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Kein Märchen: ein Fall für zwei

START-UP Zwei Studentinnen gründeten ein Fair-Trade-Unternehmen mit Modeschmuck

Fast eine „Garagen“-Story: Die „Zentrale“ ist eine Kammer hinterm Schlafzimmer

VON OLE SCHULZ

„Wir wollen unseren Partnern in Thailand und Mexiko eine Perspektive bieten, aber auch selber davon leben können“, sagt Kathrin Ebel. Die 28-Jährige redet von „hohen Ansprüchen“ und einem „idealistischen Ansatz“, den sie verfolgen. Dieser beruhe auf gleichberechtigten Beziehungen, wie sich im Firmennamen ablesen lasse. Man müsse „Umiwi“ nur einmal auf Englisch aussprechen: „You – me – we“. Wenn Kathrin Ebel und ihre Partnerin Dorothea Schrimpe, 29 Jahre, erst einmal von ihrem Modelabel „Umiwi“ zu sprechen beginnen, sind sie kaum noch zu stoppen. Dann ist von „Dialog auf Augenhöhe“ die Rede, und Begriffe wie „Entrepreneurshipansatz“, Transparenz oder Nachhaltigkeit machen die Runde. Eigentlich stehen Ebel und Schrimpe kurz davor, ihr Masterstudium „Soziokulturelle Studien“ an der Viadrina-Uni in Frankfurt (Oder) zu beenden. Doch gegenwärtig sind sie vor allem damit beschäftigt, ihr im Vorjahr gegründetes Modelabel „Umiwi“ zu etablieren.

Bisher machen die umtriebigen Studentinnen, die vorher nichts mit der Modewelt zu tun hatten, damit zwar noch keinen Gewinn, alle Einnahmen werden sofort reinvestiert, und die Umiwi-„Zentrale“ bildet derzeit noch eine kleine Kammer hinter dem Schlafzimmer von Schrimpes Wohnung – all das soll sich aber bald ändern, wenn alles weiter nach Plan geht. Im Angebot hat „Umiwi“ Modeaccessoires, die in Kooperation mit Hilfsprojekten in Thailand und Mexiko entstehen. Bislang gibt es zwei Produktlinien: thailändische Armreifen aus Mangoholz und mexikanische Anhänger aus Schafswolle – jeweils handgefertigt und natürlich gefärbt. Und die Produzentinnen in den Herstellungsländern erhalten dafür selbstverständlich „faire“ Löhne. „Die Gehälter haben wir vor Ort gemeinsam mit den Verantwortlichen unserer Kooperationspartner vereinbart“, sagt Ebel. Dazu geht ein weiterer Teil der Gewinne an die Projekte.

Ausgangspunkt waren für Ebel und Schrimpe ihre eigenen Erfahrungen im Ausland: Kennen gelernt haben sich die beiden 2007 beim Hilfsprojekt „School of Life“ im Norden Thailands, seither beschäftigen sie sich mit den Mechanismen der sogenannten „Entwicklungszusammenarbeit“. „Solche Projekte, die von schlauen Westlern erfunden wurden und nur auf Spenden aufbauen, bieten meistens keine nachhaltigen Perspektiven“, sagt Ebel. Wichtig sei, die finanzielle Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Betroffenen vor Ort zu fördern. „Sie müssen motiviert werden, wirtschaftlich aktiv zu werden und spendenunabhängiger zu existieren.“ Dafür wollen Ebel und Schrimpe mittelfristig Ausbildungsstätten für die lokale Bevölkerung im Bereich Kunsthandwerk aufbauen.

Für das Gelingen ihres unternehmerischen Konzepts sei Transparenz und ein guter persönlicher Kontakt zu den Partnern vor Ort ausschlaggebend, sagen beide. Darum waren sie nicht nur mehrfach in Thailand, sondern auch in Mexiko – dort hatte Kathrin Ebel 2011 einen mehrmonatigen Studienaufenthalt, bei dem sie erste Kontakte zu den Indio-Frauen der „Mazahuas“ von der „Fundación Renacimento“ knüpfte. Seit dem Frühjahr stellen nun junge „Mazahua“-Frauen, die bisher auf den Straßen in Mexiko-Stadt gelebt haben, unterstützt von einer Schmuckdesignerin unter dem Namen „Bomélos“ mit traditionellen Web- und Sticktechniken aus Schafswolle und recyceltem Silber Ohrringe, Anhänger und handgefertigte Ketten her.

In beiden Fällen hätte es allein mehrere Monate gedauert, das Vertrauen der dortigen Projekte zu gewinnen. „Es war eine große Herausforderung, sie zu überzeugen, dass wir es ernst meinen und sie als gleichberechtigte Partner sehen“, sagt Dorothea Schrimpe. Näher gekommen ist man sich dann nicht zuletzt durch die Tücken und Fehler im Herstellungsprozess. „Dass das Mangoholz zum Beispiel in der Regenzeit kaum trocknet, wussten wir vorher nicht“, sagt Ebel. Die von Umiwi beschäftigten Thailänder sind Auszubildende von der „School für Life“, die mit Hilfe von lokalen Experten aus der Kunsthandwerk-Hochburg Chiang Mai die schmucken Mangoholz-Armreifen produzieren. Allerdings hätten sie Zeit gebraucht, um selber mehr Verantwortung zu übernehmen. „Sie sagten, wir seien doch die Chefs. Inzwischen denken sie mit und machen selber Vorschläge, zum Beispiel zur Qualitätsverbesserung oder zur Farbgestaltung der Armreifen.“

Ihren Firmennamen haben Ebel und Schrimpe mit dem Zusatz „not a fairy tale“ versehen: „kein Märchen“. Denn sie wollen auch eine hochwertige Qualität und ein überzeugendes Design ihrer Produkte garantieren. Bei den Mangoholz-Armreifen sei „jedes Stück ein Unikat“, freut sich Dorothea Schrimpe. Das sieht man allein daran, dass die auffälligen Maserungen des Mangoholzes immer anders ausfallen. Die schlichten, mit Lebensmittelfarben behandelten und Naturlack veredelten einfarbigen Armreifen sind in je drei Größen in je einer schmalen und breiten Variante über die Umiwi-Webseite zu beziehen – oder aber in einem der rund 25 Boutiquen und Konzeptläden, in dem die „Umiwi“-Produkte bisher von Lübeck bis Leipzig erhältlich sind.

Ebel und Schrimpe sind zuversichtlich, dass es künftig noch viel mehr Geschäfte werden. Diesen Monat sind sie schon einmal einen wichtigen Schritt weiter gekommen: Zum ersten Mal konnten sie sich selber Provisionen aus den „Umiwi“-Erlösen auszahlen.

Mehr Infos unter: www.umiwi.de

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