piwik no script img

Die WahrheitNimm dies, Wurstelverein!

Susanne Fischer
Kolumne
von Susanne Fischer

Der Verein Deutsche Sprache ist ein Zusammenschluss dummer Sprachschrebergärtner, von denen man sich niemals vereinnahmen lassen sollte.

I ’ll kick your ass, oh Verein Deutsche Sprache, Schnarchsackversammlung der beleidigten Leberwürste! Nur weil ich mich nicht von jedem Stoffel durchgendern lassen will, heißt das noch lange nicht, dass du rückwärtsgewandtes Unwesen mit meinem Artikel Reklame für deinen albernen Aufruf gegen das Gendern machen darfst. Hatte ich doch kürzlich an ebendieser Stelle veranschaulicht, warum ich nicht vom selben Gendersternchen bin wie Zwangsbeglückende. Hätte ich tatsächlich für dich werben wollen, du Domina der Dudenhörigkeit, hätte ich das schon selbst getan.

Ich steh nicht auf dich, weder auf deinen „Anglizismenindex“, you German Wurstel, noch auf dein Gejaule über den „Globalisierungsdruck“, unter dem „Europas Sprachen und Kulturen“ angeblich leiden. Natürlich ausgelöst von der bösen angloamerikanischen Kulturindustrie! Tell this your Parkuhr and heul woanders.

Du befürchtest den „Identitätsverlust der Sprachgemeinschaften und Volksgruppen“? Ach ja, Volk ohne Sprachraum, da müssen wir uns wohl mal so richtig sorgen. Hm, klappt nicht. Aber haben wir Ähnliches nicht früher schon mal gehört?

Tja, kein Wunder, dass so viele deiner „bekannten Mitglieder“ entweder dumm oder tot sind. Darf ich ein paar zitieren? „Meine Muttersprache ist wirklich schön – vollmundig wie der Wein von der Mosel“, jault begeistert irgendeine Marén Berg nach dem siebten Glas Deutsch mit Schuss; sonderlich bekannt kommt sie mir allerdings nicht vor. Als Sängerin singt sie übrigens gern auf Französisch, die Marén mit Akzent. Ist das nicht welscher Ungeist, wenn man aus Hannover stammt? Fraternisieren mit le Feind?

Kein Karneval wegen Globalisierung?

Der „Held der Mainzer Fassenacht“ Herbert Bonewitz quakt, dass „Kolonialstaaten … die Sprache ihres Mutterlandes“ annehmen. Oh, einst stolzes deutsches Vaterland, nun armes kolonialisiertes Kind einer Amihure und – Moment! Heißt das, Karneval fällt in Zukunft aus wegen Globalisierung? Wollen mer se reinlasse, de Amis mit dene ihre Sprachverhunzung? Da würde ja sogar ich mitklatschen!

Peter Herbolzheimer ist erstens verstorben und war zweitens laut Website des VDS in Deutschland auf der Suche nach „einer musikalischen Identität, die fehlt“. Jetzt ist er an einem besseren Ort und muss nicht mehr mit anhören, dass die DMI (Deutsche Musikalische Identität e. V.) längst gefunden wurde, denn einer geht immer noch rein.

Auch ein gewisser Haindling ist Musiker und VDS-Mitglied, und als er zu musizieren begann, war für ihn „die Vorgabe“ (von wem?), dass er „auf Bayrisch singe“. Was, frage ich, hat das mit Deutsch zu tun?

„Unsere Sprache ist im Begriff, wie ein krankes Tier zu verenden auch auf Deutschlands Bühnen“, weiß Edda Moser, Opernsängerin und Ehrenmitglied im Verein der Deutschen Bühnentierärzte, Verzeihung, im VDS. Wissen diese Leute denn gar nichts? Von deutschem Boden darf nie wieder ein Tiervergleich ausgehen!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Susanne Fischer
Autorin
Susanne Fischer schreibt Romane und Kinderbücher und arbeitet als Geschäftsführender Vorstand der Arno Schmidt Stiftung und des Deutschen Literaturfonds e.V., letzteres ehrenamtlich. (FOTO: THOMAS MÜLLER)
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Bin ich hier bei einem taz-Artikel? Ich "vermisse" die Gendersternchen und LQBTX*/Versionen welche die Lesbarkeit und das Verstehen der Texte so erleichtern...

    • @Andreas Bitz:

      Awww, Klischee nicht bestätigt gefunden? Ich schenk Ihnen eins: *

  • Ich gebe Dir recht auf der ganzen Linie. Nur leider bissl kryptisch. Orientiere Dich lieber nicht an unserem Kommentator Lewandorder, der vermutlich der Einzige ist, der versteht was er schreibselt🤔