piwik no script img

Ominöses Schreiben zu UranfabrikAtom-Gutachter bleibt Phantom

Der Umweltausschuss hatte gefordert, die Existenz des Autors einer fragwürdigen Stellungnahme zu belegen. Daraus wird nichts.

Die Uranfirma Urenco, ein öminöser Gutachter und immer noch keine Aufklärung Foto: dpa

Berlin/Bochum taz | In der Affäre um die wahrscheinlich gefälschte Stellungnahme eines vermutlich erfundenen US-Wissenschaftlers zur Uranfabrik der Firma Urenco in Gronau, über die die taz mehrmals berichtet hat, verweigert der ehemalige Urenco-Mitarbeiter Andreas Kronenberg die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bundestag. Er könne und wolle die Existenz des angeblichen Atomexperten „Thomas C. Panto“ nicht beweisen, schrieb Kronenberg im April in einer Mail an Mitglieder des Umweltausschusses, die der taz vorliegt.

Damit wird ein Skandal, der den Ausschuss seit einem halben Jahr beschäftigt, vermutlich nie aufgeklärt. Kronenberg hatte im Oktober ein angeblich vom US-Atomwissenschaftler Panto verfasstes Schreiben an das Gremium geschickt. Darin wurde einem anderen Gutachten widersprochen, das die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) an den Ausschuss geschickt hatte. ICAN hatte gewarnt, das Uran aus Deutschlands einziger Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau könnte auch militärisch genutzt werden. Die dort verwendete Zentrifugentechnologie sei „auch geeignet, atomwaffenfähiges Material herzustellen“, so die 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Organisation.

„Panto“ konterte nur wenige Stunden später, die Warnung von ICAN Deutschland sei sachlich falsch. Auch die Chefin von ICAN International, Beatrice Fihn, habe sich ihm gegenüber davon distanziert. Fihn bestreitet das. Schnell kamen deshalb Zweifel an der Existenz des Urhebers „Panto“ auf: So fand die taz trotz intensiver Recherchen keinerlei wissenschaftliche Veröffentlichungen des angeblichen Atomexperten.

Bei der IAEA gibt es keine Unterlagen über Panto

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), bei der er als Inspektor gearbeitet haben soll, teilte mit, dort gebe es keinerlei Unterlagen über einen Mitarbeiter namens Panto. Und an der im Briefkopf der Stellungnahme an den Bundestag genannten Adresse im US-Bundesstaat Tennessee hat nie ein Panto gewohnt.

Der ehemalige Urenco-Mitarbeiter Kronenberg, der zunächst selbst als Experte für die AfD auftreten sollte, steht deshalb im Verdacht, den US-Wissenschaftler erfunden und das Schreiben selbst verfasst zu haben. Als Konsequenz hatte die Vorsitzende des Umweltausschusses, Sylvia Kotting-Uhl (Grüne), Kronenberg schriftlich aufgefordert, „verifizierbare Belege für die Existenz des Dr. Panto“ vorzulegen.

Panto entstammt wohl dem Reich der Sagen und Legenden

Sylvia Kotting-Uhl, Grüne

Doch die bleibt dieser in seiner siebenseitigen Stellungnahme an den Ausschuss schuldig. Mails und Telefonnachweise seien „leider“ gelöscht, reisefähig sei Panto nicht – und aus Datenschutzgründen könne er auch keine Ausweiskopie oder „Social Security Number“ von Panto zur Verfügung stellen, schreibt Kronenberg – der zudem keinen Anlass dafür sieht: „Ich frage mich aber ohnehin, warum er hier etwas beweisen soll.“ Kotting-Uhl sieht sich damit in ihren Zweifeln bestätigt: „Das Phantom Panto entstammt wohl dem Reich der Sagen und Legenden“, sagte sie der taz.

Seine Ankündigung, rechtlich gegen die Berichterstattung der taz vorgehen zu wollen, hat Kronenberg nicht umgesetzt. Stattdessen beschimpft er die Autoren nun in seinem Schreiben und stellt – ohne jeden Beleg – deren Recherchen in Frage. Auch die Ausschuss-Vorsitzende Kotting-Uhl greift er an. Ihr Büro habe mit der Weitergabe von Informationen an die taz gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen, behauptet Kronenberg.

