Insolvenz des Opioid-Konzerns Purdue: Viel zu lasch
Jahrelang vermarktete Purdue seine Schmerzmittel aggressiv, jetzt sind Millionen US-Amerikaner abhängig. Die Verantwortlichen müssen bestraft werden.
O pioide an sich sind nicht das Problem. Jeder, der einen Unfall, eine OP oder eine Tumorerkrankung hat, wird heilfroh sein, dass es diese Schmerzmittel gibt. In der Palliativmedizin oder für Krebspatienten sind sie ein wahrer Segen. Und solange sie nicht über Wochen eingenommen werden, sind ihre Nebenwirkungen sogar vergleichsweise gering. Erst wenn die Behandlung länger als zwei Monate dauert, gewöhnt sich der Körper an die Substanz, und der Suchtfaktor steigt.
Zum Problem werden Opioide, wenn Hausärzte sie verantwortungslos bei an sich harmlosen, aber chronischen Schmerzen immer wieder aufs Neue verschreiben. Zu einer wahren Epidemie wie derzeit in den USA werden sie, wenn Pharmakonzerne wie Purdue über Jahrzehnte hinweg den Patienten die Suchtgefahr verschleiern und Pillen mit Oxycontin-Wirkstoff aggressiv vermarkten – als ob es sich um Hustenbonbons handele. Damit haben sie die Grundlagen geschaffen für die schlimmste Drogenepidemie der jüngeren Geschichte. Dass sich einige der klagenden Bundesstaaten nun nicht damit zufriedengeben wollen, wenn Purdue und die dahinter stehende Unternehmerfamilie Sackler mit einem Insolvenzverfahren und einem Vergleich in Höhe von insgesamt 10 Milliarden Dollar davonkommt, ist allzu verständlich.
Wahrscheinlich 400.000 Tote in den USA haben diese Pharmakonzerne auf dem Gewissen; Millionen von US-Amerikanern sind drogenabhängig. Abgesehen davon, dass sich Menschenleben finanziell nicht aufrechnen lassen – die Kosten für das amerikanische Gesundheitssystem sind immens.
Und nun wird bekannt, dass Teile der Sackler-Familie damit begonnen haben, ihr Vermögen und das des Konzerns ins Ausland zu schmuggeln. Bleibt zu hoffen, dass die Behörden dem noch rechtzeitig auf die Schliche kommen und es ihnen gelingt, das gesamte Vermögen zu beschlagnahmen.
Doch auch das reicht nicht aus: In den USA sitzen Hunderttausende, die meisten von ihnen Kleindealer, absurd hohe Strafen von mehreren Jahren ab. Das ist das Mindeste, was dann auch für den Sackler-Clan gelten sollte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Zeitplan der US-Wahlen
Wer gewinnt denn nun? Und wann weiß man das?