Kommentar Bremen verhandelt Koalition: Gefährliche Lust am Gemetzel
Die Fixierung auf Posten macht aus den SPDlerInnen brandgefährliche PartnerInnen. Konstruktive Politik lässt das kaum zu.
M it Hilfe der Grünen kann die SPD doch noch gewinnen, das ist zumindest eine frohe Botschaft dieser Woche. Der Bremer Landesvorstand der Grünen hatte seiner Mitgliederversammlung am Mittwochabend empfohlen, für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit Linkspartei und SPD zu stimmen. Und so kam es dann auch: Einen Tag später stimmten über 90 Prozent der Grünen dafür.
Dass die Grünen diese Entscheidung so lange offen gelassen haben, war sicher auch taktisch klug: Nur wer sich teuer macht, wird reich. Aber es steckt mehr dahinter: Das Bündnis ist nicht so ungefährlich. Und während früher als Risikofaktor vor allem die Linkspartei galt – ihr in der Außenwirkung schädlicher Ruf als SED-Nachfolgepartei und ihre große Begabung, auf subkommunaler Ebene weltpolitische Krisen und den Nahostkonflikt erbittert auszutragen – ist es aktuell die SPD, an der die Geschichte noch scheitern kann.
Nein, nicht wegen ihrer inhaltlichen Disposition. Die ist kaum der Rede wert. Da werden die Sozen von ihren PartnerInnen viel lernen können. Das Problem ist ihre machtpolitische Indisposition. Wobei Indisposition ein viel zu freundliches Wort ist – für die Auflösungstendenz.
Die unstillbare Lust, einander wechselseitig fertig zu machen und die Fixierung auf Posten macht aus SozialdemokratInnen brandgefährliche PartnerInnen. Denn konstruktive Politik lässt das kaum zu. Sehr zu Recht hat die Grünen-Spitzenkandidatin Maike Schaefer die GenossInnen daher aufgefordert, ihre personellen Streitigkeiten zu klären – „und zwar schnell“.
Denn: Bremen hat Probleme. Eine rot-grün-rote Regierung muss, will sie glaubwürdig sein, den Kampf gegen Kinderarmut, Bildungsdefizite und Wohnungsnot verbinden mit Klima- und Umweltschutz. Und zwar wirksam. Die designierten Koalitionäre werden daran scheitern, solange die SPD ihre Egoismen nicht in den Griff bekommt. Ein Konzept dafür gäbe es sogar, auch wenn es der Sozialdemokratie fremd ist. Es heißt: Solidarität.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
AfD-Verbotsantrag im Bundestag
Wahlkampfgeschenk für die AfD