China vor WM-Auftakt gegen Deutschland: Zurück an die Spitze
China will mit kompakter Defensive und radikaler Verjüngung wieder Weltklasse werden. Helfen soll eine Legionärin aus Paris.
Marozsan, Spielerin aus Lyon, weiß auch aus dem Ligabetrieb in Frankreich um die Stärken der Stürmerin von Paris St. Germain. Technisch stark sei sie und kreativ. Das hat sich nun herumgesprochen. Und so ist Wang Shuang eine der Protagonistinnen im großen Frauenfußballspot des Sportartikelherstellers Nike, den dieser zum Turnier hat herstellen lassen.
24 Jahre ist Wang Shuang. Sie steht für die Verjüngung des Teams, die Nationaltrainer Jia Xiuquan doch recht konsequent betreibt. Er ist seit 2018 im Amt und soll den chinesischen Frauenfußball zurück an die Spitze führen. Da war er beinahe schon einmal. 1999 waren die Chinesinnen WM-Zweite. Danach folgte ein regelrechter Absturz.
Den Platz als Nummer eins in Asien nimmt schon lange Japan ein. Der chinesische Verband reagierte darauf mit zunehmender Nervosität. Beinahe jedes Jahr wurde der Trainer ausgetauscht. Man versuchte es mit Bruno Bini, der Frankreich zu Platz vier bei der WM 2011 gecoacht hatte, danach mit dem Isländer Sigurður Ragnar Eyjólfsson. Jetzt steht wieder ein Chinese an der Linie.
Jia hat seine erste Bewährungsprobe vor einem Jahr bei den Asienspielen bestanden. Bis zur letzten Minute konnten die Chinesinnen das Finale gegen Japan ausgeglichen gestalten. Dann schoss Yuika Sugasawa das einzige Tor des Tages und Japan verteidigte seine Führungsposition im asiatischen Fußball. Torschützenkönigin des Turniers wurde Chinas Wang Shanshan mit insgesamt zwölf Toren in sechs Spielen. Neun davon schoss sie beim 16:0 gegen Tadschikistan in der Vorrunde – und das, obwohl sie erst in der 56. Minute eingewechselt worden war.
Vielleicht warten sie mit einer Überraschung auf
Dass Wang Shanshan auch trifft, wenn die Gegner fußballerisch aus Augenhöhe agieren, hat sie am Freitag vor einer Woche bewiesen, als sie im Testspiel gegen WM-Gastgeber Frankreich das einzige chinesische Tor zum 1:2-Endstand erzielt hat. Auch Dzsenifer Marozsan hat das Spiel gesehen und beobachtet, wie schwer sich die Französinnen gegen die in der Verteidigung überaus kompakt agierende Mannschaft aus China getan hat.
Alles zur Fußball-WM der Frauen gibt es automatisch und kostenlos auch aufs Smartphone: Mit dem Telegram-Messenger bleibt ihr rund um die Uhr auf dem Laufenden: Mit einem Klick könnt Ihr unseren taz-WM-Channel vom Handy aus abonnieren.
Ihre Lehre aus dem Spiel: „Die Chinesinnen sind sehr, sehr diszipliniert. Wir müssen schauen, dass wir ihre Mannschaftsteile auseinanderziehen und für uns Platz machen, um sie zu bespielen.“
Mit dem Bespielen haben sich die Französinnen über weite Strecken der Partie in der Tat sehr schwer getan. Wenn sie doch zum Abschluss gekommen sind, scheiterten sie nicht selten an der chinesischen Torhüterin Peng Shimeng. Die ist mit ihren 21 Jahren seit gut einem Jahr fester Bestandteil der Mannschaft und eine weiterer Beleg für den Verjüngungskurs, den Trainer Jia Xiuquan der Mannschaft verpasst hat. In der vergangenen Saison in der chinesischen Superleague ließ sie in 14 Spielen nur neun Mal den Ball passieren und wurde zur Torhüterin des Jahres gewählt.
Weniger gut ist es in diesem Frühjahr für sie und die Nationalmannschaft beim Algarve Cup gelaufen. Beim traditionsreichen Turnier in Portugal setzte es Niederlagen gegen Norwegen (1:3), Dänemark (0:1) und die Niederlande (1:1, 2:4 i.E.). Die Chinesinnen wurden Letzte bei dem Zwölferturnier. Seitdem arbeiten sie an sich. Der Ligabetrieb ruht. Alle Konzentration galt der Vorbereitung auf die WM. Das Spiel gegen Frankreich lieferte einen ersten Hinweis darauf, wie sich die Chinesinnen präsentieren werden.
Vielleicht warten sie ja wieder mit einer Überraschung auf, so wie sie es vor vier Jahren bei der WM in Kanada getan haben. Dort meldeten sie einen Spielerin namens Wang Shanshan als Verteidigerin bei der Fifa an. Am Ende stürmte sie. Sie tut es bis heute.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!