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Preis für KohlendioxidausstoßKompromiss-Vorschlag im CO2-Streit

Der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums rät dazu, zwei Instrumente zum Klimaschutz zu kombinieren.

Auch nicht ohne: Heizungen in Wohnungen tragen reichlich zum CO2-Ausstoß bei Foto: dpa

Berlin taz | An Ratschlägen zum Kohlendioxid-Preis mangelt es nun nicht mehr. Am Montag lieferte der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium die dritte Einschätzung innerhalb kurzer Zeit. Eine Kombination aus Emissionshandel und CO2-Steuer empfehlen die Professor*innen.

Die Bundesregierung will bis September entscheiden, wie sie Klimaschutz künftig gestalten will. Eine zentrale Rolle spielt dabei ein höherer Preis für Kohlendioxidausstoß. Der Beirat des Wirtschaftsministeriums formuliert jetzt einen Kompromiss zwischen den beiden bisher wichtigsten Positionen.

Gutachter*innen im Auftrag des Umweltministeriums sprachen sich für die CO2-Steuer aus, die Wirtschaftsweisen hingegen bevorzugen einen zusätzlichen nationalen Emissionshandel. Wirtschaftsminister Peter Altmaiers Beirat „plädiert für ein Modell, das die Vorteile des Emissionshandels mit denen einer CO2-Steuer verbindet“, heißt es in dem unter Leitung des Münchner Wirtschaftsprofessors Klaus Schmidt erarbeiteten Gutachten.

Vor allem geht es um die Abgase aus dem Straßenverkehr und den Gebäuden. Ersterer verursacht hierzulande knapp 20 Prozent der Treibhausgase. Heizungen und Warmwasser in Wohnungen und Firmen sind für gut 10 Prozent verantwortlich. Beide Bereiche sind bisher aber nicht im europäischen Emissionshandel geregelt. Die Gutachter*innen empfehlen deshalb, dass künftig auch die Verkäufer von Benzin, Diesel und Heizenergie Zertifikate vorweisen müssen, entsprechend der Klimagase, die ihre Produkte verursachen. Die Kosten stellen sie den Verbraucher*innen in Rechnung.

Was passiert mit den Benzin- oder Heizölpreisen?

Dieser Emissionshandel hat allerdings einen entscheidenden Nachteil. Klar ist, dass sich die Menge der Zertifikate verringert, was weniger CO2-Emissionen bedeutet. Nicht klar ist, was das für den Preis von Benzin oder Heizöl bedeutet.

Die Expert*innen raten deshalb, Mindest- und Höchstpreise für Verschmutzungszertifikate festzulegen, die mit den Jahren ansteigen. Das ähnelt der CO2-Steuer. So wüssten die Bürger*innen auch, was bei den Kosten auf sie zukommt. Rechtzeitig könnten sie eine neue Heizung oder ein E-Auto anschaffen.

Und wie sollen die Leute das bezahlen? Die anderen beiden Gutachtergruppen forderten, der Staat solle höheren Kosten zurückerstatten. Die Wirtschaftsgutachter stellen jetzt fest, dass die Stromsteuer sänke, während Autofahren und Heizen teurer würden. Spareffekte und Mehrausgaben könnten sich für die Bürger*innen teilweise ausgleichen.

Die Einnahmen könnten aber auch die Einnahmeausfälle des Staats kompensieren, der auf Mineralölsteuer verzichten muss, wenn der Benzinverbrauch in den nächsten Jahrzehnten sinkt. Für die Bürger*innen bliebe da zunächst nichts übrig. Für Diskussionsstoff ist gesorgt.

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5 Kommentare

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  • Das ganze ist nichts weiter als ein Demobilisierungsverfahren. Einerseits wird Autofahren immer teurer und die Menschen werden gezwungen, sich alternative Antriebsmethoden zu suchen. Klingt auf dem Papier ja ganz nett, aber erstens sind Elektroautos (mal davon abgesehen, dass sie genauso umweltverschmutzend sind wie Benziner) und Wasserstoffautos - bei Autogas bin ich mir nicht sicher - in der Anschaffung derart teuer, dass gerade die unteren Einkommen hart beschnitten werden in Sachen Mobilität. Der Hartz-4-Empfänger kann sich eben keinen Tesla leisten. Langfristig wird also der Gebrauchtwagenmarkt für alte Benziner sehr lebendig werden.

    Denn was wäre die Alternative zum Auto generell? Busfahren? Ist teurer als Autofahren und wird durch die CO2-Steuer noch teurer. Derzeit zahle ich für ein Ticket in die Innenstadt 5€ (wohne im Randgebiet) pro Strecke, die 30 Minuten benötigt, wofür ich mit dem Auto nur max. 10 bräuchte.

    Züge? Da sieht's genauso aus: Viele Züge fahren noch mit Diesel und werden die Zugtickets daher noch teurer machen.

    Wenn die Bundesregierung eine Abwrackprämie für alte Benziner raushaut mit 20.000 pro Benziner, damit man sich ein Elektroauto leisten kann, könnte man da natürlich gegen angehen.

