Tarifkonflikt bei der BVG: Einigung in der Nacht
Keine Streiks mehr, höherer Verdienst, aber keine Arbeitszeitverkürzungen: Verdi und BVG haben sich auf einen Tarifabschluss geeinigt.
In der Erklärung heißt es, es sei eine Lohnsteigerung in Höhe von acht Prozent, mindestens jedoch 350 Euro pro Monat, rückwirkend zum 1. Januar 2019 vereinbart worden. Zumindest in den unteren Lohngruppen würde damit vorläufig die Einkommensschere nicht weiter auseinander gehen. Gewerkschaftssprecher Jeremy Arndt bestätigte gegenüber der taz, dass 2020 keine weitere Erhöhung der Gehälter vorgesehen ist. 2021 dann wird turnusgemäß erneut über die Entgelte für die Beschäftigten verhandelt.
Die Verdi-Forderung, dass Betriebsangehörige sich anteilig bereits im ersten Jahr bei der BVG für das, jetzt um 200 Euro gestiegene Weihnachtsgeld qualifizieren, wurde erfüllt. Keine Rede ist jedoch mehr von einem Einkommensvorteil für Gewerkschaftsmitglieder. Ebenfalls keine Erwähnung findet eine Kernforderung der Gewerkschaft, nämlich die Arbeitszeiten für alle Beschäftigten zu harmonisieren. Jene mit Verträgen die vor 2005 abgeschlossen wurden, arbeiten 36,5 Wochenstunden, jüngere Kolleg*innen jedoch 39 Stunden.
Jeremy Arndt zeigte sich dennoch zufrieden mit dem Ergebnis: „Es ist jetzt gelungen, die Beschäftigten aller Berufsgruppen zu berücksichtigen. Der Abschluss kann sich sehen lassen, da der neue Tarifvertrag einen deutlichen Schritt im bundesweiten Vergleich nach vorne macht.“
BVG-Personalvorstand Dirk Schulte nannte den Abschluss „einmalig“ und lobte das „vorbildliche Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Mobilität in unserer Stadt.“ Auch sei der Abschluss „eine positive Botschaft an zukünftige Bewerberinnen und Bewerber“. Die BVG will in diesem Jahr 1.350 neue Mitarbeiter*innen gewinnen.
Mit dem Abschluss steigen die Personalkosten des Landesunternehmens deutlich. Das Gesamtvolumen liegt einschließlich der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung bei 102 Millionen Euro. Die Arbeitgeber hatten zunächst 60 Millionen Euro angeboten, dann 90 Millionen Euro.
„Preiset den Herrn“, kommentierte Jens Wieseke vom Fahrgastverband Igeb die Einigung, mit der weitere Warnstreiks abgewendet wurden. Mit Blick auf die Finanzierung der gestiegenen Personalkosten sprach sich Wieseke gegen eine deutliche Fahrpreiserhöhung aus. „Letztlich ist es eine politische Frage, inwieweit die Ticketpreise steigen“, sagte er am Freitag. Das Land könne auch seinen Zuschuss an die BVG erhöhen, was der Verband bevorzuge.
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