piwik no script img

Verkehrsminister Scheuer warnt vor „Flugscham“

Der CSU-Politiker findet Fliegen völlig in Ordnung. Bahnpreise sollen konkurrenzfähiger werden

Von Anja Krüger

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will das Image des Fliegens retten. „Ich warne davor, jetzt Flugscham zu fördern“, sagte er der Bild-Zeitung.

Mit diesem aus dem Skandinavischen entlehnten Begriff wird das schlechte Gewissen bezeichnet, das Reisende haben, wenn sie ein Flugzeug nehmen. Denn beim Fliegen werden große Mengen des klimaschädlichen CO2 freigesetzt. „Bei allen Debatten ums Fliegen: Wir sollten nicht übertreiben“, zitiert die Zeitung den Minister. „Es ist in Ordnung, einen Flieger zu nehmen, wenn man anders nicht an sein Wunschziel kommt.“

Die Bild-Zeitung hatte in ihrer Samstagsausgabe Fragen von BürgerInnen an Scheuer abgedruckt, die sie bei einer Diskussion auf dem Tempelhofer Feld in Berlin stellen konnten. Eine 51-jährige Bahnfahrerin hatte sich darüber beschwert, dass die Bahn zu schlecht und teurer als das Fliegen ist. „Die Preispolitik der Bahn ist grundsätzlich in Ordnung“, sagte Scheuer dazu. „Aber wir müssen darüber reden, auf welchen bestimmten Strecken die Bahn ihre Preise senken muss, um noch konkurrenzfähiger zum Flugzeug zu sein.“ Der Verkehrsminister hatte schon vor einigen Wochen gefordert, die Mehrwertsteuer im Bahnfernverkehr von derzeit 19 Prozent auf 7 Prozent zu senken. Diese Forderung will er dem Bundesverkehrsministerium zufolge ins Klimakabinett einbringen. Das ist eine Runde von BundesministerInnen, die für mehr Klimaschutz sorgen sollen.

Mehr Reisende

Anders als in Skandinavien gibt es in Deutschland allerdings keinerlei Anzeichen für die ­Verbreitung von „Flugscham“. Das Gegenteil sei der Fall, sagte der Chef der Lufthansa, Carsten Spohr, der Neuen Zürcher Zeitung. Für die Lufthansa-Gruppe erwartet er 2019 eine Zunahme der Passagierzahlen von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr – wobei bereits 2018 ein Rekordjahr war. „Bisher zahlten weniger als 1 Prozent der Passagiere freiwillig an Organisationen, die den CO2-Ausstoß kompensieren“, berichtete ­Spohr. Wettbewerber würden Flüge mit Preisen unter 10 Euro anbieten, kritisierte der Lufthansa-Chef. „Das sei „ökonomisch, ökologisch und auch politisch unverantwortlich“.

Auch der Deutschlandchef des Billigfliegers Easyjet sieht keine Anzeichen für „Flugscham“. „Wir schauen im Gesamtjahr auf rund 90 Millionen Passagiere und erwarten auch in diesem Jahr erneut Wachstum“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Einen Zusammenhang mit der Klimadebatte können wir deshalb nicht feststellen.“

kommentar

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen