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Kommentar Repressionen im SudanTiananmen wird zum Regelfall

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der Sturz al-Bashirs war der Erfolg einer mutigen Protestbewegung. Aber die wird jetzt niedergeschlagen und von der Welt allein gelassen.

Die Menschen behaupteten sich monatelang gegen staatliche Gewalt, hier Proteste im April Foto: reuters

V iele Menschen konnten es kaum fassen, als am 11. April einer der mörderischsten Gewaltherrscher der Welt, Omar Hassan al-Bashir im Sudan, nach dreißig Jahren Terrorherrschaft abgesetzt wurde. Der von Sudans Militär vollzogene Regimewechsel stellte den Triumph einer Volksbewegung dar, die es gewagt hatte, den Traum von einer freien Gesellschaft auf die Straße zu tragen.

Sie behaupteten sich monatelang tapfer gegen staatliche Gewalt: mutige Frauen, selbstbewusste Menschenrechtsaktivisten, kämpferische Gewerkschaften, unerschrockene Jugendliche. Sie träumten nicht nur von Freiheit, sie lebten sie auch in ihren karnevalesken Massenkundgebungen und Happenings, die die Welt über Wochen hinweg zum Staunen brachten – und Autokraten zum Zittern.

Nun ist der Traum vorerst ausgeträumt. So wie der 4. Juni 1989 in China geht auch der 3. Juni 2019 im Sudan als schwarzer Tag in die Geschichtsbücher ein – als Tag, an dem die Hoffnungen eines ganzen Volkes in Blut ertränkt wurden. Das Militär hat die Revolution gegen das Volk gewendet. Bashir war offensichtlich das Bauernopfer, dessen Ausschaltung den anderen Generälen in Khartum nun hilft, ihre Macht in eine neue Zeit hinüberzuretten – eine Zeit, in der das Volk aber genauso wenig zu sagen haben soll wie bisher schon. Bashir ist weg, sein Gewaltsystem soll bleiben.

Es ist noch zu früh, um sagen zu können, ob dieses zynische Spiel aufgeht. Wäre es so einfach, müssten Sudans Generäle schließlich nicht seit Jahrzehnten Krieg gegen das eigene Volk führen. Dass sie diesen Krieg jetzt auch mitten in Khartum führen müssen, darf auch als Zeichen von Schwäche gewertet werden. Es kann sich am Ende genauso gut gegen sie wenden. Besonders stabil ist Sudans Gewaltsystem nicht.

Es ist nicht nur der Traum von einem freien Sudan, der in Khartum gerade vernichtet werden soll

So besteht noch ein Funken Hoffnung. Aber er kann schnell verglühen. Denn das Schändliche an der ganzen Geschichte ist der Mangel an internationaler Unterstützung für Sudans Demokratiebewegung. Wie schon zu Beginn der Revolte gegen Assad in Syrien vor acht Jahren werden jetzt auch im Sudan diejenigen, die im Angesicht der Gewehrläufe mutig für Freiheit einstehen, alleingelassen. Die Welt schaut zu, wie sie sterben. Und so wie in Syrien erhalten Sudans Generäle tatkräftige Unterstützung von ihren Freunden im Ausland – das Volk aber erhält nichts.

Stück für Stück, Land für Land entsteht auf diese Weise eine sehr unschöne neue internationale Ordnung, in der Tiananmen für den Regelfall steht und nicht für die Ausnahme. Es ist nicht nur der Traum von einem freien Sudan, der in Khartum gerade vernichtet werden soll. Es ist auch der Traum von einer besseren Welt.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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