piwik no script img

Fall des Psychiatrie-Patienten MbobdaSicherheitsdienst wieder in Uniform

Nach dem Tod eines Patienten im Hamburger Uniklinikum geht der Sicherheitsdienst zur Normalität über. Die Mordkommission ermittelt.

Mahnwache und Trauermarsch auf dem UKE-Gelände Foto: dpa

Hamburg taz |Nachdem die taz am Montag über eine interne Mail des Sicherheitsdienstes des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) berichtet hatte, laut der es Anweisungen gab, PatientInnen nicht mehr anzufassen und den Dienst teilweise ohne Uniform zu verrichten, wurden diese Anordnungen angeblich wieder zurückgenommen. Das geht aus einem internen Dokument hervor, welches der taz vorliegt.

„Nach ein paar harten Tagen normalisiert sich nun die gegen den Sicherheitsdienst laufende mediale Berichterstattung“, heißt es in dem Schreiben, unterzeichnet durch den mutmaßlichen Leiter des Sicherheitsdienstes: In Abstimmung mit dem Vorstand, dem Geschäftsbereich Recht und der Polizei Hamburg „werden wir ab sofort wieder ärztlich verordnete Zwangsmaßnahmen umsetzen“. Außerdem solle der Sicherheitsdienst wieder regulär in Uniform auftreten, heißt es in der Mail.

„Im betroffenen Geschäftsbereich“, so ein anonymer UKE-Mitarbeiter, „tut man so, als sei nichts gewesen. Trotz des schrecklichen Vorfalls geht man zur Normalität über.“ Diese Mail widerspreche dem, was gerade tatsächlich passiere, so der Mitarbeiter gegenüber der taz. „Nach der Veröffentlichung des Obduktionsberichtes spitzt sich alles zu.“

Laut Augenzeugen brutales Vorgehen der Securities

Am Freitag starb der kamerunische Student und Psychiatriepatient William Tonou-Mbobda im UKE, fünf Tage nachdem drei Sicherheitsmänner Zwangsmaßnahmen gegen ihn ergriffen hatten. Nach Aussagen der Polizei habe er sich dort in freiwilliger Behandlung befunden.

Laut Augenzeugen, die den Vorfall gesehen haben wollen und darüber auf Facebook und Whatsapp berichteten, sei der Sicherheitsdienst brutal und unverhältnismäßig vorgegangen. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass Tonou-Mbobda an Herzversagen gestorben ist. Ein Gutachten werde in den kommenden Wochen veröffentlicht. Gegen die beteiligten Mitarbeiter ermittelt die Mordkommission.

Auf Nachfrage teilte die UKE-Pressesprecherin mit, über Personalangelegenheiten und interne Sicherheitskonzepte keine Auskunft zu geben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Hier ein Beispiel aus Darmstadt, wo Angestellte eines Wachdienstes ihre Befugnisse weit überzogen haben www.echo-online.de...t-polizei_16314313

    Auch gut der Kommentar des Journalisten bei dem Artikel

  • I



    Ja, es ist jemand ums Leben gekommen. Das ist tragisch und hätte nicht passieren dürfen. Was mich an der Berichterstattung stört, ist ein einseitig gezeichnetes Bild der Psychiatrie. Für viele scheint das Urteil ja schon festzustehen. Die Staatsanwaltschaft sollte vielleicht erst einmal ermitteln und wenn es zum Prozess kommt gibt es ein Urteil. Insbesondere fachfremdes Personal verwechselt hier spekulative Annahmen mit evidenten Fakten. Fakt ist, dass der Mann an einer Psychose litt und eine Zwangseinweisung nach dem PsychKG bevorstand und dann auch durchgeführt wurde. Das der Mann friedlich eine rauchte, bedeutet nicht das von ihm keine Eigen-, bzw. Fremdgefährdung ausging. Ich schätze mal, dass der Arzt/Ärztin in der Zwischenzeit den entsprechenden Beschluss beim Amtsgericht eingeholt hat. Leider lassen sich solche Zwangsmaßnahmen nicht verhindern und wirken auf Außenstehende äußerst gewalttätig, sie sind es leider auch.



