaltung und auch in Ratsgremien immer wieder ergebnisoffen diskutiert“ worden, „ob und wie Stauffenberg passend gewürdigt werden kann“.

Diese Lücke nutzte die AfD im Bezirksrat Vahrenfeld-List und stellte dort im Januar den Antrag, eine Gedenktafel vor dem Haus im Kirchweg aufzustellen, versehen mit einem QR-Code, der zum Wikipedia-Eintrag Stauffenbergs führt. Der Bezirksrat lehnte den AfD-Antrag ab; CDU und SPD stellten gemeinsam einen Alternativ-Antrag, in dem sie eine bloße Gedenktafel ohne weitere Verweise forderten.

„Verspätet im Widerstand“

Bezirksbürgermeisterin Irma Walkling-Stehmann (SPD) sagt, Wolfgang Leonhardt sei „immer wieder“ – es ist das „immer wieder“, das auch aus dem Oberbürgermeisterbüro zu hören ist – an sie herangetreten. „Ich will mich ihm nicht in den Weg stellen.“ Dennoch bleibt das Gedenken an Stauffenberg für sie ambivalent: „Er war für mich ein bisschen verspätet im Widerstand.“ Und: „Als Offizier der Wehrmacht weiß man, worauf man sich einlässt.“ Und gerade deshalb möchte sie keine Gedenktafel, die durch zusätzliche Erläuterungen hervorgehoben ist.

Dass die AfD in List die Erinnerung an Stauffenberg an sich zieht, ist symptomatisch. „Sie wollte den anderen Parteien eine reinwürgen“, so beschreibt es Leonhardt lakonisch. „Die neue Rechte bemüht sich seit zehn Jahren, Stauffenberg zu vereinnahmen“, sagt Johannes Tuchel, der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Das sei „Missbrauch“, dem man vor allem publizistisch entgegentreten müsse. Nachkommen Stauffenbergs haben sich mehrfach gegen solche Bestrebungen der AfD gewehrt, einer der Enkel nannte die Inszenierung seines Großvaters als Rechtsnationalen gegenüber der Süddeutschen Zeitung „abartig“.

Die Diskussion um Stauffenbergs Aktivitäten in der Wehrmacht und um die Frage, wie demokratisch seine Vorstellungen eines Nach-Hitler-Regimes waren, wird laut Tuchel unter HistorikerInnen schon lange geführt. Neu sei, dass dies inzwischen auch eine breitere Öffentlichkeit erreicht habe. Stauffenberg ist für ihn eine „Persönlichkeit mit Brüchen“, ein Mensch, der „eine Entwicklung hin zu einem entschiedenen Gegner des Nationalsozialismus“ vollzogen hat.

Es ist bemerkenswert, dass eben das für viele der KritikerInnen ausschließlich ein Makel ist. Ihr Anspruch an ein Vorbild droht damit ein absoluter zu werden. Was sich in Sachen Vorbildfunktion als Bumerang erweisen kann: Wo der Abstand zwischen sich selbst und dem fehlerlosen Vorbild ohnehin riesig ist, kann man sich entmutigt zurückziehen.

Im Bezirksrat enthielten sich die Grünen der Stimme, weil sie sich keinem von der AfD initiierten Gedenken anschließen wollten, berichtet die HAZ. Doch dass sich der Rat letztendlich für eine Gedenktafel entschieden hat, spielt praktisch keine Rolle, denn es hat nur Empfehlungscharakter. Und: Der Eigentümer des Hauses im Kirchweg hat das Anbringen einer Tafel abgelehnt, weil es dafür keinen geeigneten Platz gebe. Nun will die Stadt Gespräche führen, um „eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung zu finden“. Das kann dauern.

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4 Kommentare

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  • 2. Teil

    Dass nun die AfD nacheilend, dazu unkritisch, sich für Stauffenberg als gescheitertem Hitler Attentäter begeistert, ohne dessen Westlösung zu erwähnen, weil sie auf historische Unkenntnis in Medien, der Bevölkerung setzt, wirft einen Schatten auf ihre gegenwärtige Russland sprich Putin Freundschaft als taktisches Szenario, die mutmaßlich in dem Moment implodiert, als hätte es nie gegeben, wenn sich in Russland demokratisch verfasst Klimaschützer*nnen in Parlamenten mehrheitlich behaupten.

    joachimpetrick.wor...-generalstaeblern/

  • 1. Teil

    Stauffenberg bleibt so oder so bedenkenswert historische Person. Die einen meinen mit berechtigtem Verweis auf Dokumente, er habe, sei es aus Furcht vor reichsdeutscher Mehrheit, Zwangsarbeiteraufständen, sei es aus Überzeugung, militärischer Loyalität als Generalstabsoberst, seinen Staatstreich durch den Walküre Alarm des Ersatzheeres fürs In-, Ausland unkenntlich gemacht, dem militärischen Widerstand 1944 als Vabanquespiel die sog Westlösung verordnen wollen, die bedeutete, dort im Westen auf französischem, Benelux Gebiet die Front für Amerikaner, Engländer, frisch rekrutierte Holländer, Belgier, Exil Polen, Kanadier, Australier, Inder, Franzosen, Marokkaner, Algerier, Tunesier zu öffnen, einem fortgesetzt barbarisch heißen Vernichtungskrieg gegen die UdSSR in einer Koalition Williger die Bresche zu schlagen. Das blieb nach 1945 in Westeuropa, voran Westzonen, Westberlin populistisch aufgeladen im Stil der NS Propaganda unter frömmelnder Losung Kalten Krieges im sog Namen unser Brüder, Schwestern im Osten gegen sog Bolschewismus bis zum Beginn der Entspannungspolitik 1970 mehrheitsfähig.

    Die anderen meinen, an Stauffenberg wiederhole sich der Wandel vom Saulus zum Paulus, ohne den es kein Christentum gebe, wie wir es historisch kennen, die wir selbst bei Teilen des MfS, der SED vor dreißig Jahren auf dem Weg der DDR zur Wende erlebten, aus diesem gesamtdeutschen, europäischen Willen zur Friedensstiftung aber kein Pfund zu machen verstanden, weshalb der Berg nur brüllte, die Maus das „Zwei plus Vier“ Format statt einen Friedensvertrag mit ehemals 53 kriegführenden Ländern zu gebären, dazu in anderen Zusammenhängen wie dem Klimawandel empörend vermissen.

  • -ambivalent????-



    Ja, ja wir alle wären freilich die Ersten Helden gewesen, die Widerstand geleistet hätten, die wir heute unseren heroischen Widerstand vom Sofa aus führen.



    Und Graf Schwerin von Schwanenfeld war natürlich etwas zu spät, als er den Schneid!! besaß, dem brüllenden Freisler ....-Modre-.... in seine verzerrte Fresse zu schleudern.



    Schauen Sie hier Frau Bezirksbürgermeisterin, etwa bei Min 1:22



    www.youtube.com/watch?v=D3qsImhAswo



    Und hören Sie auch hier zu



    www.youtube.com/watch?v=HCvhiZRFMQ8

    I'm embarrassed, to what we must read from you Mrs. District Mayor.

  • Na bitte - “ . Das kann dauern.“



    &



    Na das - will ich hoffen.