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Aktueller VerfassungsschutzberichtSeehofer will alle Register ziehen

Laut Verfassungsschutz ist die Zahl der Rechtsextremisten mit 24.100 auf einem Höchststand. Der Innenminister nennt die Szene „brandgefährlich“.

Rechte bei einer 1.-Mai-Demonstration in Dresden Foto: reuters

Berlin taz | Die Zahl der Rechtsextremisten in Deutschland ist laut Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf einem „Höchststand“. Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2018 am Donnerstag sprach Seehofer von einer „hohen Gefährdungslage“ und nannte die rechtsextreme Szene „brandgefährlich“.

Insgesamt zählte der Verfassungsschutz 2018 24.100 Rechtsextremisten – 100 mehr als noch im Jahr zuvor. Damit steigt die Zahl seit vier Jahren kontinuierlich an. Über die Hälfte gilt als gewaltbereit, viele haben laut Seehofer zudem eine „hohe Waffenaffinität“.

Seehofer beteuerte erneut, „alle Register“ im Kampf gegen Rechtsextremismus ziehen zu wollen. So prüfe seine Behörde das Verbot mehrerer Gruppierungen. Namen wollte Seehofer nicht nennen, allerdings sei ein Verbot auch dann denkbar, wenn eine Gruppe bislang keine Gewalt angewendet hat, aber rassistische Propaganda verbreitet. Der Mord an Walter Lübcke habe gezeigt, dass Hetze im Netz in reale Gewalt münden könne. Als „geistige Brandstifter“ bezeichnete Seehofer etwa die „Identitäre Bewegung Deutschland“.

Den größten Teil der Rechtsextremisten verortet die Behörde in einem „weitgehend unstrukturierten“ Kreis an Personen, die nicht in festen Strukturen oder Parteien organisiert sind. Auch deren Zahl ist gestiegen. Laut Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang beobachtet seine Behörde zunehmend Kleinstgruppen und Einzelgänger, die sich durch Hetze und Propaganda in sozialen Netzwerken radikalisierten.

Rechtsextremisten so schnell wie nie

Dazu trage bei, dass rechtsextreme Gruppen permanent daran arbeiteten, ihre Mobilisierungsstrategien und ihre Vernetzung zu stärken – auch international. Neben Konzerten spielten zunehmend auch Kampfsportveranstaltungen eine wichtige Rolle. Vor allem aber gelänge es immer häufiger, lokale Protestgeschehen zu unterwandern. „Eine so erfolgreiche Ad-hoc-Mobilisierung wie in Chemnitz haben wir noch nicht gesehen“, sagt Haldenwang. Der Brückenschlag zur bürgerlichen Mitte gelinge Rechtsextremen immer besser.

Die „einzige gute Nachricht“ sei, dass rechtsextreme Parteien wie die NPD oder „Der III. Weg“ 2018 keine nennenswerten Wahlerfolge feiern konnten, so Haldenwang. Auch sinken deren Mitgliederzahlen. Die AfD zähle seine Behörde nicht als rechtsextrem, betonte Haldenwang auf Nachfrage. Lediglich die Unterorganisationen „Der Flügel“ und die „junge Alternative“ seien weiter „als Verdachtsfälle in der Prüfung“. Mehr Klarheit erhoffe er sich hier vom sogenannten Kyffhäusertreffen des „Flügels“ im Juli.

Stark gestiegen – von 16.500 auf 19.000 – ist die Zahl der Reichsbürger und Selbstverwalter. Während sie ohne Ausnahme als staatsfeindlich gelten, stuft der Verfassungsschutz nur 950 von ihnen als rechtsextrem ein. In dieser Szene seien antisemitische Ideologien verbreitet.

Eher zugeknöpft gaben sich Seehofer und Haldenwang auf Nachfragen zum rechtsextremistischen Potenzial innerhalb der deutschen Sicherheitsbehörden. Es handele sich um „Einzelfälle“. Auch wies Seehofer Kritik von sich, das Innenministerium oder der Verfassungsschutz hätten sich lange zu wenig um rechtsextremistische Strukturen gekümmert. „Es gibt keine Blindheit auf dem rechten Auge.“

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2 Kommentare

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  • Herr Haldenwang? Kleiner Einwurf vom demokratischen Rand: Die Strukturen, in denen sich die rechtsextreme Szene organisiert, heißen heute "Messenger" und "Social Media". Die Partei, die sie unterstützen, heißt AfD. Ernst spendete ihr sicherlich nicht aus einer karitativen Motivation.