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Kolumne B-NoteBlödsinnige Projektionen

Warum muss denn während der WM in Frankreich immer alles Werbung für den Frauenfußball sein? Schluss mit dem Quatsch!

Alles Lamentieren half nicht: Kamerun schied gegen England aus Foto: dpa

S o ist es brav. So gehört es sich. „Grausam“ sei der Elfmeterpfiff in der 90. Minute gewesen, der ihre Mannschaft um das Weiterkommen brachte, hat die japanische Trainerin Asako Takakura nach dem 1:2 gegen die Niederlande gesagt. „Aber wir müssen diese Entscheidung akzeptieren.“

Toll, wie fair die Japanerinnen verlieren können. So etwas sehen wir gerne. Das ist Werbung für den Frauenfußball. Stopp! Moment! Schluss mit diesem Gefasel! Warum muss eigentlich alles PR für den Frauenfußball sein, was da in Frankreich bei dieser Weltmeisterschaft passiert? Das ist ein Sportwettkampf, da wird ein Sieger ermittelt. Da geht es um Ruhm, Ehre und mittlerweile sogar auch um ein bisschen Geld. Die WM ist kein Werbespot für ein Wohlfühlprodukt, sie ist ein Fußballturnier.

Klar, die Mannschaft Kameruns hat sich daneben benommen, als die Spielerinnen in der Partie gegen England beinahe gestreikt hätten, weil ihnen nicht gepasst hat, was die Videoschiedsrichter entschieden haben. Klar, so etwas macht man nicht. Sie waren sauer, wütend, fühlten sich ungerecht behandelt und haben in ihrem Ärger doch glatt vergessen, dass ihr Verhalten vielleicht ein schlechtes Licht auf den Frauenfußball werfen könnte. Denn der hat ja bekanntlich gut zu sein. Was für ein Quatsch!

In Frankreich wird Fußball gespielt – nicht mehr und nicht weniger. Sollen sich die Spielerinnen jetzt besonders höflich auf dem Platz verhalten, weil sie Teil einer Werbekampagne für das weibliche Spiel sind, weil sie Frauen sind? So weit kommt’s noch! Und bevor irgend ein Heini es sagt wie der englische Trainer Phil Neville, dass die Kamerunerinnen ein schlechtes Licht auf den Frauenfußball geworfen haben, dann darf er sich ruhig einmal fragen, wer dem Frauenfußball wirklich schadet.

Ein Verbandspräsident, der Spielerinnen vergewaltigt, so wie es in Afghanistan geschehen ist, Trainer in Kolumbien und Ecuador, vor denen die Junio­rinnen nicht sicher sein können, all die Verbandsbosse, die nichts, aber auch gar nichts zur Förderung des Frauenfußballs tun, obwohl sie genau dafür von der Fifa sogar Geld bekommen, all diese Macker schaden dem Frauensport gewiss mehr als ein paar wütende Spielerinnen, die ihre Emotionen für ein paar Momente nicht im Griff haben und dann doch weiterspielen.

Und warum wird eigentlich das Fehlverhalten einzelner Spielerinnen auf den ganzen Sport projiziert? Von den Männern kennen wir das nicht. Da beißt ein Millionär einem anderen während eines WM-Spiels in die Schulter. Das findet gewiss kaum einer richtig. Aber niemand würde auf die Idee kommen, dem Spieler männerfußballschädigendes Verhalten vorzuwerfen. Diesen Blödsinn gibt es nur, wenn Frauen spielen. Das muss aufhören.

Fair Play ist übrigens auch bei dieser Weltmeisterschaft trotzdem eine schöne Sache.

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Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
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3 Kommentare

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  • Zitat: „Und warum wird eigentlich das Fehlverhalten einzelner Spielerinnen auf den ganzen Sport projiziert? Von den Männern kennen wir das nicht. Da beißt ein Millionär einem anderen während eines WM-Spiels in die Schulter. Das findet gewiss kaum einer richtig. Aber niemand würde auf die Idee kommen, dem Spieler männerfußballschädigendes Verhalten vorzuwerfen. Diesen Blödsinn gibt es nur, wenn Frauen spielen. Das muss aufhören.“

    Was „muss aufhören“? Dass Millionäre anderen Millionären in die Schulter beißen, kaum einer das gut findet, aber niemand was dagegen sagt? Ach nein, ich Dummchen! Aufhören muss natürlich, dass Frauen kritisiert werden für Dinge, für die Männer nicht kritisiert werden.

    Mal ehrlich, Leute, was soll der Scheiß? Fair Play ist doch nicht nice to have ("trotzdem eine schöne Sache")! Ein Spiel ist kein Spiel, wenn es unfair zugeht dabei. Im Fall von Weltmeisterschaften aber ist unfaires Verhalten doppelt schlimm. Da wirkt es nämlich hochpolitisch. Und zwar unabhängig vom Geschlecht.

    Fairness ist unerlässlich für Weltmeisterschaften. Genau deshalb dürfen Verbandspräsidenten oder Trainer Spielerinnen nicht vergewaltigen, auch nicht in Afghanistan, Kolumbien oder Ecuador. Genau deswegen müssen Verbandsbosse, die dafür bezahlt werden, den Frauenfußballs wirklich fördern und nicht nur so tun. Und genau deswegen hätten die Japanerinnen nicht so fürchterlich japanisch sein dürfen, sondern hätten etwas mehr Kameruner Temperament zeigen müssen.

    Spielerinnen sollten sich höflich verhalten, wenn sie ihr Spiel lieben, obwohl es zum Big Business verkommt. Aber wenn sie merken, dass irgend so ein Heinz aus ihrer Höflichkeit eine Werbekampagne für rosa Ü-Eier häkelt, sollten sie dem Typen an die Karre pinkeln. Höflich bleiben sollten sie untereinander trotzdem. Dann wird wenigstens klar: Sie sind nicht blind, nicht taub, nicht dumm und keine leichte Beute. Denen, meine ich, die das alles selber auch nicht sind.

  • Die ganze WM wird mit so überheblichen Samthandschuhen angefasst. „Man darf Frauenfußball nicht mit Männerfußball vergleichen!“ Was ein Bullshit. Natürlich darf man das. Sollte man auch. Bei den einen spielen Heulsusen und Dramaqueens mit gezupften Augenbrauen und bei den anderen leidenschaftliche Sportlerinnen. Natürlich hat Männerfußball eine höhere spielerische Qualität. Aber man vergleiche doch bitte auch mal die Förderung der beiden Geschlechter.



    Am Ende geht es um Unterhaltung und die ist bei den Frauen genauso gegeben wie bei den Männern. Und wie die Einschaltquoten zeigen, wollen Leute es auch gucken: meedia.de/2019/06/...und-prosieben/amp/



    Müsste man halt auch einfach mal übertragen.

  • JEDES sportliche Großereignis ist eine Werbeveranstaltung für die jeweilige Sportart. Und auch der Wunsch der Funktionäre, dass ihre Aktiven sich vorbildlich verhalten, hat nichts damit zu tun, dass es sich hier um eine Frauen-Weltmeisterschaft handelt. Dabei dürfte auch für die Frauen gelten, dass eine negative Einzelaktion auf den betreffenden Spieler und vielleicht noch sein Team zurückfällt, das Fehlverhalten eines ganzen Teams allerdings auch universell als Schädigung des Sports betrachtet wird (vgl. Frankreichs interner Eklat bei der WM 2010).

    Villeicht täte man den Damen den allergrößten Gefallen, wenn man nicht so furchtbar akribisch nach Diskriminierung suchen würde (selbst da, wo gar keine ist). Auch das hat was übergriffiges.