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Kündigungen in Leipzig-ConnewitzAbrissbirne gegen Ateliers

Einer der letzten Freiräume in Connewitz wurde gekauft. Nun sind Teile des Geländes abgerissen worden – unter Protest der mietenden KünstlerInnen.

Noch frühstücken sie, im Zweifel wollten sie die Toreinfahrt zum Gelände blockieren Foto: Franziska Anna Faust

Leipzig taz | Ein dunkler Fleck auf dem Boden erinnert an die Stelle, wo vorgestern noch ein Schuppen stand. Auf dem Gelände der Kochstraße 124 im Leipziger Stadtteil Connewitz sitzen Donnerstagmorgen seit fünf Uhr einige Dutzend Leute beim Frühstück. Sie wurden in der Nacht spontan zusammengetrommelt, um im Zweifel die Toreinfahrt zu blockieren. Denn die Angst vor Entmietung ist akut: Anfang der Woche haben Bauarbeiter auf dem Gelände einen Schuppen und eine Garage abgerissen, eine Veranda abgeräumt, ein Fenster der Fabrik eingedrückt, Garagen mit Containern blockiert.

„Die standen hier buchstäblich mit dem Hammer in der Hand und haben angefangen, Teile des Geländes plattzumachen“, erzählt ein Unterstützer, der dabei war. „Die haben gedroht, heute wiederzukommen und die komplette Fabrik auszuräumen.“ In Gefahr sind die ansässigen Werkstätten, Ateliers und Galerien mitsamt der Kunst darin. Das Grundstück hat wohl erst seit wenigen Wochen einen neuen Eigentümer. Und der würde gern sanieren.

Der Leipziger Kaufmann Henrik Dantz gilt als etablierte Größe in der Leipziger Kneipenszene. Ihm gehören zahlreiche Restaurants und Cafés im Zentrum, auch das historische Stadtbad, in dem er regelmäßig Dinnershows veranstaltet. Nun gehört ihm auch das Gelände in der Kochstraße. Mit den zwei verwitterten Mehrfamilienhäusern den Werkstätten und dem alten Fabrikgebäude fällt es optisch aus der blanken Umgebung heraus: Eine Fußbreite daneben hämmern Bauarbeiter an zwei exklusiven Neubauten mit riesigen Balkons. Die Ateliers, die Fabrik und das Wohnhaus sind die letzten Gebäude im Block, die noch nicht saniert sind. Noch.

Dantz ist am Vormittag am Telefon. Wann er das Grundstück gekauft hat und ob er schon im Grundbuch steht, will er nicht sagen. Zur Situation erklärt er, die Bauarbeiter seien nach seinem Wissen durch die Hausverwaltung beauftragt worden. „Da wurden eingestürzte Garagen weggeräumt, weil Verletzungsgefahr bestand.“ Eine weitere Garage solle „mit Einverständnis des Mieters vorsichtig zurückgebaut“ werden. Dantz hat mitbekommen, dass die Abrisse im Hof zu Aufruhr geführt haben: „Es ist zu einigen Aufwiegelungen unter den Mietern gekommen, viel ist missverstanden worden“, formuliert er.

Die Bildhauerin Franziska Anna Faust wohnt im Hinterhaus, sie hat im Hof seit über zehn Jahren eine Werkstatt angemietet und liebevoll ausgebaut. Hinter einem schmiedeeisernen Tor stehen einige ihrer Skulpturen, darunter viele Tiergerippe. Vor einer Woche wurde Faust gekündigt. „Ich mache den Briefkasten auf, und heraus fallen drei Schreiben: Hausverwaltungswechsel – deren Vollmacht des Eigentümers – Kündigung der Werkstatt“, erzählt sie. „Das ist mein Zuhause, ich habe mein halbes Leben hier verbracht, für mich ist das ein totales Desaster!“

Die Ateliers, die Fabrik und das Wohnhaus sind die letzten Gebäude im Block, die noch nicht saniert sind Foto: Franziska Anna Faust

Die Veränderung im Viertel

Dantz hat Verständnis für das rabiate Vorgehen der Abrissfirma, und auch für die Ängste der MieterInnen, sagt er – aber nicht für die Ablehnung, die ihm entgegenschlägt. In den Wohnhäusern werde eine „ganz normale sozial verträgliche Renovierung stattfinden“, beschwichtigt er, „die Mieter bekommen natürlich Möglichkeiten, dort wieder einzuziehen, wenn das Gebäude nach Denkmalschutzvorschrift saniert ist.“ Dass er vorhabe, die Ateliers der KünstlerInnen zu entmieten, stimme nicht, sagt Dantz – trotz der Kündigungen. Seine Prognose ist nicht vielversprechend: „Ob die Fabrik erhalten werden kann, kann ich zum jetzigen Stand noch nicht sagen, weil ich den Zustand des Gebäudes nicht kenne.“ Termine mit Sachverständigen müssten gemacht werden. „Ob das Gewerbeflächen werden oder ob die Substanz überhaupt den Erhalt hergibt, wird man dann sehen müssen.“

„Man sieht die Veränderung im Viertel“, sagt eine Unterstützerin. Connewitz ist mit seiner Lage zwischen Innenstadt und Naherholungsgebiet in den letzten Jahren immer attraktiver für Investoren geworden, die Mieten schießen durch die Decke. „Die Leute haben Angst, ihren letzten Freiraum zu verlieren“, sagt ein ehemaliger Ateliermieter. „Wichtig ist, dass wir die drei Jahre noch bekommen“, meint er, so lange läuft der Mietvertrag für die oberen Geschosse noch. Die Werkstätten im Keller haben auch schon ihre Kündigung für Ende September bekommen. Einige wollen Widerspruch einreichen. Wohin die KünstlerInnen umziehen sollen, ist in der aufstreben Stadt Leipzig mit seinen rasant steigenden Mieten unklar.

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2 Kommentare

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  • Glücklicherweise hat die Stadt leipzig Abstand vom Verlkauf des histor. Stadtbades genommen. der Gastronom ist "nur" Pächter mit seiner Dinner-event-Sache...

  • Künstler gelten in Deutschland weniger als Maden. Es sei denn, ihre Bilder verkaufen sich reißend. Nur Geld verschafft Respekt.