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NRW-AfD: Führung der Partei zerfällt

Tief gespaltene NRW-AfD versinkt im Machtkampf. Vorstand dezimiert, übrig bleiben drei Hardliner

Der Machtkampf in der nordrhein-westfälischen AfD hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Nach einem erbitterten Richtungsstreit trat der als gemäßigt geltende Co-Vorsitzende Helmut Seifen am Samstag gemeinsam mit einem Großteil des zwölfköpfigen Landesvorstands zurück. Der gleichberechtigte Parteichef Thomas Röckemann und zwei weitere Vorstandsmitglieder bleiben vorerst im Amt. Mehrere Anträge auf ihre Abwahl erreichten bei dem vorgezogenen Parteitag der Rechtspopulisten in Warburg nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit der rund 500 Delegierten. Röckemann gilt als Sympathisant des „Flügels“ um den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke.

Der eigentlich auf zwei Tage angesetzte Parteitag wurde nach dem Zerfall des Vorstands nach nur einem Tag abgebrochen. Der mit rund 5.300 Mitgliedern größte AfD-Landesverband hat jetzt nur noch eine dreiköpfige Rumpfführung. Der nächste reguläre Parteitag steht Ende des Jahres an. Dann muss der gesamte Vorstand neu gewählt werden. Der von Kreisverbänden und Teilen des Vorstands schon in Warburg geforderte komplette Neuanfang scheiterte damit zunächst.

Hitzig und lautstark

Sogar ein potenzieller neuer Parteichef stand in Warburg schon bereit. Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen, sagte am Rande des Parteitags, er wolle antreten – aber nur als „Einzelspitze“ und nur, wenn der gesamte Landesvorstand zurücktrete.

Seifen warf in einer hitzigen und lautstarken Debatte den Anhängern des rechtsnationalen „Flügels“ vor, die Partei in Nordrhein-Westfalen und bundesweit zu unterwandern und zu spalten. In entscheidenden politischen Fragen handelten Höckes „willfährige Werkzeuge“ nicht im Interesse des Landesverbands, sagte er. „Ihre Loyalität gilt in erster Linie dem ,Flügel‘.“ Damit spielte er vor allem auf seinen Co-Vorsitzenden Röckemann an. Die AfD dürfe nicht zulassen, dass der stärkste Landesverband zu einem „Satellitenverband“ verkomme, sagte Seifen.

Mit Röckemann sei eine pragmatische Arbeit nicht möglich. Er habe Maßnahmen gegen Mitglieder wegen parteischädigenden Verhaltens verzögert und keines der elf Parteiordnungsverfahren mitgetragen. Wegen der „Machenschaften“ der „Flügel“-Anhänger, die die AfD NRW bis in die Kreisverbände unterwanderten, sei „der Bestand der Partei in großer Gefahr“, sagte Seifen.

Röckemann lehnte einen Rücktritt vom Vorsitz ab: „Ich für meinen Teil habe die Eier, das, was ich angefangen habe, auch durchzuziehen“, sagte er. Kritische Abgeordnete, die von ihren Posten zurückträten, bezeichnete er als „Fahnenflüchtige“. Als politischen Hauptgegner machte er die Grünen aus. In Deutschland drohe ein „grünes Morgengrauen“, sagte er. „Wir sind die Endgegner, dem sich die Ökosozialisten werden stellen müssen.“ (dpa)

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