    Man kann natürlich auch auf kostenlosen ÖPNV spekulieren, aber in Zeiten steigender Haltungskosten der Fahrzeuge wird genau von dieser Idee abgerückt, eben aus Kostengründen.

  • Die Wirtschaftswissenschaftler sollten aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, und eine Bad Bank für das CO2 einplanen in die das CO2 ausgelagert werden kann das nicht durch die pure Existenz von Steuern und Zertifikaten verschwindet.

    Bislang ist nicht einmal festgelegt worden, wie viel CO2 unser Wirtschaftsstandort im Jahr insgesamt maximal emittieren darf, um einen Preis für das zertifizierte Recht auf Zerstörung der Atmosphäre berechnen zu können. Diese Berechnung wird erschwert, wenn eine CO2 Steuer hinzu kommt.



    Aber das Wichtigste scheint zu sein, "für Diskussionsstoff" gesorgt zu haben. So gewinnt man Zeit für ein "Weiter so!"; getragen von der Hoffnung, dass die Menschen schon jetzt durch den Kauf von neuen Heizungen und E-Mobilen die Wirtschaft anzukurbeln. Und Prämien dafür kassieren dürfen, dass sie heute den CO2 Ausstoß erhöhen.



    Einvernehmen herrscht über folgende Prioritäten: Die Wirtschaft darf nicht belastet werden, die Verbraucher dürfen nicht belastet werden, die Pendler dürfen nicht belastet werden.

    Aber die Hauptsache ist ja, dass die Diskussionsen und der Klimawandel gewaltige Investitionen und Umsätze garantiert: Zum Wohle von Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung.

    • @Drabiniok Dieter:

      Die Verbraucher dürfen nicht belastet werden? Habe ich da was nicht mitgekriegt? Die Verbraucher zahlen am Ende die Zeche. Genau so wie bei der Ökosteuer und dem EEG. Dieses Konstrukt wird noch so ein Flopp wie die Umlage für die erneuerbare Energie. Es wird jeden Verbraucher in einer Höhe belasten, die vielleicht das CO2 endlich verringert, denn oh Wunder, Gutbetuchte belasten die Umwelt mehr als Menschen, die sich eh nix mehr leisten können, keine Kreuzfahrt, darüber wurde noch gar nicht gesprochen, de nicht fliegen können, weil ihnen das Geld fehlt. Nicht belastet werden: Die Wirtschaft, sowie total unverständlich das Flugbenzin. Was ja angeblich im Alleingang nicht gehen soll, die Niederlande und Frankreich machen gerade das Gegenteil vor! Dieser Regierung traue ich nichts zu. Die CO2-Steuer erscheint eher wie eine neue "Agenda 2010"! Zu nix zu gebrauchen, außer zu Maximierung des Profits!

      • @Wilfried Bergmann:

        Wenn ich Ihren Beitrag richtig verstanden habe, bestätigen Sie das Einvernehmen, dass die Verbraucher nicht belastet werden dürfen.

        Ich habe nicht zwischen arm und reich unterschieden; Sie schon!

        Es gibt weitere Einzelfragen, die "nachhaltig" für "Diskussionsstoff" sorgen werden, damit zwar über Klimaschutz geredet wird, aber faktisch der Staus quo erhalten bleibt.



        Denn: Niemand hat die Absicht, das Klima zu schädigen!

        Die Eierlegendewollmilchsau ist für Ökonomen immer noch das Lieblingstier ihrer Theorien - auch beim Klimaschutz. Ebenso für die Besitzstandwahrer und Ignoranten.

        • @Drabiniok Dieter:

          Ich bin für strikte Verbote wie: Keine innerdeutschen Flüge mehr. Ich bin für Einbeziehung der größten Dreckschleudern, den Containerriesen und den Kreuzfahrtschiffen. Ich bin sogar dafür, den Flugverkehr in alle Welt zu reglementieren. Was ich in meinem Beitrag nur sagen wollte ist, dass die Politik mit gezinkten Karten spielt, wenn sie sagt, niemand wird belastet. Das ist einfach totaler Blödsinn! Es wird alle etwas kosten. Leider glaube ich, auf Dauer wird es nicht ohne Verbote gehen. Was das Fliegen in Deutschland betrifft, finde ich den Ansatz unserer Umweltministerin aber total verkehrt. Solange es keine innerdeutschen Flugverbote gibt, geht es nicht darum, dass Fliegen teuerer wird, sondern die Bahn muss billiger werden. Auf die Idee, die Bahn konkurrenzfähig zu machen, kommt niemand. Besonders nicht in einem Land, in dem Verspätungen der Bahn von den Passagieren stoisch hingenommen werden. In Japan und der Schweiz gelten 30 Sekunden schon als Verspätung. Mir scheint eher, die jetzigen Politiker haben eine Endstufe der Unfähigkeit erreicht und können nicht mehr in größeren Dimensionen denken.Noch einmal so ein Flickwerk wie beim EEG, und das wars mit der Energiewende. Wie gesagt, ich glaube nicht, dass es ohne - weltweite - Verbote gehen wird.