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Siedlungen für Hirtenvolk in NigeriaEin besseres Nomadenleben

Nigerias Regierung will feste Siedlungen für das Fulani-Hirtenvolk einrichten. Nach Oppositionsprotesten wurde der Plan auf Eis gelegt.

Verbesserungswürdig: Fulani-Dorf im Zentrum Nigerias Foto: Katrin Gänsler

Makurdi taz | Shettima Mohammed, Generalsekretär der Viehzüchtervereinigung Miyetti Allah im nigerianischen Bundesstaat Benue, spricht laut und leidenschaftlich. Im Schatten einer Moschee in der Provinzhauptstadt Makurdi betont er, wie nützlich die Pläne der Regierung für sein Fulani-Volk seien – die sogenannnten Ruga Settlements.

„Ruga“ – das steht für Rural Grazing Area, also Weidereservat. Es ist auch das Haussa-Wort für Fulani-Siedlung. „Mit ihnen“, ist Mohammed sicher, „könnte mehr Infrastruktur in entlegene Dörfer gebracht werden. Ein solches Konzept schafft Bildung und man kann die Menschen besser informieren.“

Die Fulani, ein in Westafrika verbreitetes Hirtenvolk – auch Fulbe oder Peul genannt – stehen im Mittelpunkt der Debatte um die zunehmenden bewaffneten Konflikte in immer mehr Ländern. Allein in Nigeria kamen zwischen 2016 und Oktober 2018 mehr als 3.600 Menschen ums Leben, sagt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International.

Streitigkeiten um knappes Land haben sich verselbstständigt: Nigerias Präsident Muhammadu Buhari ist Fulani, seine Gegner sprechen von einer Fulanisierung des Landes, manche auch von einer Islamisierung, da die Fulani meist Muslime sind und ihre Gegner meist nicht.

Ein Upgrade bestehender Dörfer

Zwar ziehen die meisten Fulani längst nicht mehr mit ihrem Vieh umher wie früher, viele leben aber weiterhin in entlegenen Gebieten ohne Zugang zu Krankenhäusern und Schulen. Für Befürworter wie Mohammed ist die Ruga-Siedlungsidee daher verlockend: ein Upgrade bestehender Dörfer, wo es bisher nichts gibt.

Doch Anfang Juli machte die Regierung einen überraschenden Rückzieher. Das Projekt wurde vorerst abgeblasen. Die Fulani-Dörfer würden nicht mit dem nationalen Plan zur Fleisch- und Milchproduktion der Regierung übereinstimmen, hieß es.

In Wahrheit ist die Regierung einfach vor ihren Gegnern eingeknickt. Provinzgouverneure, die der oppositionellen People’s Democratic Party (PDP) angehören, hatten sich massiv gegen die Fulani-Dörfer in ihren Bundesstaaten gewehrt.

Samuel Ortom, Gouverneur von Benue, nannte die Absage des Ruga-Projekts einen „Sieg für alle friedliebenden Nigerianer“. Im vergangenen Jahr war es in Benue zu schweren Unruhen zwischen Farmern und Viehhirten gekommen, Anfang des Jahres musste der Bundesstaat für mehr als 483.000 Binnenflüchtlinge sorgen.

Jetzt sollen die Ruga-Dörfer nur noch auf freiwilliger Basis entstehen, von Bundesstaat zu Bundesstaat wird heftig gestritten. „Extrem politisch aufgeheizt“ nennt Mohammed Bello Tukur die aktuelle Debatte. Der Rechtsanwalt und Aktivist ist aktuell Generaldirektor der Federal Character Commission und Anhänger der Ruga-Siedlungen.

„Seit 20 Jahren ist es der erste praktische Ansatz“, lobt er das Konzept. „Spricht man mit einem Viehhirten darüber, dann weiß er sofort, worum es geht.“ Das Projekt hätte die ganze Infrastruktur rund um die Fleisch- und Milchproduktion verbessern und die Fulani-Landbevölkerungen in die Handelswirtschaft besser einbeziehen können.

Fleisch bleibt in Nigeria ein großer Luxus. Jeder Nigerianer konsumiert jährlich lediglich 9 Kilogramm Fleisch – bei rund 200 Millionen Einwohnern sind das insgesamt aber 1,8 Millionen Tonnen. Daran verdienen nicht nur die Viehhalter, sondern auch Händler, Fuhrunternehmen und Schlachthäuser.

In den Dörfern hätten Weideflächen und Wasserstellen angelegt und Tierkliniken geschaffen werden können. Das würde auch das Umherziehen mit dem Vieh einschränken, das für Konflikte sorgt, ist Tukur sicher. In einigen Bundesstaaten wie Benue ist das bereits verboten, was ebenfalls für zahlreiche Proteste sorgte.

Es hätten Weideflächen und Wasserstellen angelegt werden können

Letztendlich dreht sich die Diskussion darum, wer wo „einheimisch“ ist und wer nicht, eine zentrale Frage in Nigeria, wo die ethnische Zugehörigkeit ein großer Identifikationsfaktor ist. Shettima Mohammed ärgert sich über Äußerungen, dass Fulani in Benue noch relativ neu seien. „Siedlungen gibt es doch schon seit Jahrzehnten.“

Damit verbunden ist der Zugang zu Land, der ebenfalls sensibel ist. „Die Regierung müsste klarstellen, dass Land nicht einfach ohne Erlaubnis genommen wird“, sagt Isa Sanusi, Amnesty-Sprecher in Abuja.

