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SPD in BremenSozis drehen am Personalkarussell

Andreas Bovenschulte wird mit 91 Prozent der Stimmen neuer SPD-Fraktionschef. Um die Besetzung der Vize-Posten wird weiter gerungen.

Neuer Fraktionschef der SPD in der Bremischen Bürgerschaft: Andreas Bovenschulte Foto: dpa

Bremen taz | Andreas Bovenschulte ist neuer Chef der SPD-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. 21 der 23 Abgeordneten wählten ihn am Montag zum neuen Fraktionsvorsitzenden, zwei stimmten gegen ihn. Der 53-Jährige sprach von einem „Vertrauensbeweis“ und dass er seinen Teil dazu beitragen wolle, „den Laden zusammenzuhalten“. Sollte Bürgermeister Carsten Sieling am Ende der Koalitionsverhandlungen doch noch zurücktreten, wäre Bovenschulte damit als sein Nachfolger gesetzt.

Außerdem nominierte die SPD die derzeitige Landtagspräsidentin Antje Grotheer einstimmig als neue Stellvertreterin in diesem Amt. Weil die CDU nun die größte Fraktion stellt, wird ihr Abgeordneter Frank Imhoff aller Voraussicht aufsteigen: vom Vize- zum Präsidenten der Bürgerschaft.

Noch nicht gewählt wurden allerdings die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD. Die Partei will nun doch erst das Ende der Koalitionsverhandlungen abwarten, ehe sie diese Personalfragen klärt. Der Hintergrund dieser Entscheidung: Es stehen potenziell zu viele Bewerber, aber zu wenig Bewerberinnen zur Auswahl. Damit droht eine Kampfkandidatur. Und das, obwohl wo die SPD doch eigentlich Geschlossenheit demonstrieren will.

Traditionell gibt es in der SPD-Fraktion sowohl einen Regional- als auch einen Geschlechterproporz. Für die Fraktionsspitze muss also jemand aus Bremerhaven gefunden werden – und mindestens eine Frau. Sybille Böschen erfüllte als stellvertretende Fraktionschefin bisher beide Kriterien, trat aber nicht mehr zur Bürgerschaftswahl an. Noch hat aber keine der Parlamentarierinnen erklärt, dass sie nun kandidieren will. Ute Reimers-Bruns könnte aber – so verlautete es aus Fraktionskreisen – Böschen nachfolgen. Sie ist Vorsitzende des Ortsvereins Farge-Rekum, dadurch wäre Bremen-Nord im Fraktionsvorstand vertreten. Eva Quante-Brandt und Claudia Bogedan, ebenfalls Abgeordnete, sollen dem Vernehmen nach SenatorInnen bleiben.

Die SPD will der Motor, die Grünen wollen „das Herz“ der rot-rot-grünen Koalition sein

Aus Bremerhaven hat der bisherige Wirtschafts- und Justiz-Senator Martin Günthner seine Kandidatur für den stellvertretenden Fraktionsvorsitz angekündigt – er will nicht mehr dem Senat angehören. Für den Bildungspolitiker Mustafa Gungör aus Osterholz, bisher ebenfalls stellvertretender Fraktionschef, wäre dann aber kein Platz mehr. Der Weser-Kurier spekuliert, dass Gungör Staatsrat in einem SPD-geführten Bildungsressort werden könnte.

Der bisherige Fraktionschef Björn Tschöpe wird nach zehn Jahren an der Fraktionsspitze erst einmal einfacher Abgeordneter. Er trat nicht gegen den bei allen politischen BeobachterInnen klar favorisierten Bovenschulte an und wollte seiner Partei damit „ein ‚freies Feld‘ für die Entscheidungen der kommenden Wochen ermöglichen und Grabenkämpfe vermeiden“, wie er sagte. Als Senator kommt der Innenpolitiker wohl nicht in Frage: Da sitzt Ulrich Mäurer fest im Sattel, und mehr als vier SenatorInnen werden der SPD angesichts ihres schlechten Wahlergebnisses am Ende der rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen wohl kaum zugestanden werden.

Bovenschulte, der mit seiner Ehefrau, der Staatsrätin Ulrike Hiller, im Viertel wohnt, war von 2010 bis 2013 Landesvorsitzender der SPD und arbeitete die letzten zwölf Jahre an der Spitze der Umlandgemeinde Weyhe. Dort wurde er auch von der CDU gelobt, obwohl er – anders als Tschöpe – als linker Sozialdemokrat gilt. Zuletzt machte sich Bovenschulte für einen umlagefinanzierten Nahverkehr stark, wie ihn die Initiative ‚Einfach Einsteigen‘ vorschlägt. „Aus meiner Sicht ist die Entlastung der Familien und die Bekämpfung sozialer Spaltung bei Kindern und Jugendlichen absolut vordringlich“, sagte er vor der Wahl im taz-Interview. Damals sprach er sich dafür aus, dass Kinder und Jugendliche kostenlos mit Bus und Bahn fahren oder umsonst in Museen und Freibäder gehen können. Der Sozialstaat lasse sich gegen Angriffe nur verteidigen, wenn große Teile der Bevölkerung davon profitierten, so Bovenschulte, der sich in seiner Zeit als Landesvorsitzender auch für eine Rekommunalisierung der Müllabfuhr stark gemacht hatte.

Die SPD wolle der „Motor“ einer rot-rot-grünen Koalition sein, sagte Bovenschulte – die Grünen wiederum wollen „das Herz“ des neuen Senates sein. Zwar lobte der neue SPD-Fraktionschef seinen Vorgänger, sieht aber die „inhaltliche Schärfung des Profils der Fraktion“ als vordringlich an: „Gute Arbeit, gute Bildung, ein gerechter Ausgleich zwischen den Stadtteilen und eine sozial gerechte Klimapolitik“, so Bovenschulte, „müssen im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen.“

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