Bestseller-Autorin Hortense Ullrich: Späte Karriere
Die Bremerin Hortense Ullrich schrieb internationale Bestseller. Heute arbeitet sie ähnlich erfolgreich als Drehbuchautorin.
Doch inzwischen ist ihr Zielpublikum digital sozialisiert und an einem analogen Medium wie dem Buch deutlich weniger interessiert. Ihre Verkaufszahlen gingen spürbar zurück und die Verlage konnten nicht mehr die hohen Vorschüsse zahlen, an die sie gewohnt war.
Doch dann bot sich eine Gelegenheit, denn eines ihrer Bücher sollte verfilmt werden und sowohl der Regisseur als auch die Produzentin hatten großes Interesse daran, dass Hortense Ulrich selber am Drehbuch mitarbeitete. Der Roman heißt „How to be really bad“, der Film „Meine teuflisch beste Freundin“ und das Buch zum Film schrieb Hortense Ullrich dann auch noch. So wurde sie für die gleiche Geschichte dreimal bezahlt – auch das ist ein Kunststück.
Noch wichtiger war aber, dass der Film, obwohl er ungünstig im heißen Sommer des vergangenen Jahres in die Kinos kam, mit über 300.000 Zuschauer*innen erfolgreich war, und Hortense Ullrich sich mit ihrer soliden und schnellen Arbeit einen Namen in der Filmbranche machen konnte.
Mit blauen Augen zu Disney
So bekam sie den Auftrag, bei dem ersten Kinofilm mit dem von Peter Maffay, Rolf Zuckowski und Gregor Rottschalk geschaffenen kleinen grünen Drachen Tabaluga am Drehbuch mitzuarbeiten. Das ursprüngliche Autorenteam hatte Probleme des Drehbuchs nicht lösen können. Ullrich kam dann spät zum Projekt und hatte entscheidenden Anteil an der Fertigstellung des Drehbuchs.
Dies ist in der Filmbranche üblich. Es gibt oft mehrere Entwürfe der Drehbücher, bei denen dann auch die Autor*innen wechseln. „Tabaluga – der Film“ startete Ende des vergangenen Jahres in den Kinos und war so erfolgreich, dass eine Fortsetzung geplant ist – zu der dann Hortense Ullrich den Auftrag bekam, diesmal alleine das Drehbuch zu schreiben.
Und dann ist da noch Disney: Die deutsche Produktionsfirma Blue Eyes Fiction gab Hortense Ullrich den Auftrag, einen Roman aus der britischen Mädchenbuchreihe „Sprite Sisters“ von Sheridan Winn für einen Kinofilm zu adaptieren, und das Drehbuch mit dem Titel „Vier zauberhafte Schwestern“ gefiel den Studiobossen von Disney Deutschland so gut, dass der Megakonzern nun den Film koproduziert. Auch er ist inzwischen abgedreht und kommt im Januar 2020 in die Kinos.
Im Moment arbeitet Hortense Ullrich an drei Kinoprojekten, darunter auch eine Fortsetzung von „Meine teuflisch beste Freundin“. Bücher wird sie in der nächsten Zeit wohl keine mehr schreiben.
Aber wie erklärt sich solch ein außergewöhnlicher Erfolg? Hortense Ullrich schreibt, was sie selber „gehobene Unterhaltung“ nennt. Sie versteht sich selber dabei als „Handwerkerin“, hat also keine abgehobenen künstlerischen Ambitionen. Tatsächlich traute sie sich am Anfang ihrer Karriere als Autorin selber gar nicht zu, Romane zu schreiben. Sie arbeitete als Journalistin und wollte Drehbücher für Vorabendserien schreiben.
Arbeit als Hausfrau
Ihr erster Auftrag war eine Serie für das ZDF über das bewegte Leben in einer Werbeagentur mit dem Titel „Die Werbemacher“. Dieser deutsche Vorläufer von „Mad Men“ wurde geschrieben, bezahlt und nie produziert, aber Hortense Ullrich war auf den Geschmack gekommen. Als 30-Jährige zog sie dann für acht Jahre mit ihrem Mann in die USA, bekam dort zwei Töchter und arbeitete als Hausfrau.
Zurück in Deutschland nutzte sie ihre Auslandserfahrungen und adaptierte amerikanische Drehbücher, die in Hollywood niemand verfilmen wollte und schließlich bei RTL in Deutschland landeten. Titel wie „Vergewaltigt – Eine Frau schlägt zurück“ und „Zerschmetterte Träume – Eine Liebe in Fesseln“ lassen erahnen, was von diesen Fernsehfilmen zu halten war.
Hortense Ullrich sagt selber dazu, sie „war nicht mehr jung und brauchte das Geld“. Doch in den späten 1990er-Jahren wusste sie auch, was sie schreiben wollte: „Wilde Sachen für Kinder“. Und sie bekam den Auftrag, eine Serie über ein kleines Mädchen zu entwickeln, das glaubt, zaubern zu können.
Jugend- und Rentnerromane
Auch hier schrieb sie einige Drehbücher, auch diese Serie wurde nie gedreht, aber eine ihrer Produzentinnen kannte einen Lektor vom Thienemann Verlag, dieser schlug Hortense Ullrich vor, ihre Geschichte von der kleinen Jojo, die Angst hat, dass sie ihre Zauberkräfte verliert, wenn sie einen Jungen küsst, als Jugendroman in der Reihe „Freche Mädchen – freche Bücher!“ zu veröffentlichen. Ohne es darauf angelegt zu haben, wurde Ullrich dann zu einer international erfolgreichen Jugendbuchautorin, deren Romane auch in Südkorea, China und Russland gelesen wurden.
Diese Nische hält sie jetzt auch als Drehbuchautorin besetzt. In ihren Geschichten erzählt sie von Fantasiewelten, in denen junge Mädchen zaubern können oder mit dem Teufel persönlich verwandt sind. Sie erleben eher komische als dramatische Abenteuer („Herzschmerz ist nicht mein Ding!“) und damit kann Hortense Ullrich ihr junges Publikum begeistern.
Ihre Rentnerromane mit Titeln wie „Atmen Sie normal weiter“ sind dagegen keine Bestseller geworden, aber der Jugendfilm ist in Deutschland ein sehr begrenzter Markt. Deshalb plant sie auch eine Fernsehserie. Mit der wäre der Kreis zu ihren Anfängen geschlossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!