piwik no script img

Das war auchIm Zweifel für die Rechten

Von „Skandal“ spricht Kay Schweigmann-Greve, Deutsch-Israelische Gesellschaft

Zionismus stoppen: Israel ist unser Unglück – Schluss damit!“, stand auf den Plakaten, die die Partei „Die Rechte“ im Europawahlkampf hatte aufhängen lassen, und das auch in Hannover. Unter anderem zusammen mit der Stadt erstattete die dortige Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Anzeige: Die „widerlichen Hetzplakate“, so die DIG, transportierten unter dem Vorwand vermeintlich legitimer Israel-Kritik antisemitische Vorurteile – implizit rufe die Partei zur Gewalt gegen Juden auf. In dieser Woche nun gab die Staatsanwaltschaft Hannover bekannt, dass die Ermittlungen eingestellt seien.

Nach Angaben ihres Sprechers, Oberstaatsanwalt Thomas Klinge, erfüllt das Werbematerial nicht den Tatbestand der Volksverhetzung nach Paragraf 130 Strafgesetzbuch – weil es sich gegen einen anderen Staat richte, nicht gegen Teile der hiesigen Bevölkerung. Zwar erkannte die Behörde an, dass die Rechtsaußen-Partei ihre Formulierung „bewusst“ gewählt habe, „um zu provozieren“, es sei aber im Zweifel eine Deutungsmöglichkeit anzunehmen, die nicht strafrechtlich greife, so Klinge: Man könne den Inhalt der Plakate „nicht allein“ verstehen „als Angriff auf inländische Juden“.

Die DIG Hannover kündigte am Donnerstag an, Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle einlegen zu wollen – von einem „Skandal“ sprach der Vorsitzende Kay Schweigmann-Greve, die jüdische Bevölkerung werde im Stich gelassen. Nicht nur blende die Staatsanwaltschaft allen historischen Kontext aus; dass in dem Plakattext der nationalsozialistische Slogan „die Juden sind unser Unglück“ anklinge, hatte etwa das Oberverwaltungsgericht Münster erkannt.

Aus Sicht von Schweigmann-Greve liegen Klinge und Kollegen aber auch juristisch falsch: Er verweist auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, wonach „der tatsächliche Wille des Täters nicht aktiv ignoriert werden“ dürfe, also die Intention der Rechtsextremen. Der DIG-Vorsitzende verweist auf eine „schlimme Tradition der Weimarer Republik“: Auch damals hätten Staatsanwaltschaften und Gerichte „abenteuerliche Interpretationen“ konstruiert, „um rechtsradikale Angriffe auf die Menschenwürde von Juden und Demokraten“ nicht ahnden zu müssen. Alexander Diehl

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen