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Wahlkampf mit ordentlich PfefferGewonnen hat: das Triell

Hitzig diskutierten beim taz Salon die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und Linken. Wer wie am liebsten koalieren würde, verrieten nicht alle

Drei, die viel gemein haben, einander aber nicht grün sind: Schaefer, Tschöpe, Vogt. Foto: Kathrin Doepner

BREMEN taz | Ein Triell ist sozusagen die Erweiterung eines Duells auf drei Personen. Ausdrücklich soll es dabei nicht darum gehen, dass sich zwei gegen einen stellen, sondern jeder gegen jeden. Mit erfreulich viel Zoff und Leidenschaft wurden die Spielregeln beim rappelvollen taz Salon am vergangenen Dienstagabend im Lagerhaus befolgt – eine Koalitionsbildung blieb dennoch nicht aus. Allerdings: Wie hätte es auch anders sein sollen?

Die drei Fraktionsvorsitzenden Maike Schaefer (Grüne), Björn Tschöpe (SPD) und Kristina Vogt (Linke) stellten sich auf dem Podium den Fragen von taz-Redakteur Benno Schirrmeister, vor allem aber denen des Publikums – und über allem schwebte natürlich stets jene nach möglichen Koalitionen. Denn dass es für Rot-Grün nach der Bürgerschaftswahl nicht mehr reichen wird, ist klar; entsprechend wenig hilfreich war Maike ­Schaefers Antwort auf die Frage nach einem möglichen Bündnis: „Am liebsten wäre mir Rot-Grün.“

Tschöpe straft Schaefer

Dass sie sich darüber hinaus mit Pokerface jede Option offen hält – ist das eine gute Idee angesichts einer FDP, die mit dem grünen Kernthema Umweltschutz nun gar nichts zu tun haben will und die in bildungspolitischen Fragen erschreckend nahe an der AfD steht? Ist das eine gute Idee angesichts eines CDU-Spitzenkandidaten, der Farge für einen Problemstadtteil hält, eine Seilbahn bauen und in schönster Arglosigkeit sogar die eigene finanzpolitische Parteilinie konterkariert? Ist es eine gute Idee, die eigenen WählerInnen Gefahr laufen zu lassen, mit ihrem Kreuz bei Grün möglicherweise einen CDU-Bürgermeister und einEn FDP-SenatorIn zu wählen – bloß, weil man’s kann?

Tschöpe jedenfalls machte den Eindruck, Schaefer für diese Haltung geradezu bestrafen zu wollen. Auf Nachfrage schloss er eine Koalition mit der FDP genauso kategorisch aus wie ein Bündnis mit der AfD – und wies zumindest in seine Wunschrichtung: „Mein Primat wäre Rot-Rot-Grün“, wofür er viel Applaus aus dem Publikum erntete. Und fast schon demonstrativ ließ er Schaefer, die aus ZuschauerInnensicht links von ihm saß, exakt dort liegen, indem er mehr als einmal überdeutlich Einigkeit mit Kristina Vogt betonte.

Die besteht beispielsweise beim Umgang mit dem Thema Schuldenbremse: Während die für Schaefer in Stein gemeißelt ist und alles andere für sie „verantwortungslos“ wäre, kritisierte Vogt das Neuschuldenverbot und bekam Zustimmung von Tschöpe, der die Schuldenbremse als „volkswirtschaftlich unsinnig“ bezeichnete.

Die Inhalte passen

Einigkeit auch beim Thema Stadtentwicklung, Einigkeit beim Personalvertretungsgesetz: Vogt und Tschöpe wollen daran nicht rütteln, Schaefer schon, zumindest ein bisschen – und machte sich damit keine Freunde im Publikum.

Wer hat das Triell nun gewonnen? Vielleicht Tschöpe, der eingestand, dass er sich beim Thema Umgang mit Cannabis „etwas anderes“ von seiner Partei gewünscht hätte: Die hatte im vergangenen Jahr dagegen gestimmt, per Gesetz auf Landesebene die Menge Cannabis zu erhöhen, die straffrei besessen werden darf. Vielleicht Kristina Vogt, die als „linke Realpolitikerin“ sachkundig und fundiert ihre Positionen vertrat oder vielleicht Maike Schaefer, die unbeugsam für nichts anderes streitet als möglichst viel Grün in der kommenden Regierung?

Fest steht: Das Triell hat klare Gemeinsamkeiten und Unterschiede zutage befördert, was auf vielen der jüngsten Wahlkampfdebatten nicht der Fall war und war somit: ein Gewinn.

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