Kolumne B-Note: Unbekannte Kontinente
Wo 2023 WM ist, bestimmt die Fifa erst nächstes Jahr. Bewerber gibt es viele – zwei Länder würden aber das Geraune um Frauenfußball unterbinden.
D ass Neuseeland zu Ozeanien gehört, dürfte bekannt sein. Aber wer weiß schon, dass Australien zu Asien gehört? Um diese Information zu glauben, muss man allerdings nur der Fifa vertrauen. Jedenfalls ist es so, dass diese zwei Bewerber für die Austragung der Frauenfußball-WM 2023, Australien und Neuseeland, bei der Fifa als Kandidaten aus zwei verschiedenen Kontinenten gewertet werden.
Neun Bewerber gibt es für das Turnier. Aus Europa keines, weil Frankreich, wo es derzeit erfolgreich stattfindet, selbst nach Fifa-Kriterien immer noch in Europa liegt. Aber allein in Südamerika stehen mit Argentinien und Bolivien, Brasilien und Kolumbien vier Länder auf der Bewerberliste. Aus Afrika mit Südafrika nur eines, aber aus Asien – neben dem schon erwähnten Australien – noch Japan und eine tatsächlich bislang recht stabile gemeinsame Bewerbung von Nord- und Südkorea.
Und Neuseeland natürlich. Wenn es dort stattfände, also in Neuseeland oder Australien, wäre dies eines der stärksten Statements, das die Fifa zugunsten des Frauenfußballs machen könnte. Die weltbesten Kickerinnen gingen nämlich nicht nur für vier Wochen in ein Land, in dem sie und ihr Sport wertgeschätzt werden.
Das Turnier käme zugleich in eine Gesellschaft, die Ballsport schätzt, aber speziell dem in den meisten Ländern so beliebten Männerfußball nicht viel abgewinnen kann.
Statement zur Autonomie
Ein schönes Statement zur Autonomie einer eigenständigen Sportart also. So wie es 2015 schon in Kanada war, 1991 und 2007 in China oder 1999 und 2003 in den USA.
Geografie und Tradition würden helfen, um elegant eine überflüssige Diskussion zu umschiffen: Ob der Frauenfußball im Vergleich zum Gekicke der Männer eine eher unterklassige Veranstaltung sei oder ob er als eigenständige Sportart, die nicht in Relation zur übermächtigen maskulinen Disziplin zu setzen sei, verstanden werden müsste.
Nicht dass man sich vor dieser Debatte wegducken sollte, aber da, wo es keine nennenswerte – schon gar nicht: nennenswert erfolgreiche – Tradition des Männerfußballs gibt, braucht sich der Frauenfußball nicht ständig um Legitimation bemühen. Da, wo nichts anderes ist, wird er wie selbstverständlich gespielt.
Geografie à la Fifa
Damit solche Selbstverständlichkeiten infrage gestellt werden, braucht es dann allerdings schon eine männliche Konnotation des Phänomens. Und das ist eine, für die nicht zuletzt Verbände wie die Fifa stehen, genauer: gestanden haben.
Zu den Anfängen des Frauenfußballs, wie wir ihn mittlerweile kennen – nämlich als Sportart, die von Verbänden wie der Fifa und ihren Kontinentalmitgliedern reglementiert wird –, gehört nicht zuletzt die Asienmeisterschaft 1975, an der damals nicht nur vier südostasiatische Mannschaften teilnahmen – sondern auch Australien und Neuseeland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“