    Vielleicht sollten hier einige einfach mal ein paar Gänge herunterschalten und z.B. den Obduktionsbericht abwarten und den Tod dieses Menschen nicht für irgendwelche Zwecke missbrauchen. Diese Vorverurteilungsnummer nervt nur nocht.

  • Ich frage mich oft, wenn ich "Sicherheitsleute" von privaten Firmen sehe, was die sonst machen würden, wenn sie dort nicht arbeiten würden. Sind die bei der Polizei nicht untergekommen (zu dick?, zu rechts?, zu dumm?, ansonsten grandios gescheitert?, etc.?)?



    Sie wollen aber vielleicht gerne Macht ausüben und sich wichtig fühlen? Mir graust's immer und ich sehe zu, dass Abstand zwischen mich und die kriege.



    Ich finde, das gehört zu den staatlichen Aufgaben, nicht in Privathände.



    Die erscheinen mir wie eine Paralell-"Armee" im Staat und irgendwie martialisch, unkontrollierbar, nicht an Recht und Gesetz gebunden, angsteinflößend. Als hätten wir hier eine Diktatur…

    • @Frau Kirschgrün:

      Ich habe den Eindruck, dass die Tätigkeit im Security-Service häufig von Leuten mit brutaler Einstellung und/oder rechtslastigen Ansichten ausgeübt wird. Das betrifft natürlich nicht alle Mitarbeiter, aber das Problem scheint ziemlich häufig zu sein.

      Und es betrifft auch immer wieder das Ehrenamt "freiwilliger Sicherheitsdienst"

      Security-Service ist meistens ein Job mit schlechter Bezahlung und schlechten Arbeitsbedingungen und wird daher oft von Leuten ausgeführt, die aus irgendeinem Grund einen besseren Job nicht bekommen. Das erklärt aber das Problem nicht, denn auch z.B. die nächtlichen Zeitungszusteller von Tageszeitungen oder die foodora-Fahrradkuriere usw. haben meistens einen schlecht bezahlten Job und schlechte Arbeitsbedingungen.

    • @Frau Kirschgrün:

      Ich teile diese Auffassung. Der Bereich private Sicherheits- und Wachdienste ist in den letzten Jahren enorm vergrößert worden und arbeitet mit Personal, das ein paar Tage Schulung und ein polizeiliches Führungszeugnis als Qualifikation mitbringt.

      Schon im Feld Bewachung von Flüchtlingsunterkünften sind etliche der Mitarbeiter völlig überfordert und reagieren falsch.

      Das gehört in geordnete, staatliche Hände.

      • @Sven2000:

        Als ich psychisch erkrankt bin und eine Psychose hatte, saß ein junger Polizist mit im Rettungswagen, der mich zur Klinik brachte, und danach kam ein weiterer hinzu. Hätte meine Frau nicht auf die eingeredet, hätten die mich nicht in Frieden gelassen und wären immer in meiner Nähe geblieben.



        Will sagen: auch reguläre Polizisten erscheinen nach dieser Erfahrung nicht richtig ausgebildet für Patienten mit psychischen Erkrankungen.



        Und woran liegt das? :-) Sparen, sparen, sparen, wo immer es geht. Zwischen dem Film "Einer flog über das Kuckucksnest" aus den 70ern und der heutigen Situation in der Psychiatrie liegt teilweise kein so großer Abstand, je nachdem, in welcher Klinik man liegt.

  • Rassistisch, gewalttätig, ohne jedes Unrechtsbewusstsein - Um Gottes Willen, was für Leute hat sich das UKE da denn bloß ins Haus geholt?

    • @Grandiot:

      Können Sie These belegen?

  • "Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass Tonou-Mbobda an Herzversagen gestorben ist."

    Leider sagt das nichts darüber aus, wodurch das Herzversagen verursacht wurde. Und letztendlich tritt bei jedem Menschen der Tod ein, sobald das Herz nicht mehr schlägt.

  • sind diese Sicherheitsleute nicht auch zufällig AfD-Mitglieder?