Zudem wirft er ihr vor, sie wolle mit „Panto“ einen „Experten diskreteren“ (sic!) – und beschimpft ihre Partei. „Nachdem die Grünen die weltweit führende Atomindustrie kaputt gemacht haben, versuchen sie nun die deutsche Autoindustrie kaputt zu machen“, schreibt Kronenberg. Er selbst empfiehlt dem Bundestag stattdessen, den Atomausstieg umzukehren. Durch das Abschalten der „fantastischen Reaktoren“ werde „Volksvermögen“ vernichtet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Volksvermögen??? Das ist das Eigentum von Großkonzernen, das diesen via Subventiin vom Staat geschenkt wurde. Und was über öffentliche Beteiligungen dem "Volk" zurückfließt, wird längst nicht den zusätzlichen Aufwand der Entsorgung wett machen. Und diese hat die Regierung den Privaten ja zu sehr günstigen Konditionen abgenommen. Also "günstig" natürlich nicht für das Volksvermögen.



    Was die CDU von der Energiewende hält, sehe ich übrigens jeden Morgen: da hat sie doch tatsächlich einen Kohleförderturm mit dem Slogan vom Wohlstand plakatiert. Mehr Dinosaurier geht eigentlich kaum mehr...

  • Klar kann man mit der Zentrifugentechnik den Anreicherungsgrad nahezu beliebig erhöhen - dauert halt dann ein paar Durchläufe mehr.

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Panto könnte vielleicht ein Pseudonym von S. Bannon sein, oder dieser sonstwie seine Finger im Spiel haben. Mit Fakenews kennt er sich ja definitiv aus!

    • @84935 (Profil gelöscht):

      & Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - Hola!

      “„Thomas C. Panto“ - ist ein Anagram für "Phantomas + CO" . oder so“

      Na dann

  • Nachtrag - P.s.: Stimmt was JGGB schreibt - Erfüllter Straftatbestand des Betrug ( § 263 ) nach dem StGB hab ich vergessen ...

  • Ok - weil so traurig. Etwas Ironie - aus der verläßlichen taz-Kiste.

    “Er könne und wolle die Existenz des angeblichen Atomexperten „Thomas C. Panto“ nicht beweisen, schrieb Kronenberg im April in einer Mail an Mitglieder des Umweltausschusses, die der taz vorliegt.…“

    Klar - eine Nichttatsache/person beweisen!;) …Schonn was schwierig - kerr! Normal - Schonn!;) 🎭

    unterm—-but —& btw & not only -



    “…schreibt Kronenberg – der zudem keinen Anlass dafür sieht: „Ich frage mich aber ohnehin, warum er hier etwas beweisen soll.“…“

    Dess. Is natürlich 'n anderer 👠- wa! 👺

    Aber Danke for fein Assist - hm! 😈

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Witzig.



    Ist das nicht Verdacht auf versuchte Manipulation, Vortäuschung falscher Tatsachen, Amtsanmaßung etc.pp. was der Herr Kronenberg da veranstaltet? Müsste sowas nicht strafbar sein?

    Kann man ihn doch mal anzeigen. Er kann sich ja durch die Veröffentlichung einer Veröffentlichung der Personalie ganz fix aus dem Schneider bringen. Wenn ihn keine Schuld trifft, hat er ja allerhand Nachweise in Form von eMails, Telefon-Nachweisen etc. .. Aber auf Vorwürfe mit Vorwürfen zu kontern .. ja ne is klar.

    PS: wann war Deutschland jemals weltweit führend in der Atomindustrie? O.o

    • @83191 (Profil gelöscht):

      Mhh Amtsanmaßung sehe ich hier nicht direkt, aber ich denke Vortäuschung falscher Tatsachen oder Betrugsversuch sollte in jedem Fall für eine Anzeige ausreichen. Gegebenenfalls üble Nachrede o.Ä. in jedem Fall gehört der Kollege mal genauer untersucht...

      • 8G
        83191 (Profil gelöscht)
        @JGGB:

        Wenn er einen Doktoren erfunden hat und in dessen Namen eine Stellungnahme verfasst hat.. Naja, dann hat er sich quasi selbst einen Doktor-Titel verpasst. Das ist definitiv strafbar. Die juristische Bezeichnung dafür ist sicher anders, aber ich würde es halt unter Amtsanmaßung verständlich ausdrücken ^^

    • @83191 (Profil gelöscht):

      Auf Deine/Ihre Frage im PS: Das muss die Zeit des Forschungsreaktors Haigerloch [1], so 1945, gewesen sein.

      Gute alte Zeit, newwar? Zumindest für diese braun gesprenkelten Nasen wie Kronenberg.

      [1] de.wikipedia.org/w...reaktor_Haigerloch