heute in hamburg: „So ein Job ist hart und kräftezehrend
Demonstration für höhere Löhne bei Cinemaxx und Cinestar, 11 Uhr, Dammtor
Interview Marinus Reuter
taz: Frau Schreieder, ist die morgige Demo die erste Aktion der Hamburger Cinemaxx-Beschäftigten?
Agnes Schreieder: Wir haben in diesem Jahr in Hamburg schon an drei Standorten Aktionen durchgeführt: In Harburg und in Wandsbek streiken die Kolleginnen und Kollegen schon seit mehreren Wochen für bessere Bezahlung, letzte Woche erstmalig auch im Kino Dammtor.
Wie sieht die Arbeit in einem großen Multiplex-Kino heute aus?
Fast alle Beschäftigten müssen sehr flexibel arbeiten, egal ob sie im Service, am Einlass oder in den Kinosälen tätig sind. Das bedeutet extrem wechselnde und oft späte Arbeitszeiten, Sonn- und Feiertagsarbeit, und all dies oft nur für den gesetzlichen Mindestlohn von 9,19 Euro die Stunde. Trotzdem macht die Arbeit im Kino den Allermeisten Spaß, auch wegen des direkten Kontakts mit den Besuchern.
Kann man in Zeiten von Netflix mit Multiplex-Kinos noch ein Geschäft machen?
Das ist möglich, auch wenn es zweifelsohne kein einfaches Geschäftsfeld ist. Dazu braucht man aber vor allem motivierte Leute, die den Besuchern ein tolles Kinoerlebnis ermöglichen.
Welche Rolle spielen die vielen Mini-Jobber, zum Beispiel Studierende, im Kinobetrieb?
Die Kinos schießen sich bei den Studierenden auf eine Dumping-Lohn-Variante ein. Studierende brauchen in Städten wie Hamburg einen guten Verdienst, um sich über Wasser zu halten. Es gibt – Gott sei Dank – inzwischen auch für Studierende viele Jobs, die bei mindestens 11 oder 12 Euro starten, man kann also besser bezahlte Jobs finden. Warum man dann im Kino so ein Dumping-Angebot macht, können wir gar nicht nachvollziehen.
Agnes Schreieder, 51, Verdi Landessekretärin für Kunst und Kultur, vertritt Arbeitnehmerinteressen in der Kultur-branche.
Wie ist das Verhältnis zwischen Festangestellten und Mini-Jobbern?
Es gibt immer wieder Leute, die zunächst mit einem Mini-Job starten, die dann aber länger da bleiben. Auch Teamleiter durchlaufen oft den kompletten Werdegang, von einer Servicekraft an, und können daher nachvollziehen, wie hart und kräftezehrend so ein Job sein kann – bei aller Liebe zum Kino und zu den Besuchern. Wir erleben das Verhältnis in der Belegschaft als sehr solidarisch.
Was ist Ihre Forderung an die Arbeitgeberseite?
Gerechte Löhne beginnen aus unserer Sicht mindestens bei 9,50 Euro. Niemand soll darunter überhaupt einsteigen müssen. Unter anderem dafür streiken und demonstrieren wir morgen.
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