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3 Kommentare

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  • TEIL 2:



    Wie üblich erfolgt die Islamisierung nicht eigentlich um Gottes willen, sondern ist Maske für eine ETHNISIERUNG mit AK47, Mord, Entführungen etc.

    In diesem Fall heisst die Ethnie Fulani. Es ist eine breit orchestrierte FULANISIERUNG.

    Natürlich gibt es eine Klimaveränderung, von den OECD-Staaten verursacht, aber nicht kompensiert. Leidtragende im Sahel sind nicht nur Fulani, sondern viel andere Ethnien. Fulani-Herders können durch westliche Hilfe nicht eigentlich erreicht werden. Sie werden seit jeher geführt durch die eigene aristokratische Elite, die die Agenda festlegt. Diese Elite ist häufig westlich "gebildet", kokst, feiert und beschläft in London, Paris und NY. Diese Elite wird auch weiterbestehen, wenn der Westen an Überschuldung zugrunde gegangen ist.

    RUGA ist einfach nur die aktuellste Ausprägung dieser Fulanisierung. Es gibt keine öffentlich einsehbaren Dokumente über RUGA. Etwas seltsam für ein 11 Milliarden US$-Projekt.

    Der Präsident Nigerias, Buhari, ist primär nur seiner Fulani-Ethnie in ganz Westafrika verpflichtet, nicht dem Land Nigeria. Deshalb orchestriert Buhari eine Massenimigration der Fulanis aus der Sahelzone nach Nigeria, in den christlichen Südosten und christlich/islamisch gemischen Südwesten.

    Die Nicht-Fulani sind alle entwaffnet. Die Fulani-Hirten sind alle bewaffnet. Die Befriedungsmethode AK47 wurde als einseitiges Streitbeilegungsverfahren definiert. Gegen alle Nicht-Fulani im eigenen Land.

    Es wäre noch hinzuzufügen, dass Armee und sämtliche andere "Sicherheitsbehörden" selbstverständlich bereits weitgehend fulanisiert sind und noch weiter werden (dito andere Ministerien).

    Vermutlich fällt es einer offiziellen Deutschen Politik schwer, eine eigenständige "europäische" Position zu formulieren, die gegen die Interessen der alten Kolonialmacht GB läuft. Aber eine taz könnte das vielleicht.

  • TEIL 1:



    Ein etwas einseitiger Artikel. Aber das absehbare Resultat, wenn Shettima Mohammed von Miyetti Allah als Kronzeugen gewählt wird.

    Bei RUGA geht es im Kern um Fulanisierung (Süd-) Nigerias mittels Islamisierung. Spezieller Fokus verdient Südostnigeria, den Älteren unter uns noch als Biafra in Erinnerung. Die Bevölkerungsdichte von Südostnigeria wird auf dem afrikanischen Kontinent lediglich vom Nildelta übertroffen. Das macht seine Bedeutung aus.

    Die sunnitisch/wahabitischen-Extremisten unterwerfen nicht nur Christen oder andere Ethnien, sondern auch die schiitischen Muslime im Norden. Buhari hatte die Grösse die schiitische IMN (Islamic Movement of Nigeria) als Terrororganisation zu verbieten, eben weil es Schiiten sind.

    Militant gewalttätig gegenüber breiten anderen Bevölkerungsteilen sind aber nicht IMN, sondern Boko Haram, Miyetti Allah, und von der Regierung importierte und mit nigerianischen Pässen legalisierten Söldner, Banditen und Terroristen.

    Das der neoliberale Westen aus bekannten Gründen aktuell weltweit die wahabitischen Sunniten gegen die Schiiten unterstützt, mag das eine sein. Schablonenhafte Replikation in sämtliche Konfliktgebiete ist etwas anderes. Hier könnte die taz durchaus eigenständiger schreiben, statt als Kopierapparat für die Atlantik-Brücke zu dienen.

    In ihrer Ablehnung gegen alles Christliche verkennt die altneue Linke, dass im liberalen Westen das Christentum de facto seit mindestens seit 150 Jahren als Leitparadigma abgeschafft und durch liberale Aufklärung ersetzt wurde. In liberaler Naivität wird angenommen, dass dasselbe für den Islam gilt. Das Gegenteil ist wahr. Der Islam als politischer Islam gewinnt weltweit Deutungsmacht. Es ist ein konsistent funktionierendes Herrschaftssystem. Es ist auch für eine taz nicht unbedingt nötig, systematisch Angriffe auf Christen oder Polytheisten konsequent herunterzuspielen.

  • Zitat: „Für Befürworter wie Mohammed ist die Ruga-Siedlungsidee daher verlockend: ein Upgrade bestehender Dörfer, wo es bisher nichts gibt.“

    Nun ja. Man sieht halt nur, was man schon kennt. Vielleicht sieht es deswegen für manche Leute so aus, als gäbe es „nichts“ in einer Nomaden-Siedlung.

    Solche „Sehfehler“ findet man häufig, wenn man die Augen offen hält. Sie sind ja auch in sofern praktisch, als Menschen nicht zerstören können, was es nicht gibt. Wer also blind ist für das Unbekannte, der kann nur geben und nicht nehmen. Er darf sich völlig selbstlos fühlen.

    Zum Beispiel, in dem er Menschen, die vorher über die Segnungen privatem Immobilienbesitzes kaum etwas wussten, das Prinzip des Eigentums an Grund und Boden nahebringt. Wie allerdings Streitigkeiten um knapper werdendes Land minimiert werden können, wenn immer mehr Leute die Vorteile privaten Grundbesitzes zu schätzen lernen, ist mir ein echtes Rätsel.

    Nun ja – geht mich ja auch nicht wirklich etwas an, oder?