Internationaler Tag der Vermissten: Es gibt kein beschisseneres Gefühl
11.300 Menschen suchen in Deutschland nach Angehörigen. Gesucht werden Tote aus dem Zweiten Weltkrieg und oft auch Verwandte in Syrien.
2018 gingen beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) fast 11.300 Anfragen zum Verbleib von Familienangehörigen ein, wie die Organisation zum Internationalen Tag der Vermissten am Freitag mitteilte. Einen Großteil der Suchmeldungen – fast 9.000 waren es – bezogen sich auf Tote im Zweiten Weltkrieg. Inzwischen sind es aber auch viele Menschen aus Afghanistan, Somalia, dem Irak und Syrien, die über das DRK den Kontakt zu ihren Angehörigen suchen.
„Wir haben eine zutiefst humanitäre Aufgabe“, sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt in Berlin. Allein im ersten Halbjahr seien etwa 4.800 Suchanfragen bei der Organisation eingegangen. Mehr als 1.000 dieser Fälle seien internationale Suchen nach Menschen gewesen, die aktuell durch bewaffnete Konflikte und Migration voneinander getrennt worden seien.
Weltweit gelten nach Angaben des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mehr als 70 Millionen Menschen als gewaltsam vertrieben. „Das sind mehr als je zuvor in der Geschichte“, sagte der IKRK-Direktor für Europa und Zentralasien, Martin Schüepp. Etwa 140.000 Menschen seien weltweit als vermisst gemeldet. Dabei sind Schüepps Angaben zufolge in diesem Jahr 45.000 neue Fälle registriert worden, zu großen Teilen im Nahen Osten.
Tafete T. hofft weiter
In Deutschland läuft die Finanzierung der Suche nach im Zweiten Weltkrieg vermissten Menschen nach DRK-Angaben Ende 2023 aus. Bislang wird diese Suche durch Gelder des Innenministeriums mitgetragen – 10,5 Millionen Euro stellt der Bund nach Angaben der Organisation für diese Aufgabe zur Verfügung. Für die Suche nach bei Konflikten und Flucht getrennten Menschen soll in Deutschland auch künftig das DRK zuständig sein.
Diese Suche sei in vielen Fällen aber nicht leicht. „Für uns besteht die größte Schwierigkeit darin, dass die suchenden Personen oftmals nicht sagen können, in welchem Transit- oder Zielland sie ihre Angehörigen vermuten“, sagt Dorota Dziwoki, Leiterin der Suchdienst-Leitstelle im DRK-Generalsekretariat. In fast der Hälfte der Fälle konnte der DRK-Suchdienst Angehörigen bei der internationalen Suche aber doch helfen, wieder zueinanderzufinden.
So auch bei Tafete T. aus Bayern. Mit einem ehrenamtlichen Helfer des Roten Kreuzes saß er zusammen und überlegte, wie er seinen Vater in Somalia ausfindig machen könnte. Beim zweiten Treffen seien sie auf die Idee gekommen, es über die Kirchengemeinde zu probieren, die der alte Mann in Khartum besuchte.
Als Reaktion auf den Aushang des Roten Kreuzes in der Kirche bekam T. Anfang des Jahres vom Suchdienst des Sudanesischen Roten Halbmonds eine Handynummer zugeschickt – die seines Vaters. Seitdem telefonieren sie regelmäßig. T.s Hoffnung ist aber, dass sein Vater zu ihm nach Deutschland kann.
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